Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
Vom Netzwerk:
abgebrochen, kam aus der falschen Familie, war nicht so angepasst, wie ihr es gerne gehabt hättet. Die eine Stunde, die ihr für unsere Hochzeit erübrigt habt, war ein Gesichtsbad für dein Ego. Ich kann mich nachher nicht erinnern, dich oder Mutter je bei uns zu Hause gesehen zu haben. Telefonate waren das höchste der Gefühle. Deine Einsicht kommt also reichlich spät. Clara ist seit mehr als drei Jahren tot.« Das Schweigen, das sich über den Raum legte, war wie ein Tuch, das alle Geräusche auslöschte und doch den Graben nicht zudecken konnte.
    Georg Sina stand auf und ging zur Türe, als ihn die Stimme seines Vaters einholte.
    »Ich hoffe, du machst nie in deinem Leben Fehler, Georg«, sagte der Polizeipräsident so leise, dass der Wissenschaftler sich anstrengen musste, seinen Vater zu verstehen. »Es gibt Fehler, die man leicht wiedergutmachen kann, welche, die einem noch lange nachhängen und welche, die man sich nie wieder verzeiht.«
    »Ja, aber jeder muss dafür selbst geradestehen«, erwiderte Georg bitter. »Clara war im vierten Monat schwanger, als sie starb. Wie ich dich kenne, hättest du keine Zeit für die Taufe gehabt. Vergiss es einfach.« Damit knallte er die Türe zu und hielt das schwere Kuvert ganz fest in seiner Hand, während ihm die Tränen über die Wangen liefen.
Hotel Sacher, Innenstadt, Wien/Österreich
    D er Portier des weltberühmten Hotels hielt Valerie die schwere Eingangstüre auf und verneigte sich leicht. Als der Wagenmeister den »Pizza-Expresss« gesehen hatte, den Goldmann einfach in der Parkzone des Hotels abstellte, hatte er energisch mit erhobenem Zeigefinger ein »Kommt gar nicht in Frage« in die Luft gewinkt. Goldmann winkte mit einem 20-Euro-Schein zurück und der abweisende Zeigefinger verwandelte sich in eine offene Hand.
    »Valerie Goldmann. Ich bin gekommen, um Mr. Wineberg zu sehen«, sagte sie dem Portier, als sie vor dem Empfang stand. Der blätterte zuvorkommend in der Gästeliste, griff dann zum Telefon und sagte nur: »Frau Goldmann ist hier!« Er lauschte und gab einem Bell-Boy ein Zeichen, Valerie hinaufzubegleiten.
    Die Suite im obersten Stockwerk des Hauses war hell und freundlich, in den Farben creme und blau gehalten und kam Goldmann durch die bodenlangen Fenster sehr groß vor. In einem gepolsterten Lehnsessel vor einem dieser Fenster saß kerzengerade ein Mann, mit dem Rücken zu ihr, und schaute über die Dächer der Stadt. Er hatte spärliches weißes Haar und die Hand, die auf der Lehne ruhte, war mit braunen Altersflecken übersät. Valerie sah sich um. Das Zimmer wirkte aufgeräumt und irgendwie nicht bewohnt. Entweder hatte Wineberg sein Gepäck nicht ausgepackt oder er hatte keines dabei.
    »Man hört und liest nur die besten Dinge über dich, Valerie«, sagte der Mann mit einer erstaunlich festen Stimme, ohne sich umzudrehen. »Ich freue mich, dass du dich doch dazu entschließen konntest zu kommen.« Valerie stand da und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie sah an dem Sessel des alten Mannes vorbei auf das Häusermeer. Das Dach der Wiener Staatsoper, in der Ferne die Kuppeln der zwei Museen an der Ringstraße und am Horizont die beiden markanten Hausberge Wiens, den Kahlenberg und den Leopoldsberg.
    »Es ist eine wunderschöne Stadt«, sagte sie schließlich, »und es ist der Platz, an dem meine Wurzeln sind, das spüre ich immer mehr. Ich bin, so seltsam es klingt, Kaiser Friedrich dankbar, dass er mich mit seinem Geheimnis hierher geführt hat.«
    Der alte Mann wiegte den Kopf und blickte immer noch über die Dächer. »Genau darüber wollte ich mit dir von Angesicht zu Angesicht reden, Valerie, und nicht am Telefon.« Wineberg stand auf, schwankte ein wenig und drehte sich dann zu ihr um. Goldmann war überrascht, wie groß er war. Er überragte sie fast um einen Kopf. Sein schmales Gesicht war von tiefen Falten durchzogen und die Augen lagen tief in den Höhlen. Valerie sah sofort, dass er todkrank sein musste. Er war hager, fast abgezehrt und seine sehnige Hand schien nur aus langen, spinnenartigen Fingern zu bestehen.
    Das ist also mein Großvater, dachte sie sich und wartete auf ein Gefühl, eine Reaktion der Zuneigung, der Wärme angesichts des alten Mannes. Nichts. Sie standen sich gegenüber und Goldmann beschloss, ihm nicht um den Hals zu fallen, wie sie es vielleicht sonst getan hätte. Er sah sie an und schien ihre Gedanken lesen zu können.
    »Es ist nicht leicht, plötzlich einen Großvater zu haben, oder?« Wineberg

Weitere Kostenlose Bücher