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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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genau, dass …« Berner kannte die Litanei und wollte sie sich nicht noch einmal anhören. Also sprach er weiter, als sei er nicht unterbrochen worden »… die Sureté, die für die Sicherheit der Botschaft und damit auch für die Überwachungskameras zuständig sind. Die französischen Beamten waren so nett und ließen mich völlig unbürokratisch einen Blick auf die Aufzeichnungen des heutigen späten Nachmittags werfen. Inoffiziell natürlich.« Die Stimme Berners klang irgendwie süffisant, fand Sina, der sich immer mehr über den Kommissar ärgerte. Aber jetzt war Berner nicht mehr zu bremsen.
    »Um 16:43 Uhr fuhr ein schwarzer Audi mit Wiener Diplomatenkennzeichen und mit zwei Insassen an der Botschaft vorbei in Richtung Karlskirche. Sie wissen, auf wen er zugelassen ist, oder, Dr. Sina?« Berner machte sich nicht einmal mehr die Mühe, seine Genugtuung zu verbergen. »Aber das ist noch nicht alles. Die versteckten Sicherheitskameras an der Kassa der Karlskirche haben einen elegant gekleideten Mann aufgezeichnet, der keine fünf Minuten später eine Eintrittskarte löste und dabei sehr geschickt sein Gesicht verbarg. Er ist auch auf der Aufzeichnung nicht zu erkennen, aber der Statur und der Größe nach könnte es der gleiche Mann sein, den unser Zeuge vor der Ruprechtskirche gesehen hat.«
    Berner klang gar nicht mehr so verbindlich und Sina hatte das Gefühl, dass ihm die Situation gerade völlig entglitt. Der Kommissar zielte auf etwas ab und marschierte kerzengerade darauf zu. »Sind Sie noch immer der Meinung, wir sollten in eine andere Richtung ermitteln, Herr Doktor? Ich bin es nämlich nicht. Ich will den Schuldigen auf die Füße steigen und das sind in dem Fall in meinen Augen die Chinesen. Ich habe diese politischen Spielchen satt, diese ewige Leier von einer Hand wäscht die andere, solange es beiden nutzt. Ich weiß nicht, von wem Sie Ihre Anweisungen bekommen haben und es ist mir auch egal. Wenn Sie das Spiel mitmachen, dann werden Sie wissen, wofür. Ich weiß es nicht mehr. Vor mir liegt ein junges Mädchen, das völlig sinnlos gestorben ist, auf eine so grausame und menschenverachtende Art und Weise, wie ich es noch selten gesehen habe in meiner langen Karriere. Entweder ich bekomme freie Hand in meinen Ermittlungen auf die Gefahr hin, dass wir einen diplomatischen Zwischenfall provozieren, oder …« Berner ließ den Satz ausklingen und das Ende offen, aber Dr. Sina wusste, worauf er hinauswollte.
    »Kommissar Berner, ich enthebe Sie hiermit offiziell der Ermittlungen in diesem Mordfall und in dem der Ruprechtskirche. Sie haben meiner Meinung nach nicht mehr die notwendige professionelle Objektivität.« Der Polizeipräsident klang endgültig. Er konnte das Gefühl nicht loswerden, dass irgendetwas völlig falsch lief. Berner schien nur darauf gewartet zu haben. Sina meinte fast zu hören, wie der Kommissar lächelte.
    »Sie haben morgen meinen Antrag auf Pensionierung auf Ihrem Schreibtisch, Dr. Sina. Ich habe noch vier Wochen Resturlaub. Den trete ich hiermit sofort an.« Dann war die Leitung tot und nur mehr das Freizeichen tutete dem Polizeipräsidenten ins Ohr.
    Berner steckte das Handy weg und fühlte sich so gut wie lange nicht mehr. Er nahm den Lift nach unten und war dankbar dafür, dass die Leiche bereits weggebracht worden war. Nach einem Blick auf seinen Notizblock beschloss er, morgen als Erstes in sein Büro zu fahren und seinen Schreibtisch zu räumen.
    Der Kommissar musste grinsen, wenn er an das Gespräch mit Dr. Sina dachte. Er hatte erwartet, dass er es ihm schwerer machen würde, aber er hatte genau das erreicht, was er wollte. Die Fälle auf seine Art lösen und sich nicht von der Bürokratie dreinreden lassen. Das hatte sie lange genug. Wie oft waren Schuldige, die er mühevoll ausgeforscht, gesucht und schließlich verhaftet hatte, nach kaum zwölf Stunden schon wieder auf freiem Fuß dank der richtigen Anwälte, der passenden Beziehungen oder ganz einfach dank ihrer Unverfrorenheit? Wie oft waren Ermittlungen in eine bestimmte Richtung gelenkt worden, weil es »so angeordnet oder gewünscht« worden war? Wie oft hatte man politisches Kalkül vor alles andere gestellt, in der Hoffnung, eines Tages mit einem Gegengeschäft abgefunden zu werden?
    Als er die Stufen aus der Kirche auf die Straße hinunterging, läuteten die Glocken Mitternacht. Jetzt würde er Zeit haben, alte Freundschaften zu vertiefen und leidenschaftliche Feindschaften zu kultivieren. Berner freute

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