Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
Vom Netzwerk:
Kopf und eine winkende Hand am Geländer der Plattform. Er stand auf und ging mit steifen Schritten zum Lift. In seinem Kopf tobten die Gedanken wie Schneeflocken durcheinander. Drei Morde in drei Tagen, zwei davon in Kirchen. Hier ging irgendetwas vor, etwas unerhört Grausames und Kaltblütiges. Das war nicht einfach ein irrer Massenmörder, Berner war sich sicher, das sagte ihm sein professioneller Instinkt. Da war alles bis ins kleinste Detail geplant und anschließend genau nach dem Plan durchgezogen, ohne jeden Skrupel oder Bedenken.
    Berner blickte aus dem Lift, der ihn sanft in die Kuppel hochtrug, in die Tiefe. Die zugedeckte Leiche sah so klein und verloren auf dem großen Kirchenboden aus. Berner dachte an seine Tochter und seine Enkelin und rieb sich müde die Augen. Da unten lag auch die Tochter einer Familie, der er die Nachricht vom Tod überbringen würde. Die dann mit einem Mal jene Welt nicht mehr verstehen würde, die gerade in Trümmer ging. Plötzlich hasste er seinen Beruf wieder, wie schon so oft zuvor.
    Der Leiter der Spurensicherung war neu und jung und voller Elan. Berner blinzelte ihn im grellen Licht der Scheinwerfer an. Das ist die nächste Generation, dachte er sich. Auch sie würden sich abschleifen an den zahllosen Fällen, den endlosen Nächten im Büro oder im Labor, den dicken Aktenstapeln und der schwerfälligen Bürokratie. Auch sie würden denselben Weg gehen wie hunderte und tausende vor ihnen. Auch sie würden irgendwann abwinken und im Dunkel der Routine verschwinden. So ging es immer weiter und Berner wusste mit einem Mal, dass er am Ende des Weges angekommen war. Das würde sein letzter Fall werden. Der Brief mit dem Ansuchen um seine Versetzung in den Ruhestand war lange geschrieben, morgen würde er ihn abschicken.
    »Wir haben keine verwertbaren Spuren an der Kleidung gefunden, aber wir wissen, wie der Mörder ungesehen von der Plattform verschwinden konnte.« Der junge Mann strahlte Berner an, als sei er der Weihnachtsmann. »Nur wenige Schritte die Fluchttreppe hinunter ist ein schmaler Gang in der Wand, den muss er gekannt haben. Wir haben Fußspuren gefunden und der Staub an den Wänden ist an einigen Stellen abgestreift worden.«
    Berner nickte nur stumm. »Irgendwelche Fingerabdrücke?«, fragte er.
    »Jede Menge, unzählige, von den Besuchern auf der Plattform hält sich wohl jeder am Geländer fest …«
    Berner verzog das Gesicht. »Ich habe gemeint im Gang, nicht am Geländer«, meinte er trocken.
    Der junge Kollege blickte verwirrt den Kommissar an und schüttelte den Kopf. »Wir haben nichts im Gang gefunden, wir sind aber noch nicht ganz bis nach unten gegangen …« Die Stimme des Beamten verlor sich vor der unbewegten Miene Berners, dessen Augen ihn abschätzig anschauten.
    »Und warum noch nicht?«, brummte der Kommissar ironisch und ungeduldig. »Gibt’s irgendetwas, das Sie zurückhält?« Dann drehte er sich um und ließ den jungen Spurenexperten einfach stehen. Er nahm sein Handy aus dem Mantel und wählte. Es war zwar mitten in der Nacht, aber sein Quantum Mitleid war für heute schon verbraucht.
    Polizeipräsident Dr. Sina schaute auf die Uhr und fluchte leise vor sich hin. Wer zum Teufel rief um diese Zeit bei ihm zu Hause an? Er hatte sich gerade hingelegt und seine Frau schlief schon, aber das Klingeln des Telefons würde sie bald wecken, wenn er nicht endlich abhob. Also stand er auf und tappte ins dunkle Wohnzimmer, nahm den Hörer und bellte ein kurzes, ungehaltenes »Ja!« hinein.
    »Schönen guten Abend, Herr Doktor.« Berners Stimme hatte einen honigsüßen Unterton, der Sina nicht gefiel. »Haben Sie schon geschlafen?«
    »Kommissar Berner, tun Sie nicht so, als ob Sie das interessieren würde«, antwortete Sina. »Und ansonsten hoffe ich, dass Sie einen triftigen Grund haben, mich mitten in der Nacht anzurufen und mit unsinnigen Fragen zu quälen.«
    Berner blieb für einen Moment still und es war dieser Moment des Schweigens, der Sina noch mehr beunruhigte. »Wir haben einen Mord in der Karlskirche«, fuhr Berner schließlich fort, »und zwar einen perversen, völlig sinnlos erscheinenden. So wie in der Ruprechtskirche vor zwei Tagen. Alle Details bekommen Sie in meinem Bericht morgen früh.« Berner machte eine effektvolle Pause.
    »Wie Sie wissen, liegt die französische Botschaft gleich neben der Kirche und ich bin zu den Kollegen der Sureté hinübergegangen …«
    »Was sind Sie?«, unterbrach ihn der Polizeipräsident, »Sie wissen

Weitere Kostenlose Bücher