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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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noch schlechter aufgelegt als üblich. »Wenn ich Unterhaltung brauche, geh ich ins Kino und rufe nicht Sie an«, bellte er ins Telefon. »Haben Sie irgendetwas aus Sina herausbekommen?«
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich mit ihm gesprochen habe?«, fragte Wagner und setzte nach, »ich habe nämlich nicht mit ihm gesprochen, nicht ein einziges Wort, wenn Sie es genau wissen wollen. Oder besser, er hat nicht mit mir gesprochen …«
    Berner schwieg eine Weile und Wagner dachte schon, er hätte aufgelegt. Als der Kommissar weitersprach, klang seine Stimme unsicher. »Ich habe gehofft, er hätte zu den beiden Buchstaben etwas sagen können. Wir haben übrigens das Opfer in der Zwischenzeit identifiziert, es ist ein Fremdenführer.«
    Wagner war überrascht und blieb stehen. »Ein Fremdenführer?«, wiederholte er und hörte Berner seufzen.
    »Ja, ein Fremdenführer, nichts Auffälliges, bis vor zwei Tagen ein geordnetes und ganz normales Leben. Bis zu seinem Tod …« Der Kommissar schien verärgert darüber, dass der Tote in der Kirche nicht eine stadtbekannte Größe im Rotlichtmilieu war.
    »Wer erschießt einen Fremdenführer?« Wagner sagte es mehr zu sich selbst als zu Berner, aber der Kommissar dachte offensichtlich gerade das Gleiche.
    »Und hinterlässt dann brennende Kerzen in Form von zwei Buchstaben«, vollendete Berner den Gedankengang, »die nicht die Initialen des Opfers sind. Unser Fremdenführer heißt nämlich ganz anders …«
    Wagner beendete das Gespräch, die Verbindung wurde sowieso immer schlechter, je näher er der Burg kam, und stieg langsam den restlichen Weg zur Ruine hinauf. Ein Fremdenführer mit Kopfschuss und das AEIOU.
    Denk nach, sagte er zu sich selbst, während er im Schlamm immer wieder ausrutschte, irgendjemand setzt ein Zeichen, ganz bewusst. Das ist alles kein Zufall, der Tote, die Kerzen, der Ort.
    Der Anstieg wurde steiler und das Wetter schlechter, es hatte zu nieseln begonnen und der Nebel kroch immer tiefer hinunter ins Tal. In der Ferne, hinter den Mauern der Burg, hörte Wagner einen Hund bellen.
    Der Weg machte eine leichte Biegung nach rechts und Wagner sah vor sich einen halbverfallenen Bau, durch den der Weg weiterführte bis zu einer hölzernen Zugbrücke, die sich über einen respektablen Burggraben spannte. Das doppelflügelige Tor dahinter war verschlossen, davor zusätzlich ein eisernes Fallgatter heruntergelassen. Als er über die Zugbrücke ging, hallten seine Schritte zwischen den hohen Mauern. Es kam ihm vor, als sei der Dreißigjährige Krieg noch voll im Gang und jeden Moment würde es flüssigen Teer und Armbrustgeschosse auf ihn regnen.
    Als er vor dem Fallgatter stand, dessen Spitzen sich tief in den nassen Steinplatten verankert hatten, wusste er, dass es sinnlos sein würde, nach einer Klingel oder einer Gegensprechanlage zu suchen. Der Hund bellte wieder. Wagner blickte an den groben Mauern empor und war überrascht, wie gut erhalten sie aus der Nähe aussahen. Sina muss eine Menge Zeit in Restaurierungsarbeiten investieren, dachte er und fragte sich, wie er jemals auf sich aufmerksam machen sollte. Kein Fenster, keine Schießscharte in Sicht. Das Nieseln war in einen leichten Regen übergegangen und das Wasser sickerte Wagner langsam immer tiefer in den Kragen, kalt und ungemütlich. Der Reporter schüttelte den Kopf und die Tropfen flogen in alle Richtungen. Der Hund hatte aufgehört zu bellen. Es war völlig still. Wagners Stimmung sank auf den Nullpunkt.
    Georg Sina beobachtete seinen ungebetenen Gast durch ein kleines Loch im groben hölzernen Burgtor. Tschak, der tibetanische Hirtenhund, lief im Burghof einem kleinen roten Ball nach und hatte das Bellen vergessen. Er rutschte über das nasse Pflaster und verschwand in einem Durchgang, den Ball immer im Visier. Sina beneidete ihn irgendwie. Schließlich hob der Wissenschaftler die Hand zum schweren Türriegel, der mit Ornamenten verziert war, zögerte kurz, dann zog er mit einem Ruck den eisernen Riegel zur Seite und öffnete das Tor einen Spalt breit. Zwischen ihm und seinem Besucher lag noch immer das Fallgatter und schaffte eine, wie er fand, beruhigende Barriere. Georg Sina lehnte sich an das Tor, die Arme vor der Brust verschränkt, und schaute Wagner an, abwartend.
    »Hast du die Soldaten strategisch günstig postiert?«, fragte der Reporter und trat einen Schritt näher ans Gatter. »Oder ist dir entgangen, dass der Krieg schon vorbei ist?«
    Sina zuckte mit den Schultern und traf

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