Ewig
Schotten Kirche erschossen. Ob im Streit oder aus einer Verkettung unglücklicher Umstände, darüber ist er sich noch nicht im Klaren.«
Berner paffte vor sich hin und schien gar nicht zuzuhören. Dann seufzte er. »Ja, und am 24. Dezember kommt der Weihnachtsmann überall auf der Welt gleichzeitig zu den braven Kindern. Und wie bin ich dann zu der Riesenbeule und der Gehirnerschütterung gekommen?«
»Der Priester habe dir im Zuge des Streits schon vorher einen Schlag verpasst, meint er. Kann sein, er mag dich nicht besonders?«
Berner zuckte mit den Schultern. »Wer keine Feinde hat, hat keine Freunde. Was sagt Sina?«
»Bis jetzt noch gar nichts. Er hält sich zurück, was ein mittleres Wunder bei ihm ist.« Burghardt schnupperte in Richtung des leeren Frühstückstabletts. »Kann es auch sein, dass ich Bohnenkaffee rieche? Glaubst du …?«
Berner hatte schon die Klingel in der Hand und läutete nach der Schwester. Dann sah er seinen Kollegen an. »Ich brauche mein Telefon, unbedingt. Wo ist es?«
Burghardt betrachtete eine Zeitlang eingehend seine Fingernägel. »Könnte ich vielleicht organisieren. Aber im Gegenzug dazu möchte ich von dir wissen, worum es hier eigentlich geht.«
Berner lachte und verschluckte sich prompt am Rauch. Er hustete und die Schmerzwellen aus seinem Kopf machten sich schon wieder auf den Weg. Da ging die Tür zum Krankenzimmer auf und die Schwester kam herein, schaute empört auf die Zigarette in der Hand Berners und vorwurfsvoll auf seinen Besuch.
»Herr Kommissar! Hier ist Rauchverbot und …«
Berner unterbrach sie. »Schon gut, Schwester, ich denke das nächste Mal dran. Könnten Sie uns noch einen Kaffee bringen? Mein Freund hier, Kommissar Burghardt, der Zigarettenhändler, würde gerne seinen Koffeinspiegel auf ein vernünftiges Niveau anheben.« Als die Schwester nach einem eiskalten Blick auf Burghardt wieder gegangen war, wandte sich Berner an den Kollegen.
»Du möchtest gerne wissen, worum es hier geht? Willkommen im Club! Ich weiß nicht, ob irgendjemand derzeit eine Ahnung hat, was hier gespielt wird, mich eingeschlossen. Du würdest es mir außerdem sowieso nicht glauben, wenn ich dir sage, dass ein Kaiser, der seit fünfhundert Jahren tot ist, uns wie die Marionetten tanzen lässt.« Berner schüttelte den Kopf. »Lass es gut sein und vertrau mir. Ich habe den Mord an Mertens geklärt und ich werde die beiden anderen Fälle in der Ruprechtskirche und in der Karlskirche auch noch lösen. Irgendwann bei einem Heribert erzähle ich dir die ganze Geschichte. Und jetzt mein Handy.« Berner streckte auffordernd seine Hand aus und Burghardt gab ihm seufzend das Telefon.
»Danke. Ich habe einen Auftrag für dich«, sagte Berner schließlich und bat den Kollegen um Papier und einen Kugelschreiber. Dann zeichnete er ihm den sechszackigen Stern auf. »Dieser Stern muss etwas mit der Karlskirche zu tun haben, ich bilde mir ein, ihn dort gesehen zu haben. Ich will wissen, wer dahintersteckt.« Berner schaute Burghardt eindringlich an. »Zu niemandem ein Wort, hast du mich verstanden?«
Burghardt nickte und steckte das Blatt mit der Zeichnung ein.
Als es klopfte und die Tür aufging, erwartete der Kommissar die Schwester mit dem Kaffee für Burghardt. Stattdessen kam lächelnd die Notärztin durch die Tür, die Berner gestern in der Schotten Kirche verarztet hatte, eine dampfende Kaffeetasse in ihrer Hand.
»Wie geht es Ihnen, Kommissar? Haben Sie noch starke Kopfschmerzen? Ich war gerade im Haus und dachte mir, ich schau bei Ihnen vorbei.« Berner stellte Burghardt vor und ließ widerstrebend die Ärztin seine Schwellung am Hinterkopf betasten.
»Sie sind knapp an einer Schädelbasisfraktur vorbeigeschrammt, Kommissar«, meinte sie schließlich. Sie war mit dem Zustand ihres Patienten zufrieden, lehnte eine Zigarette ab und als sie wieder gehen wollte, hielt Berner sie doch noch kurz zurück. »Entschuldigen Sie die persönliche Frage, aber es ist etwas, das mich beschäftigt. Der Duft Ihres Parfums ist so markant, er erinnert mich an jemanden. Können Sie mir verraten, wie es heißt?«
Die Ärztin lächelte. »Aber natürlich, Kommissar, es ist ein ziemlich neues Parfum von Givenchy. Es heißt Ange ou Démon – Engel oder Dämon.«
3. Juni 1942, Krankenhaus Na Bulovce, Prag/Reichsprotektorat Böhmen und Mähren
E s war Abend geworden in Prag, ein prächtiger Frühsommertag ging zu Ende und die Sonne versank blutrot hinter den dunklen Silhouetten des Hradschin
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