Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
Vom Netzwerk:
Die Straßenbeleuchtung zeichnete helle Linien ins Stadtbild.
    Die wenigen Besucher waren bereits wieder mit dem Lift nach unten gefahren, als Gavint die Hauptplattform erneut betrat, sich über das Geländer beugte und in die Tiefe blickte. Er sah dem Lift zu, wie er höher schwebte und hörte, wie er hielt und die Türen sich öffneten. Ohne jede Eile wartete Gavint noch einen Augenblick, dann hastete er zum Aufzug und sprach das junge bildhübsche Mädchen an. Ihr wallendes, blondes Haar fiel ihr wie ein Vlies über die Schultern und ihre leuchtend blauen Augen blickten ihn erwartungsvoll an.
    »Kommen Sie schnell, ich glaube, da ist jemandem schlecht geworden!«, stieß er atemlos hervor, drehte sich jedoch sogleich wieder um und eilte zurück, tiefer auf die verwinkelte Plattform zu. Hinter sich hörte er das Mädchen hertrippeln, ihre Stöckelschuhe klapperten auf den braunen Holzplatten. Als sich Gavint überraschend umdrehte, konnte sie nicht mehr rechtzeitig stehen bleiben und lief in ihn hinein. Bevor sie sich entschuldigen und wieder befreien konnte, nahm er ihren Kopf mit beiden Händen und drehte ihn ruckartig, bis er ihre Nackenwirbel brechen hörte. Sie wurde augenblicklich schlaff und Gavint legte sie auf den Boden, ging dann rasch zum Aufzug zurück, um die Tür zu blockieren. Ohne besondere Eile begann er das junge Mädchen auszuziehen, bis sie völlig nackt war. Dann zog er einen dicken schwarzen Filzstift aus seiner Manteltasche und malte große Engelsflügel auf ihren Rücken. Zufrieden mit seinem Werk steckte er den Stift weg und nahm stattdessen eine Dose Schuhcreme und färbte das Gesicht der jungen Frau völlig schwarz. Schließlich griff er in seine Manteltasche und steckte etwas in ihren Mund, bevor er ihren Körper über das Geländer der Plattform hob und ihn fallen ließ. Schweigend schwebte der tote Engel mit wehendem blondem Haar tiefer und tiefer, bis er mit einem obszönen Geräusch auf dem Steinboden der Kirche aufschlug.
    Gavint verließ rasch die Plattform, ließ den Aufzug rechts liegen und benützte stattdessen die Fluchtstiege. Die Zeit der Warnungen und Symbole war vorbei, der erste Teil seiner Aufgabe erfüllt.
    Laute Rufe ertönten von unten, als er nach wenigen Metern einen schmalen Gang erreichte, der seit der Erbauung der Kirche immer wieder bei Restaurierungsarbeiten genutzt wurde. Er führte durch die dicken Außenwände hinunter bis zum ersten Stock und dann weiter bis zum Ausgang. Gavint öffnete die fast unsichtbare Tür, schlüpfte in den staubigen Gang und zog sie hinter sich zu, gerade als die ersten Angestellten und Besucher lautstark die Treppen heraufstürmten. Er entkam wie geplant, unerkannt. Er hatte nichts anderes erwartet.
April 1759, Schloss Versailles/Frankreich
    D as Licht tausender Kerzen fiel aus den hohen Fenstern des Schlosses auf die Parkettgärten und Kieswege, die es kunstvoll umgaben. Es roch nach Regen, bald würde sich ein ausgiebiger Frühlingsregen auf die Festgesellschaft ergießen. Die Musik Jean-Philippe Rameaus lag flimmernd in der Luft. Die Gesellschaft unterhielt sich bestens, und der König, Ludwig XV., war guter Dinge. Er sah den Damen nach und hob immer wieder prostend sein Glas, um auf die weibliche Schönheit zu trinken.
    Anders der Graf von Saint-Germain. Gerade noch hatte er eine erstaunt lauschende Menge aus adeligen Hofschranzen und Damen mit detailreichen Schilderungen historischer Ereignisse, deren Zeuge er gewesen sein wollte, unterhalten, jetzt saß er mit versteinerter Miene an der überreich gedeckten Tafel und rührte keinen Bissen von den edlen Spezereien an. Er verhielt sich jedoch ganz so, wie man es von ihm gewohnt war, weshalb des Königs Laune nicht getrübt wurde. Vergnügt tanzte er ein Menuett mit der Pompadour. Die Mätresse war schön wie eh und je, und der Monarch schätzte, was er an ihr hatte.
    »Madame lässt den Herrn Grafen fragen …«, flüsterte die Hofdame.
    »Was lässt Madame fragen?«, raunte Saint-Germain unwirsch. Mit angewiderter Miene drehte er den Blick zur Seite.
    Unweigerlich setzte die Angesprochene einen Schritt zurück. Dann räusperte sie sich, beugte sich zum Grafen hinunter und murmelte: »Madame lässt fragen … Nachdem Eure Arbeit nun schon einiges an Geld … Verzeiht, ich bin nur die Überbringerin …«
    »Ja, ja, fahr sie fort!«
    »Meine Herrin möchte wissen, wann sie Proben Eurer Arbeit für sich und den König haben kann?«
    »Madame du Hausset, an welche Art von Proben

Weitere Kostenlose Bücher