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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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und die Anspannung der Männer neben sich. Er spürte in diesem Moment instinktiv, dass der Augenblick des Zusammentreffens nahe war. Sein Magen verkrampfte sich.
    Die Formationen stoppten wie ein Mann. Vor ihnen wölbte sich eine Bodenwelle auf, sanft wogte das hohe Gras an der Kuppe im Wind. Löwenzahn- und Lindensamen tanzten in der Brise vor Georgs Augen. Die Luft unter seinem Helm war heiß und stickig und er bekam das Gefühl, in diesem eisernen Topf gefangen zu sein. Mit ungeahnter Wucht machte sich die Panik in ihm breit, zog brennende Spuren durch seine Adern und nahm ihm den Atem. Mit einer fahrigen Bewegung riss er sich den Helm vom Kopf und sog mit unendlicher Erleichterung die kühle, klare Luft ein. Da spürte er den Boden unter sich zittern. Es hatte begonnen.
    Die Instrumente verstummten plötzlich und es wurde totenstill, bis auf ein dumpfes Dröhnen, das bald die ganze Atmosphäre zu erfüllen schien. Mit jedem Erklingen der Schläge bebte kurz die Erde. Sina lauschte. Ein eisiger Schauder lief ihm über den Rücken und er bekam eine Gänsehaut. Diese Laute waren zweifellos Schritte. Nicht von einem, sondern von vielen, riesigen Kolossen, die auf sie zukamen.
    Mit lautem Klirren senkten die Eidgenossen ihre Piken, erwarteten den Aufprall einer schweren Reiterarmee, wie sie das Dröhnen ankündigte. Sie agierten routiniert, ihre Taktik war in hunderten von Schlachten am ganzen Kontinent erfolgreich gewesen. Auch Georg packte den Schaft seines Speeres und beschloss standzuhalten, komme, was da wolle.
    Doch was dann kam, war furchtbar. Anstelle der Rosse und ihrer Reiter erschienen Köpfe und Schultern in Eisen über dem Grat der Bodenwelle. Die Krieger, die vor Sina dort auftauchten, waren riesig. Sie überragten ihn und die Männer an seiner Seite um gut eine Körperhälfte. Einige trugen Helme, andere waren barhäuptig. Georg erkannte die teils bärtigen, wutverzerrten Gesichter. Er hatte sie im »Riesensaal« von Klosterneuburg gesehen. An ihren Waffenröcken über den Panzern prangten der rot-weiß-rote Bindenschild, der Reichsadler oder das AEIOU. Doch da waren noch andere, fremdartige Soldaten mit langen dunklen Haaren, zu Zöpfen oder Haarknoten frisiert, die sich federnd bewegten wie von einer Sehne geschnellt. Sie waren etwas kleiner als die Riesen, von asiatischem Aussehen, doch noch immer furchterregend in ihrer leisen und eleganten Art. Sie trugen Lederpanzer, aus kleinen Vierecken gearbeitet, mannshohe Bögen, Armbrüste und kurze Schwerter.
    Die Kolosse brüllten laut, bei manchem spritzte der Speichel. Ihre Stimmen waren rau und hart und sie griffen ohne Vorwarnung an, schwangen ihre Gassenhauer, riesige Schwerter, mit ununterbrochenem wütendem Elan. Die langen Klingen schnitten durch die Reihen der schrill schreienden Landsknechte wie die Sense durch die Mahd.
    Die Schweizer rammten verzweifelt ihre Spieße in die Berserker. Aber anstatt sie damit aufzuhalten, stachelten sie damit nur den Zorn der Riesen an. Die Waffen drangen in die massigen Körper ein, Blut schoss in Fontänen heraus, kurz darauf jedoch war die Wunde wieder verschwunden.
    Mit Gebrüll stürzten sich die riesigen Kämpfer wieder und wieder auf ihre hilflosen, winzigen Widersacher, während die ledergepanzerten fremdartigen Soldaten Wolken von Pfeilen auf die Gegner herunterhageln ließen.
    Zerschlagene Körper wirbelten um Georg herum, Schreie gellten und heulten überall, das Verderben war zum Greifen nahe. Er fühlte sich in einen Hexensabbat oder einen Dämonentanz versetzt, suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Aber dann wurde er vollkommen überraschend schwer und dumpf getroffen und zu Boden geworfen. Ihm wurde schwarz vor den Augen, alles war plötzlich ruhig und sehr friedlich.
    Georg erlangte wieder das Bewusstsein und schaute direkt in die gebrochenen Augen eines Erschlagenen, der von der Wucht eines Hiebes getroffen auf ihn geschleudert worden war. Er erschrak und stieß und trat und wälzte schließlich die Leiche von sich herunter, rappelte sich hoch und spürte, dass der Boden unter ihm ganz feucht war. Er hob die Hand vors Gesicht und erschrak, sie war blutrot und sein Gewand war getränkt von Schweiß und Blut. Er blickte sich um. Georg lag inmitten eines Meeres aus zerborstenen Waffen und zerfetzten Körpern. Vor Entsetzen schrie er auf und schrie und schrie …
    »Es ist gut, Georg, es ist gut«, sagte eine Stimme und das Entsetzen flaute ab, rann an ihm hinunter wie das Blut, das er gesehen hatte

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