Ewig
hat Madame Pompadour gedacht? Ich habe dem König doch mitteilen lassen, dass das Verschmelzen von Diamanten kein Kinderspiel, sondern ein äußerst schwieriges Unterfangen ist, das die volle Breite meiner Kunst in Anspruch nehmen wird«, sprach Saint-Germain zu der adligen Dame wie zu einem unverständigen Kind.
»Aber Ihr missversteht mich, werter Graf«, blieb du Hausset bemüht höflich. »Was soll Madame mit dem Geschmeiß … Pardon! …dem Geschmeide. Davon hat sie genug. Vielmehr hat sie Euch sagen hören, Ihr wäret im Besitz eines gewaltigen Geheimnisses … des Geheimnisses der Geheimnisse, wie man sich erzählt bei Hofe.«
»Ich weiß nicht, wovon Ihr redet, werte Dame«, raunzte der Graf, aber ein selbstgefälliges Lächeln huschte über seine Miene, wie ein Mäuslein über einen vollen Mehlsack. Mit gespreizten Fingern zupfte er seinen Rock zurecht und schickte sich an, sich zu erheben. Madame du Hausset packte ihn mit einer Hand an der Schulter. Mit unerwarteter Heftigkeit drückte sie Saint-Germain zurück in seinen Sessel, wobei sie sich den Sitznachbarn des Mannes zuwandte und ihnen ein strahlendes Lächeln zuwarf, das deren Blick blendete.
»Ihr irrt Euch, wenn Ihr glaubt, Spielchen mit Madame machen zu können, Monsieur. Madame hat hier in Versailles das Sagen, und das soll auch so bleiben, versteht Ihr mich!«, flüsterte sie scharf und nur für die Ohren des Grafen bestimmt.
»Nun denn, wie kann ich Eurem Liebreiz zu Diensten sein«, presste Saint-Germain hervor.
»Viel besser, Monsieur. Ihr lernt schnell. Nun genau darum geht es, Ihr sollt Madame Euer Aqua Benedetta verabreichen, das, so haben wir gehört, das Altern der Damen endet. Und von selben sollt Ihr auch Seiner Majestät …«
Da wurde die Hofdame jäh unterbrochen, als mit einem »Verzeiht, Herr Graf!« ein Diener mit gepuderter Perücke und in der Livree des königlichen Palastes sich zum Grafen von Saint-Germain hinunter beugte. »Ein Chevalier aus Wien ersucht um eine Unterredung unter vier Augen mit Monsieur. Er erwartet Euch dort hinten, im Salon.« Der Domestik machte eine Geste, die dem Grafen bedeutete, ihm zu folgen.
Die Unterbrechung kam dem Grafen ganz und gar nicht ungelegen, konnte er doch so elegant dem Griff der Megäre entrinnen. Ohne ein Wort der Entschuldigung zu verlieren, erhob sich Saint-Germain und stolzierte mit steifem Rücken dem Livrierten hinterher. Madame du Hausset schürzte die Lippen und ließ die Luft lautstark durch ihre Nase entweichen. Mit einer geübten Fingerbewegung entfaltete sie ihren Fächer und machte so abrupt auf der Stelle kehrt, dass ihre Unterröcke seidig rauschten. Wütend fächerte sie sich Luft zu, ihr erhitztes Gesicht leuchtete rot. Was erlaubte sich dieser Saint-Germain eigentlich? Das nächste Mal würde sie ihn nicht so leicht ziehen lassen.
Der Diener war vorausgegangen und öffnete nun eine Türe, bevor er sich tief verbeugte. Saint-Germain betrat den Salon wie ein Schauspieler, der sich auf der königlichen Bühne ins Rampenlicht begibt, um selbst dieses in den Schatten zu stellen. Die Tür schloss sich leise hinter dem Grafen, der Lakai war draußen geblieben, um auf ihn zu warten und ihn anschließend wieder zur Soiree zurückzugeleiten. Saint-Germain blickte sich im Salon um und verdutzt stellte er fest, dass er allein war. Der Raum war leer. Hunderte Kerzen erleuchteten die erlesene Einrichtung, die man im Französischen »Chinoiserie« nannte. Der Graf war noch erstaunter, als er hinter sich hörte, wie der Schlüssel sich im Schloss drehte. Rasch fuhr er herum und rüttelte an der Türe. Vergebens, man hatte ihn eingesperrt.
»Verzeiht, Monsieur, den Mummenschanz. Leider ist er notwendig geworden«, hörte er da die leise Stimme eines Mannes. Er blickte sich im Licht der Kerzen um, versuchte die dunklen Ecken mit seinen Blicken zu durchdringen. Da gewahrte er erst die spanische Wand. Von dort war die Stimme gekommen. Das musste wohl der Chevalier aus Wien sein.
Saint-Germain fand es keineswegs amüsant, dass er den Fremden nicht sehen konnte, er aber offensichtlich ihn. »Keine Ursache, Monsieur, aber nun kommt hervor, so dass wir von Angesicht zu Angesicht … sprechen …« Nur mit Mühe konnte der Graf ein Zittern in seiner Stimme unterdrücken. Sein Instinkt hatte ihn noch nie getrogen und kaum hatte er diesen Raum betreten, hatte ihn ein mulmiges, mehr noch, ein warnendes Gefühl befallen. Mit einer gekünstelt wirkenden Geste, wie sie bei Hof üblich war,
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