Ewig
wir wollen kein Geld, wir wollen Paul Wagner und Georg Sina und wir sind sicher, dass sie kommen werden, wenn sie erst hören, dass wir Sie als unseren Gast hier haben. Aber darüber können wir uns heute Abend gerne unterhalten, wenn ich aus Wien wieder zurück bin. Ich hoffe doch, Sie werden mir beim Abendessen Gesellschaft leisten.«
»Und wenn Wagner und Sina nicht kommen, was dann? Warum sollten sie freiwillig in ihr Verderben laufen?« Berner blickte ratlos Schwester Agnes an, die plötzlich nicht mehr lächelte, sondern einen berechnenden und kalten Ausdruck in ihren Augen hatte.
»Ganz einfach, Kommissar. Aus Loyalität und aus der Tatsache heraus, dass wir den beiden sonst alle vierundzwanzig Stunden einen Teil Ihres Körpers zuschicken würden, so lange, bis sie es sich anders überlegt hätten.«
Donaustadt, Wien/Österreich
E duard »Eddy« Bogner machte sich Sorgen. Er hatte zum achten Mal die Nummer des Handys von Kommissar Berner gewählt und stets hieß es »der Teilnehmer ist derzeit nicht erreichbar«. Der Exringer lehnte sich in seinem abgewetzten Bürostuhl zurück und sein rundes Gesicht legte sich in tiefe Falten. Das sah Kommissar Berner gar nicht ähnlich, sich nicht zu melden oder kein Lebenszeichen von sich zu geben, schon gar nicht nach einer Aktion wie gestern Nacht. Er war allein in der Villa in der Agnesgasse geblieben und nun hatte Eddy ein schlechtes Gewissen.
Ich hätte dableiben und zumindest das Haus vom Auto aus überwachen sollen, dachte er sich. Dann hätte ich Berner rechtzeitig warnen können, falls plötzlich unangemeldeter Besuch aufgetaucht wäre. Aber Eddy war nach Hause gefahren und hatte darauf vertraut, dass der Kommissar wusste, was er tat.
Der Lärm von mehreren Schweißgeräten drang aus der Werkstatt. Der Großauftrag für einen Lastenaufzug in einem der Lagerhäuser im Osthafen war zur rechten Zeit gekommen. Eddy wollte keinen seiner Arbeiter entlassen, schon gar nicht in Krisenzeiten wie diesen. Sie hatten alle eine dunkle Vergangenheit, jeder hatte schon einige Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht und die Werkstatt in der kleinen Nebengasse in Wien-Donaustadt war für sie alle das Sprungbrett in ein normales Leben gewesen, der Weg heraus aus dem Sumpf der Kleinkriminalität.
Eddy überlegte, was in der Agnesgasse passiert sein könnte. Wurde Berner beim Studium der Akten aus dem Safe überrascht? War eine Alarmanlage losgegangen, als er das Haus wieder verlassen wollte? Hatte ihn dann womöglich die Polizei als Einbrecher verhaftet? Was immer auch in der Villa vor sich gegangen war, der Kommissar war nicht erreichbar und das war ein schlechtes Zeichen. Eddy beschloss, dass es an der Zeit war, einen Informanten anzurufen und ein paar Erkundigungen einzuholen.
Keine fünf Minuten später wusste der Exringer, dass Berner in den letzten Tagen viel mit dem Journalisten Paul Wagner und einem Geschichtsprofessor unterwegs gewesen war, angeblich dem Sohn des Polizeipräsidenten. Eddys dicke Finger trommelten auf die Schreibtischplatte, als er auflegte und nachdachte, was er nun machen sollte. Der nächste Schritt könnte sich als völlig falsch erweisen und ins Auge gehen oder aber dem Kommissar unter Umständen ein paar Probleme ersparen. Eddy wälzte das Problem noch einmal in Gedanken und rang sich dann endlich zu einem Entschluss durch. Er wählte erneut eine Nummer und hörte nervös dem Läuten zu. Als Paul Wagner sich meldete, wusste Eddy noch immer nicht, wie er beginnen sollte.
»Ich …also, es ist so … mein Name ist Bogner, Eddy Bogner und ich kenne Kommissar Berner seit vielen Jahren.« Eddy brach verunsichert ab.
Paul spürte seine Ratlosigkeit. »Ich kenne ihn auch seit langer Zeit, aber er ist mir erst vor Kurzem ans Herz gewachsen«, scherzte der Reporter, »erzählen Sie mir einfach, worum es geht.«
»Ich war gestern mit Kommissar Berner auf Besuch in einer Villa in der Agnesgasse in Wien-Döbling …« Eddy wusste nicht so richtig, wie er es Paul sagen sollte.
»Sie waren auf Besuch? Ja und?« Paul verstand nicht ganz, worauf sein Gesprächspartner hinauswollte.
»Na ja, Kommissar Berner hat gewisse Unterlagen gesucht …« Eddy war plötzlich nicht mehr so überzeugt, das Richtige getan zu haben, indem er Paul Wagner angerufen hatte.
Der Reporter begriff plötzlich. »Lassen Sie mich etwas fragen. War es vielleicht so, dass Sie dem Kommissar die Türe geöffnet haben, damit er zu seinen Unterlagen kommen konnte?«
Das Aufatmen
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