Ewig
eine Genehmigung für eine Durchsuchung oder Ermittlungen in der Botschaft bekommen würden. Also vergessen Sie’s. Sonst noch was?«
Berner saß stumm in seinem Sessel und betrachtete angelegentlich seine Fingernägel. Schließlich fragte er: »Was erwarten Sie von mir, Dr. Sina?«
»Dass Sie mit einer vernünftigen Lösung des Falles kommen und mir nicht mehr Probleme bereiten, als ich sowieso schon habe. Die Chinesen vergessen Sie am besten gleich wieder. Damit kommen wir nie durch. Ermitteln Sie in eine andere Richtung.«
»Ist das eine Anordnung?« Berner fing Sinas Blick auf und wusste plötzlich, dass es die falsche Frage gewesen war, die völlig falsche Frage.
Dr. Sinas Augen funkelten. »Wollten Sie nicht schon seit Langem in Pension gehen, Berner? Vielleicht sollte ich den Fall einem anderen übertragen.« Seine Stimme ließ alles offen, blieb wie in Watte gepackt im Raum hängen. Schließlich entließ der Polizeipräsident ihn mit einem nachdenklichen Blick und einer kurzen Handbewegung und wandte sich wieder seiner Korrespondenz zu.
Berner zog resigniert die gepolsterte Tür hinter sich zu und ging den Korridor entlang, unter den wachen Blicken der Porträts, die ihn anzugrinsen und höhnisch hinter ihm herzurufen schienen. Er war zu alt für diese Spielchen, zu müde und trotzdem noch immer zu wenig abgeklärt für die politischen Entscheidungen, die man immer wieder im Interesse der Karriere treffen musste.
Als er die paar Stufen zur Ringstraße hinunterstieg, blies ihm unter einem tiefblauen Himmel der kalte Ostwind ins Gesicht. Er nahm es als schlechtes Vorzeichen, zog die Schultern hoch und stemmte sich mit gesenktem Kopf gegen den Wind, der direkt aus Sibirien zu kommen schien.
Die Leiter sieht neben dem Marmorgrab im Dom irgendwie deplaciert aus, dachte sich Georg Sina und hielt sie trotzdem mit beiden Händen fest, damit Paul Wagner sicher ein Foto nach dem anderen von den in Stein gehauenen Wappen und Symbolen machen konnte. Der Sicherheitsbeamte war nervös, schaute immer wieder ängstlich über seine Schulter. Plötzlich fing sein Sprechfunkgerät an zu quäken und erschreckt griff der Mann danach, um gleich darauf zu merken, dass es nicht ihm galt, sondern einem Kollegen. Er atmete kurz auf und war sofort wieder ängstlich darauf bedacht, nur kein Aufsehen zu erregen.
»Bitte, Paul, beeil dich, ich bekomme sonst wirklich eine Menge Schwierigkeiten«, drängte er und endlich stieg Wagner wieder von der Leiter.
»Dieses Grabmal ist unglaublich«, meinte der Reporter, als er Sina die digitalen Fotos auf seiner Kamera zeigte. »Je mehr man erkennt, desto verwirrender wird das Bild. Es gibt immer noch ein Detail und dann noch eines. Das Monogramm ist Friedrich so wichtig gewesen, dass er es neben seinem Kopf platziert hat und noch dazu sein Schwert wie einen Zeiger genau darauf hinweisen lässt. Wir werden Tage brauchen, um es zu entschlüsseln.« Wagner schaute sich ein Detailfoto nochmals an. »Wenn wir es überhaupt schaffen.«
Georg Sina zuckte mit den Schultern. »Darf ich dich daran erinnern, dass jemand einen Mord beging, der uns ganz offensichtlich wieder zusammenbringen sollte, der dich an den Tatort und mich aus meiner Burg holen sollte.«
Wagner nickte.
Sina fuhr fort: »Also braucht uns jemand als Team. Deshalb bin ich mit dir mitgekommen. Aber wenn es sich um Friedrich drehen sollte, dann sage ich dir gleich, dass es nicht erfolgreich sein wird. An seiner Persönlichkeit und an diesem Grab sind schon viele gescheitert.« Der Wissenschaftler wies auf den Sarkophag. »Ich weiß nicht, ob jemand jemals dieses Stück Marmor ganz entschlüsselt hat. Der Kaiser war ein schwieriger und schweigsamer Mensch und er hat einige seiner größten Geheimnisse mit ins Grab genommen. Also glaube ich kaum, dass wir in ein paar Tagen den Quantensprung in der Forschung machen können, auch wenn es sich irgendjemand so vorstellt.«
Wagner dachte nach. »Du willst aufgeben? Gut, Georg. Lassen wir es bleiben. Geh du wieder zurück in deine Burg und ich schaue, wie weit ich alleine komme«, sagte er und wandte sich ärgerlich ab.
Sina schüttelte den Kopf. »Du verstehst mich nicht, Paul. Hier glaubt jemand, uns durch einen Mord dazu bringen zu können, uns mit den fünf Buchstaben und der Person dahinter zu beschäftigen. Warum sagt er uns das nicht ganz einfach, indem er uns einen Brief schreibt oder dich anruft? Wieso sagt er nicht, was er will oder weiß? Weil er befürchten würde, dass
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