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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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noch einmal umzusehen. Gavint wollte rufen, aber er brachte keinen Ton heraus. Er fühlte die Dunkelheit näher kommen, die Schatten ihn einholen. Da hatte er noch eine letzte Idee, ein ultimatives Aufbäumen seines Egos. Er tauchte den Finger in die offene Wunde und zeichnete mit dem eigenen Blut über seinen Kopf ein Symbol auf das Kreuz. Schließlich stürzte er in eine bodenlose Schwärze und es wurde kalt.
    Valerie hatte das Gespräch mit ihrem Großvater beendet und lehnte noch immer gedankenverloren am Wagen. Sie sah Tschak zu, der in der Wiese herumlief und den ersten kleinen Insekten nachjagte. Dann hörte sie plötzlich aus der Richtung der Klosterruine den Schrei einer Frau. Sofort fühlte sie nach ihrer Pistole und rannte los. War der Joggerin etwas passiert oder hatte sie etwas entdeckt, das sie zu dem Schrei veranlasst hatte? Goldmann verwünschte sich dafür, dass sie so lange telefoniert, Wagner und Sina mit dem gefährlichen Unbekannten einfach allein gelassen hatte. Tschak lief mit ihr, laut bellend und froh über die Abwechslung. Er überholte sie, umrundete sie mehrmals und brachte ihr einen kleinen Stock.
    »Nein, Tschak, jetzt nicht, das ist kein Spiel!«, rief sie ihm zu und rannte den staubigen Feldweg auf die Ruine zu. In ihrer Vorstellung sah sie bereits Paul und Georg zwischen den Mauerresten der Klosteranlage liegen, von einer entsetzten Joggerin entdeckt, die nun mit großen Augen und blassem Gesicht voll Panik vor den leblosen, blutüberströmten Körpern stand.
    Als sie auf der Lichtung ankam, war alles ruhig und kein Mensch zu sehen. Über der Wiese zwischen den Mauern brummten die Insekten und in den Bäumen zwitscherten die Vögel. Doch ihr Instinkt sagte ihr etwas ganz anderes: »Zu friedlich, zu ruhig …« Sie zog ihre Waffe, sicherte vorsichtig jede Blickrichtung und näherte sich langsam der ehemaligen Kirche. Ganz in der Nähe hörte sie das Plätschern einer Quelle.
    Tschak schnüffelte interessiert an einem Fleck auf dem Gras und bellte. Goldmann ging zu ihm, bückte sich und wischte über die feuchte Stelle. Als sie ihre Hand wegzog, war sie blutverschmiert. Dann stürmte Tschak plötzlich mit großen Sprüngen durch das hohe Gras los und Valerie blickte ihm aufmerksam hinterher. Als sie sich aufrichtete, stand Tschak stumm vor dem grazilen Holzkreuz am Eingang der Kirchenruine.
    »Da ist Tschak!«, freute sich Georg, als er das Bellen des kleinen Hundes hörte.
    »Sehr gut!«, keuchte Paul, »das bedeutet, dass Valerie nicht weit sein kann.« Sie waren mühsam den Abhang hochgeklettert, hatten den Grat erreicht und stiegen nun zurück in die Klosterruine. Wagner reichte Sina die Hand und zog ihn zu sich nach oben. Am Ende der eingestürzten Mauern erkannten sie Goldmann, die mit schreckgeweiteten Augen auf das Holzkreuz vor ihr starrte und ihre Waffe langsam senkte.
    Schwester Agnes erreichte ihren Wagen gerade zu dem Zeitpunkt, als die drei schweigend vor dem Kreuz standen und auf den toten eleganten Unbekannten starrten. Die Superiorin startete und fuhr los, aus dem kleinen Ort hinaus und nahm die Straße in Richtung Wien. Dann griff sie ins Handschuhfach und holte ihr Mobiltelefon heraus.

    Die drei standen einfach nur da, unfähig, auch nur ein Wort zu sprechen. Fassungslos blickten sie auf den eleganten, namenlosen »Hobbyhistoriker«, der mit einer langen Klinge an das Holzkreuz genagelt war. Sein Körper hing schlaff auf dem dünnen Metall. Eine zweite Klinge war von hinten durch seine rechte Schulter gebohrt. Über seinem Kopf hatte er mit seinem Blut so etwas wie eine Krone und ein großes A gemalt. Tschak lief aufgeregt herum und schleppte schließlich die Aluminiumhülse eines Nordic-Walking-Stocks an, die er mit treuherzigem Blick Georg vor die Füße legte.
    »Habt ihr auch die Frau gesehen, die hinter euch auf dem Feldweg lief?«, fragte Valerie alarmiert und erinnerte sich an die zierliche, freundliche Frau, die ihr zugenickt hatte.
    »Ja, da war jemand, aber ich habe nicht darauf geachtet«, gab Sina zu und konnte den Blick nicht von dem Toten abwenden. »Wie er da so hängt, erinnert er mich an einen Käfer auf einer Stecknadel. Wie von einem Freund der Insektenkunde in einen entomologischen Sammlungskasten gepinnt«, meinte er und schüttelte den Kopf. »Der Typ war zwar ein arrogantes Arschloch, aber das hat er nicht verdient.« Sina drehte sich um und ging, wollte diese Geschichte ein für allemal hinter sich lassen und sie so schnell wie möglich wieder

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