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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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verliehen, war immer auf Wanderschaft, regiert in Wien, Graz, Linz und Wiener Neustadt. Mögen andere Kriege führen, du glückliches Österreich heirate, wurde zu seinem Motto.«
    Sina nickte bestätigend, schwieg aber weiter.
    Also fuhr Mertens fort: »Friedrich war von Edelsteinen, von Gold- und Silbergegenständen geradezu besessen. Er sammelte auch Handschriften, Bilder und naturwissenschaftliche Geräte. Mehr als sechzig Kisten umfassten seine Schätze, die er auf seinen verschiedenen Burgen gehortet hatte.« Der alte Mann verstummte plötzlich, als habe er schon zu viel gesagt. Dann überlegte er es sich noch einmal, dachte kurz nach und beugte sich schließlich zu Sina. »Glauben Sie mir, Professor, sehr vieles ist seltsam am Leben Kaiser Friedrichs. Er war ein Mann der unergründlichen Geheimnisse, der faszinierenden Widersprüche. Es gibt einen kurzen Artikel in der ›Zeit‹ vom 21. Februar 1969. Versuchen Sie den zu finden.«
    Er blickte sich um, sah zwei Sicherheitsleute in Begleitung eines Pfarrers mit großen Schritten auf Sina und ihn zulaufen, verabschiedete sich hastig und ging dann rasch davon.
Prag/Tschechische Republik
    D as erzbischöfliche Palais in Prag, im 18. Jahrhundert im Rokoko-Stil umgebaut, war seit jeher die prunkvolle Residenz der Prager Erzbischöfe. Das blassgelbe Gebäude auf der Nordseite des berühmten Hradschiner Platzes beherbergte seit Anbeginn Repräsentationsräume, Büros und einige großzügige Wohnungen, die immer wieder für informelle Treffen genutzt wurden. Die diskreten Zusammenkünfte hatten in den vergangenen Jahrhunderten so manche schwerwiegende Entscheidung vorbereitet, deren Auswirkungen das geistliche Leben in weiten Teilen Mitteleuropas mitbestimmten.
    Diesmal stand nicht weniger als das Schicksal der Welt auf dem Spiel, als ein unauffälliger, in eine schwarze Soutane gekleideter junger Priester mit einer Zeitung unter dem Arm vor den großen, mahagonifarbenen Schreibtisch trat und die neueste Ausgabe der »Mlada Fronta«, der größten tschechischen Tageszeitung, wortlos auf die Schreibunterlage legte.
    Der Mann hinter dem Schreibtisch war ehrfurchtgebietend. Er hatte kurzgeschorenes, eisgraues Haar und eine durchtrainierte Figur, die eher zu einem Fremdenlegionär als zu einem hohen Geistlichen passte. Seine Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem weißen Hemd ab, das über seiner Brust spannte. Bischof Frantisek »Frank« Kohout war bereits zu Lebzeiten eine Legende. Sohn von Exiltschechen, war er tatsächlich Einzelkämpfer bei den US-Marines gewesen, bevor er beschlossen hatte, nach Prag zurückzukehren, wo die Wurzeln seiner Familie lagen. Kohout war vom Priesterorden der »Tempelherren vom flammenden Stern« in Prag berufen worden, einem Orden, der sich vorwiegend karitativen Aufgaben verschrieben hatten. Was ihn von allen anderen Orden dieser Welt unterschied, war der Auftrag, den er vor hunderten von Jahren erhalten hatte. Die »Tempelherren vom flammenden Stern« hatten aus diesem Grund eine ganz spezielle Gruppe von Mönchen zusammengestellt, der Kohout beigetreten war. Er hatte es nie bereut. Ganz im Gegenteil – er hatte in dem ältesten Orden der Welt seine wahre Bestimmung gefunden.
    Während im Hintergrund eine zierliche Nonne die Blumenarrangements in den hohen Bleikristallvasen neu anordnete und die braunen Blätter von den Topfpflanzen abzupfte, wartete der Priester vor dem Schreibtisch geduldig, bis Kohout die Titelseite überflogen hatte.
    »Ich kenne die schrecklichen Meldungen, mein Sohn«, meinte der Bischof. »Was für ein Frevel an dieser unschuldigen Frau und an Gottes Schöpfung. Du kannst versichert sein, dass wir den Lauf der Dinge ganz genau beobachten werden.«
    Der junge Pater neigte respektvoll den Kopf. »Da ist noch etwas, Monsignore«, sagte er leise, »eine Nachricht aus Wien.« Der Bischof winkte ihn mit einer Handbewegung näher und der junge Pater beugte sich zu Kohout und flüsterte lange in sein Ohr. Dann richtete er sich wieder auf und zog sich zurück. Als sich die Tür hinter ihm schloss, stand Kohout auf und ging auf die Nonne zu, die ihren Arm voll Blumen hatte. Er kniete nieder und die zierliche Frau, deren große dunkle Augen so gütig und manchmal auch so unnachgiebig schauen konnten, legte den Strauß vorsichtig beiseite und segnete Kohout.
    »Ich habe die Zeitungen auch gelesen und die Meldungen in den Medien verfolgt. Es ist an der Zeit, den Rat der Zehn einzuberufen. Geh, Bruder Franziskus, und

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