Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
Vom Netzwerk:
Auf der anderen Seite stand plötzlich ein Chinese an der Wagentür, die Hand im Jackett seines dunkelblauen Anzugs.
    »Wir gehen nirgendwo hin, nicht wahr?«, stellte der distinguiert gekleidete Fremde leise fest und lächelte gewinnend. »So einen Parkplatz finden Sie nie wieder«, grinste er, »dafür morden andere Verkehrsteilnehmer.«
    Der Fahrer verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die wohl ein missglücktes Lächeln sein sollte.
    Peer van Gavint steckte die Pistole ein und beugte sich hinunter, bis er auf Augenhöhe mit dem Fahrer war. Seine freundliche Art war wie weggeblasen. »Für eine Stunde möchte ich aus diesem Wagen niemanden aussteigen sehen, haben wir uns verstanden? Der erste, der vor Ablauf dieser Zeit seinen Fuß auf diese Pflastersteine setzt, ist schneller tot, als er bis drei zählen kann. Dann kann Bischof Frank Kohout vom Rat der Zehn eure Nachrufe verfassen und an die spärlichen noch lebenden Mitglieder verschicken. Habe ich mich ganz klar und verständlich ausgedrückt, meine Herren?« Alle drei nickten stumm. Daraufhin verbeugte Gavint sich leicht und verabschiedete sich mit einem breiten Filmstarlächeln. Als er um die Ecke der Burggasse verschwunden war, trat auch der Chinese vom Wagenschlag zurück, drehte sich um und ging in die gegenüberliegende Richtung.
    Auf der Rückseite des Blocks trafen sich Gavint und der chinesische Chauffeur beim Audi A8, der unter einem Halteverbotsschild geparkt war. Ein Polizist, der gerade vorüberging, sah das Diplomatenkennzeichen und ignorierte die schwarze Limousine geflissentlich. Der Chinese hielt Gavint den Wagenschlag auf und stieg dann selbst ein. Einen Häuserblock weiter sahen sie den »Pizza-Expresss« aus der Hotelgarage kommen und der schwarze Audi schob sich langsam aus der Parklücke, bevor er dem kleinen roten Wagen in sicherem Abstand folgten.
Sailfish Marina, Singer Island, Palm Beach Shores, Florida/USA
    F red Wineberg war sprachlos und das passierte ihm selten. Sowohl Elena Millt als auch seine Sekretärin hatten die Unterlagen und Recherche-Ergebnisse früher abgeliefert, als er es verlangt hatte. Doch das war normal und beeindruckte ihn nicht im Geringsten. Was ihn jedoch so überrumpelt hatte, das waren die Einzelheiten aus dem Leben der beiden Kaiser. Die Suche nach der Unsterblichkeit, die das Leben Qin Shihuangdis geprägt hatte und das Streben nach Machterweiterung ohne Krieg und Kampf, wie es Friedrich III. sein ganzes Leben lang praktiziert hatte. Die mysteriösen Buchstaben AEIOU faszinierten ihn wie Paul Wagner und das Monogramm, das der Reporter in einem seiner Artikel abgebildet hatte, gab ihm Rätsel auf. Unsterblichkeit. Konnte daran etwas Wahres sein? War es wirklich möglich, dass Friedrich im 15. Jahrhundert das Geheimnis der Zellen, der biologischen Zeit und der damit verbundenen Vergänglichkeit gekannt hatte?
    Der alte Mann spürte den Krebs in sich wuchern, unaufhörlich und nicht mehr aufzuhalten. Er stand auf, legte die Unterlagen beiseite und blickte sich um. Die luxuriöse Marina mit ihren weißen Docks, den gepflegten und blitzsauberen Wegen und Beeten, den Palmen und dem klaren Wasser, das sich in einer leichten Dünung senkte und wieder hob. Die Luft war warm und roch nach Frangipani-Blüten. Der tägliche Regen in den Nachmittagsstunden, der im Frühjahr in Florida an der Tagesordnung war, würde die ersehnte Abkühlung bringen und dafür die Luftfeuchtigkeit steigen lassen. Es war ein guter Platz zum Leben.
    Zum Leben – das Stichwort, dachte sich Wineberg und erinnerte sich zurück an seine Jugend in Wien. Aus Alfred Wimberger, dem Laufburschen und späteren jungen Buchhalter im Kaufhaus »Herzmansky« auf der Wiener Mariahilfer Straße, war nach seiner Emigration 1938 auf Ellis Island der Reporter Fred Wineberg geworden, der mit hohen Erwartungen auf den New Yorker Docks gestanden war und die Freiheitsstatue bestaunt hatte. Alles war so viel größer, impulsiver und auch fremder gewesen als im kleinen, provinziellen Österreich. Es gab bereits tausende Emigranten, meist Juden, die sich bald über die großen Städte verteilten. Er war in New York geblieben, hatte sich durchgebissen, war immer ein wenig schneller und immer ein wenig besser gewesen als die anderen, manchmal auch ein wenig skrupelloser. Der Journalist Fred Wineberg hatte seine Vergangenheit begraben und nicht mehr zurückgeblickt, sondern immer nur nach vorne. Österreich hatte für ihn nach 1945 nicht stattgefunden und erst als Paul

Weitere Kostenlose Bücher