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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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höchstpersönlich in die schöne blaue Donau.«
    Als Li Feng das Büro des Ministers verlassen hatte, öffnete sich eine Türe und der Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas trat ein, setzte sich in einen der ausladenden Sessel der Sitzgarnitur und schlug die Beine übereinander. Er nahm eine Zigarre aus einer schweren silbernen Tabatiere, einem Geschenk des britischen Außenministers, zündete sie an und sah dem Minister nachdenklich zu, wie er zwei Akten aus der Schublade seines Schreibtisches zog und auf den Tisch legte. Der hohe Politiker hatte das Gespräch belauscht und auf den großen Monitoren im Nebenraum beobachtet. Seine Abneigung gegen Li Feng war weder in der Partei noch in der Regierungsspitze ein Geheimnis.
    »Minister, ich weiß nicht, ob Sie sich eine Vorstellung davon machen, wie wichtig diese Operation für die Volksrepublik China ist. Ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich sage, dass es seit mehr als zweitausend Jahren keine vergleichbare Möglichkeit gegeben hat, an das Geheimnis zu gelangen.« Der Generalsekretär betrachtete die Glut seiner Zigarette und dann den Armeeminister. »Wie Sie wissen, würde der positive Ausgang dieser Aktion nicht nur die Stellung Chinas in der Welt entscheidend verändern, er würde die Zukunft der gesamten Welt in einer Weise prägen, die heute noch unvorstellbar ist. Deshalb habe ich Bedenken, wenn es um Li Feng geht. Mit seinem unüberlegten Einsatz in Tibet hat er gezeigt, dass ihm das notwendige Format fehlt. Ich möchte die Volksrepublik und uns beide absichern und zugleich das Risiko minimieren. Schicken Sie deshalb einen zweiten Mann nach Österreich, auf Li Feng allein ist kein Verlass mehr.«
    Der Minister nickte. »Ich kann Sie beruhigen, Genosse Generalsekretär. Wir haben bereits einen zweiten Mann vor Ort, und zwar den besten, den man sich vorstellen kann.« Dabei klopfte er auf die beiden Akten vor sich und lächelte siegessicher.
Café Prindl, Wien/Österreich
    K ommissar Berner hatte sich verliebt. Immer dann, wenn ein Fall ihn wieder einmal um den Schlaf gebracht hatte, wenn er mit den Ermittlungen um zwei Uhr früh fertig war oder wieder einmal einen Ausflug ins Rotlichtmilieu machen musste, dann hatte er immer vor dem gleichen Problem gestanden: Wohin auf ein Bier oder einen Kaffee und einen kleinen »Heribert«? Das Wort war von einem Kollegen geschaffen worden, der nicht englisch sprach und das »earlybird« schnell eindeutschte, um daraus einen »Heribert« zu machen. Das geflügelte Wort blieb und so war Berner lange auf der Suche nach einem passenden Lokal gewesen, bis das Café Prindl in den achtziger Jahren zu einem Nachtcafé mutierte und Berner ein zweites zu Hause gefunden hatte, das ihn in den langen Nächten beherbergte und verpflegte.
    So wurde es zur Tradition, späte Fälle bei einem »Heribert« ausklingen zu lassen. Berner hatte das Lokal ins Herz geschlossen, weil man ihn in Ruhe ließ und ihm ohne besondere Aufforderung sein Bier zu zapfen anfing, wann immer er gerade durch die Tür kam.
    Und es war auch diesmal nicht anders, als der Kommissar nach einem langen, nachdenklichen Spaziergang quer durch die Wiener Innenstadt am Gaußplatz, gleich neben dem Augarten, in dem die Wiener Sängerknaben ihr Quartier hatten, ankam und durchgefroren das Lokal betrat. Die Einrichtung des Prindl mit seinen roten und rosa Farben und den ovalen Formen war wie ein lebendes Zitat der fünfziger Jahre.
    Berner schlängelte sich zwischen den Gästen durch und der Geruch von Gulasch, Schnitzel und Knödel mit Ei stieg ihm in die Nase. Sein Stammtisch war wie durch ein Wunder frei und mit einem Seitenblick zur Schank stellte er fest, dass sein Bier schon auf dem Weg ins Glas war.
    Am Tisch nebenan saßen mindestens dreihundert Jahre Gefängnis beisammen und spielten ein undefinierbares Kartenspiel, das vor allem durch laute Zurufe und ärgerliches Aufstöhnen geprägt war. Zwei Tische weiter saßen zwei Pärchen in Abendkleidung vor großen Tellern mit Rostbraten und Kartoffeln. Sie stillten wie viele andere, die nach einem Theater- und Club-Besuch auf dem Heimweg waren, hier ihren Hunger, bevor sie schlafen gingen.
    Berner mochte die Atmosphäre, die Mischung aus Anrainern und Nachtschwärmern, dubiosen Elementen und Taxifahrern, Huren und Polizisten. Es war seine Welt, die, in der er zu Hause war, wo er sich wohl fühlte. Gefühlt hatte, korrigierte er sich im Geiste. Na ja, dachte er sich, das musste sich ja

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