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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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ließ die Atmosphäre der Hofkirche mit ihrem hohen, schmalen Kirchenschiff auf sich wirken. Seine Gedanken kreisten noch immer um die Unsterblichkeit, um die Kraft, Leben zu schenken. Er betrachtete gedankenverloren den Kirchenboden, der mit roten und weißen Marmorplatten ausgelegt war. Es erinnerte ihn an ein riesiges Schachspiel, ein gigantisches und niemals endendes Muster, das unzählige Variationen zuließ. Georg kam zu ihm, legte ihm den Arm um die Schultern und wies ihn auf die zwei riesigen Fresken über den östlichen und westlichen Eingängen hin.
    »Schau ihn dir an, den heiligen Christophorus, einer der vierzehn Nothelfer und in dieser Funktion der Helfer gegen den plötzlichen Tod. Er war der wichtigste Heilige für Friedrich. Der Kaiser ließ ihn auf seinem prunkvollen Grabmal im Stephansdom über seinem Kopf abbilden. Hier über dem Eingang ist er riesig, mindestens acht Meter groß. Gleich gegenüber von ihm siehst du den Kaiser selbst als Christophorus.« Paul nickte und dachte plötzlich daran, wie sehr Friedrich das Geheimnis belastet haben musste.
    »Er hat sich gefühlt wie der Heilige, dem das Jesuskind auf den Schultern mit jedem Schritt schwerer und schwerer wurde«, raunte er Georg zu. »Das Wissen, das er hatte, konnte er niemandem anvertrauen.«
    »Der heilige Riese soll der Legende nach am anderen Ufer gesagt haben ›mir scheint, als habe ich die ganze Welt getragen‹«, erinnerte Georg seinen Freund. »Friedrich muss sich genau so gefühlt haben, sicher ließ er sich deswegen als Christophorus hier an die Kirchenwand malen.«
    Valerie war auf der Hut. So fasziniert sie von der monumentalen Kraft des Domes mit seinen Kreuzgewölben, den wuchtigen und doch schlanken Säulen und den hohen Fenstern war, so unruhig machte sie die Tatsache, dass die drei Männer nirgends zu sehen waren. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt. Während sie in einer Broschüre über die Geschichte der Kirche blätterte, beobachtete sie immer wieder die Besucher und Andächtigen und ließ Wagner und Sina nicht aus den Augen.
    Als die nach dem Kirchenrundgang wieder neben ihr standen, drückte sie ihnen das dünne Büchlein in die Hand und machte sie auf den Schutzpatron der Kirche aufmerksam, den heiligen Ägydius. »Es gibt eine Legende, wonach er den Sohn des Fürsten von Nimes in Südfrankreich zum Leben erweckt hat. Sollte das auch ein Hinweis sein, den uns Friedrich hinterlassen hat?«
    Georg nickte. »Ganz sicher! Ich bin überzeugt, Friedrich hat keine Gelegenheit ausgelassen, seine Hinweise ganz gezielt einzusetzen.«
    Als sie sich zum Gehen wandten, sahen sie vor sich eine Grabplatte aus weißem Marmor mit einem seltsamen, runden Relief in der Mitte. Über einer mythologischen Landschaft mit Burgen, Palmen und Ziehbrunnen strahlte eine riesige Sonne. Darüber stand in einem Spruchband »Dieses leuchtet«. Doch neben der Sonne war etwas, das Valerie, Paul und Georg einen Schauer über den Rücken jagte – der sechszackige Stern, der fast so groß war wie die Sonne. Das Zeichen der Todesengel.
    Instinktiv drehte sich Valerie um und schaute in die Runde, ihre Hand am Griff der Glock, die sie in die Jackentasche gesteckt hatte. Narrte sie ihre Phantasie? Waren die drei Männer ganz normale Geschäftsleute, die einen kleinen kulturellen Abstecher in die Burg gemacht hatten und durch Zufall in einer japanischen Reisegruppe gelandet waren?
    »Kommt, lasst uns verschwinden«, forderte Valerie Sina und Wagner auf. »Wir haben hier alles gefunden, was es an Hinweisen gab.«
    »Sie verlassen gerade die Kirche und gehen zu ihrem Auto«, sagte der Mann leise in sein Handy, als er Goldmann, Wagner und Sina aus der Grazer Hofkirche kommen und in Richtung Hotel »Zum Dom« schlendern sah. Die drei Männer, die Valerie gesehen hatte, saßen in dem schwarzen, zweitürigen Golf und der Fahrer telefonierte mit Bischof Kohout.
    »Wartet, bis sie in die Hotelgarage gehen und in das Auto einsteigen wollen. Dann schnappt sie euch. Ich möchte kein Aufsehen in der Stadt. Fahrt aus Graz hinaus, am besten Richtung Süden, und liquidiert sie in einem Wald oder in der Nähe eines Flusses«, ordnete Kohout an und legte auf.
    Gerade als die drei ihren Wagen verlassen wollten, trat ein schlanker, großer Mann an den linken Wagenschlag und hielt durch das offene Fenster dem Fahrer eine Beretta mit Schalldämpfer an die Schläfe. Ein eleganter Schal war nachlässig über die Waffe gelegt, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen.

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