Ewig
Herzen lag, stießen zu und einer nach dem anderen fiel auf die Knie und stürzte vornüber in den Brunnen, bis auch der letzte in dem tiefen Schacht verschwunden war. Kein Laut war zu hören, die Kapelle lag leer und einsam da. Nur die Kerzen flackerten noch leicht und wer genau hinsah, der erkannte, dass sie auf dem Boden der alten Kapelle fünf Buchstaben bildeten:
A E I O U
III.
E inige Monate später … Die Sonne schien heiß von einem wolkenlosen Himmel und der rote Ball flog hoch über die graue Steinwüste der Schottergrube nördlich von Chemnitz. Die Luft flimmerte und tausende Insekten schwirrten zwischen vertrockneten Büschen und der stillen Wasseroberfläche des kleinen Baggersees. Der schmächtige Junge, der mit seiner größeren Schwester um den Ball kämpfte, wäre beinahe ins Wasser gefallen und fing sich im letzten Moment.
Jetzt zeig ich ihr, wie weit ich den Ball treten kann, dachte er sich und nahm einen weiten Anlauf. Dann schnellte er vor, traf den roten Ball mit voller Kraft und im hohen Bogen sauste das Leder über die steile Böschung. Es flog über den Kamm der Aufschüttung und verschwand auf der anderen Seite aus dem Blickfeld der Kinder.
»Jetzt gehst du ihn aber holen«, maulte die große Schwester, aber der trotzige Junge weigerte sich. Schließlich stampfte das Mädchen zornig auf und ging selbst auf die Suche nach dem Ball. Es stieg die Böschung hinauf, löste kleine Steinlawinen aus und kletterte über den schmalen Grat. Beim Abstieg auf der steilen, abgewandten Seite kam die Kleine ins Rutschen und schlitterte über Gestein, Schotter und Abraum. Aus einem Gebüsch am Fuße des Abhangs leuchtete es ihr rot entgegen.
Das Mädchen lief hin und holte den Ball seufzend aus dem Gestrüpp, das nach ihm zu greifen schien. Dann stieg es schnell denselben Weg, den es gekommen war, wieder hinauf. Knapp vor der Kuppe bemerkte es vor sich am Boden ein Glänzen. Es hatte bei seinem Abrutschen die Erde aufgerissen und aus der Furche ragte nun die Kante eines metallischen Gegenstands.
Vielleicht habe ich einen Schatz gefunden, hoffte das Mädchen und rief seinen kleinen Bruder. Gemeinsam gruben die Kinder mit ihren Händen und einem alten Nagel in der harten trockenen Erde und legten bald eine Metallkassette frei. Sie war verbeult und sah uralt aus. Ihr Großvater hatte sie immer vor dem Kriegsschrott gewarnt und dass es gefährlich sei, damit zu spielen. Aber das sah nicht wie eine Bombe aus, die der Opa oft beschrieben hatte. Bei näherem Hinschauen entdeckten sie einen rostigen Deckel, der von fein gearbeiteten Scharnieren festgehalten wurde. Eine dicke Schicht aus Schmutz bedeckte die Kassette, nur an einem Eck war ein fein getriebenes Muster zu erkennen.
»Das ist die Schatzkiste einer Prinzessin«, sagte das kleine Mädchen stolz und wischte neugierig die Erde und den Schmutz beiseite. Der kleine Junge schaute seiner Schwester neidisch über die Schulter. Die verschlungenen Pflanzenranken und Arabesken der Gravur liefen im Zentrum zusammen und bildeten den Rahmen einer fein gearbeiteten Medaille, die beide Kinder mit offenem Mund bewunderten. In der Mitte des Ornaments saß ein Rabe, der ein Spruchband in seinem Schnabel hielt. Das Mädchen nahm die Kassette vorsichtig in die Hand, fuhr mit den Fingern das Spruchband entlang und las zögernd ihrem kleinen Bruder vor:
»Ewig«
Paul Wagner beschrieb auch den Ausgang der Geschichte in zwei weiteren Artikeln und schickte sie exklusiv an Elena von UMG. Er verschwieg den Aufbewahrungsort der Pille. Der Scheck von Mr. Wineberg fiel trotzdem überraschend hoch aus und so konnte sich Paul einen Jugendtraum erfüllen – er kaufte sich einen alten Porsche Carrera RS, den er nun in der Remise immer dann restauriert, wenn Georg Sina in Grub ist und die Studentinnen in seinem Stammcafé im Prüfungsstress sind und keine Zeit haben … Ansonsten erkundet er mit den verschiedenen Rennmaschinen aus seiner Sammlung die österreichischen Landstraßen.
Georg Sina kehrte zurück auf Burg Grub und nahm zur Freude Professor Meitners seine Stelle am historischen Institut der Universität wieder ein. Er holte sich seinen Führerschein zurück und Paul schenkte ihm den roten Golf und ein Handy. Wenn er in Wien ist, wohnt er bei Paul in der Remise. Fürs Motorradfahren kann er sich nach wie vor nicht begeistern, doch Tschak hat sich schon fast abgewöhnt, die Vorderreifen der Motorräder anzupinkeln.
Bernhard Berner stattete Eddy noch einen
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