Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
Vom Netzwerk:
an.
    »Wer sind Sie?«, stieß er mit seiner überraschend hohen Stimme hervor, die ihm den Beinamen »Ziege« eingebracht hatte.
    Der Unbekannte lächelte nur. »Und wer sind Sie, Heydrich? Der Henker von Prag, der Mann an den Schalthebeln der Machtzentrale des SS-Terrors, der Machiavelli des Dritten Reiches, der Bluthund des Regimes, der Endlöser der Judenfrage, der Chef des Reichssicherheitshauptamtes, der liebende Familienvater? Ist für Sie diese Frage so leicht zu beantworten?«
    Währenddessen hatten zwei der Neuankömmlinge den Platz der Wachen vor der Tür eingenommen und die Leichen im Bad des Krankenzimmers verstaut. Nun standen drei Mann in der schwarzen Uniform mit dem Totenkopf um das Bett des Obergruppenführers und schauten mit kalten Augen auf ihn nieder.
    »Das ist also der Mann, vor dem alle zittern, bis in die höchsten Staatsränge«, sagte einer der drei mit einem leichten tschechischen Akzent. »Der Geigenspieler des Terrors.«
    »Machen Sie den Mund auf«, forderte der Anführer Heydrich auf und zog ein kleines Messer aus der Tasche.
    »Sagen Sie mir, was Sie wissen wollen«, antwortete der Reichsprotektor selbstbewusst und seine Hand näherte sich langsam der Klingel für die Schwester. Der Unbekannte schüttelte den Kopf, sah dann die Hand Heydrichs, trat vor und riss mit einer einzigen Handbewegung die elektrische Leitung der Klingel aus der Wand. Kalk und Putz rieselten auf den blitzblank gebohnerten Boden.
    »Wir wollen doch ungestört bleiben, Obergruppenführer, entre nous, wie man in Ihren großbürgerlichen Kreisen so schön sagt. Sie haben sich ja für heute Abend schon jeden Besuch verbeten, dann belassen wir es doch dabei. Einverstanden?«
    Heydrich starrte wie hypnotisiert auf den großen Mann in der schwarzen Uniform, der so selbstsicher vor ihm stand.
    »Wir haben jede Menge Zeit, Obergruppenführer, nur Ihre läuft ab. Nein, Sie haben mich vorhin ganz falsch verstanden.« Er trat vor und beugte sich tief hinunter zu Heydrich. »Ich kenne Ihr Geheimnis, den Grund Ihrer Überheblichkeit, Ihrer Sicherheit und Ihres großspurigen Auftretens. Ich weiß, warum Sie auf bewaffnete Eskorten bei Ihren Fahrten im Protektorat verzichten, warum Sie immer im offenen Wagen unterwegs sind, stets auf derselben Strecke, das hat nichts mit Ihrem Vertrauen in die tschechische Bevölkerung zu tun, nicht wahr, Obergruppenführer? Und dass Sie Ihrem Attentäter so selbstbewusst gegenübergetreten sind, Ihren Fahrer veranlasst haben, anzuhalten und auch noch ausgestiegen sind, um auf den Mann mit der Sten-Maschinenpistole zu schießen, das hatte einen ganz anderen Grund, den nur Sie und ich kennen.«
    Heydrich war blass geworden. Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn.
    Der Anführer sprach langsam weiter. »Haben Sie nicht zwei Sportsfreunden letztes Jahr erklärt, Sie würden als Erster den Führer unschädlich machen, falls ›der Alte Mist baut‹? Haben Sie nicht ebenfalls erst letztes Jahr etliche Feindflüge an der russischen Front unternommen, so leichtsinnig, dass selbst Himmler Ihnen ähnliche Einsätze in Zukunft verbot? Was machte Sie so sicher, dass Sie das alles erleben und überleben würden, Heydrich? Ich werde es Ihnen sagen. Mund auf!«
    »Niemals!«, schrie Heydrich und begann zu brüllen. »Hilfe! Hiilfee!« Seine schrille Stimme überschlug sich fast.
    Entschlossen trat einer der Männer vor, holte kurz aus und schlug Heydrich mit seiner Maschinenpistole bewusstlos. »Zu seinem Beinamen Ziege sollte er auch noch Sirene bekommen«, stieß er spöttisch hervor. Dann hielt er den Mund des Reichsprotektors auf und der Anführer entfernte mit seinem Messer die Krone des linken Backenzahns. Darunter kam ein Hohlraum mit einer Kapsel zum Vorschein.
    »Er hat sie wirklich«, meinte einer der beiden anderen Männer ehrfurchtsvoll, als der Anführer die nur wenige Millimeter große, unscheinbare weiße Pille aus der Kapsel nahm und sie so hielt, dass alle sie sehen konnten. Stöhnend kam Heydrich wieder zu sich, öffnete die Augen und erstarrte. Er spürte den offenen Hohlraum in seinem Zahn und sah dann die Pille zwischen den Fingern des Unbekannten.
    »Nein«, flüsterte er entsetzt, »nein, nicht, das können Sie nicht tun …« Er wollte aufspringen, aber der Mann neben seinem Bett hielt ihn zurück. Wie in Zeitlupe sah er die Pille auf den glänzenden, in der Dämmerung blau schimmernden Linoleumboden fallen, bevor der Absatz des glänzenden Lederstiefels sie zerquetschte und

Weitere Kostenlose Bücher