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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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Templerkreuz und zwei sechszackige Sterne im Wappen. Es war so dunkel, dass man nichts Genaues erkennen konnte und Sina nahm sich vor, das nächste Mal eine Taschenlampe mitzunehmen. Er ging in die Knie und betrachtete die beiden Sterne genauer. Sie hatten eine seltsame Form, die ihn an irgendetwas erinnerte. Sina ging in Gedanken rasch alle Zeichen, Siegel und Symbole, die er jemals in Kombination mit dem Tatzenkreuz gesehen hatte, durch. Keine wollte passen. Missmutig stand er auf.
    Da lief in der Dunkelheit ein Mann in ihn hinein. Er prallte so heftig mit der Schulter gegen Sina, dass dieser fast gestürzt wäre. Er war etwas kleiner als der Wissenschaftler, ausgesucht elegant gekleidet und strahlte dennoch etwas Gefährliches und Bedrohliches aus. Sina richtete sich zur vollen Größe auf. Beide standen sich schräg gegenüber, der elegante Unbekannte hatte eine unberechenbare Arroganz und Menschenverachtung an sich, die Sina einen Schritt zurücktreten ließ. Es war genau der Typ Mensch, dem der Wissenschaftler seit jeher als Leistungsbringer, selbstgefälligen Gewinnertyp und egoistischen Entscheidungsträger so misstraute. Als der Unbekannte noch immer keine Anstalten machte, sich zu entschuldigen oder seinerseits zurückzuweichen, sondern nur dastand, Sina abschätzend anschaute, von Kopf bis Fuß musterte und keine Anzeichen von Höflichkeit erkennen ließ, wurde es Sina zu dumm. Plötzlich fühlte er sich in die Rolle eines fahrenden Ritters versetzt, der für andere eine Brücke sperrte, um sie erst, wie es die Ehre verlangte, nach verlorenem Zweikampf wieder freizugeben.
    Er machte einen Schritt nach vorne und sein Blick bohrte sich in die Augen seines Kontrahenten. Der hielt stand. Sein Gesicht lag im Dunkel, aber Sina spürte, dass der Mann zwar überrascht, aber nicht eingeschüchtert war. Es ging im Gegenteil etwas Überhebliches von seinem Benehmen aus, das Sina noch mehr aufstachelte.
    Plötzlich spürte der Wissenschaftler eine Hand an seinem Oberarm. »Komm mit, Georg. Wenn dein Kinn die Führung übernimmt, wird es gefährlich«, scherzte Paul Wagner und zog den Verblüfften mit sich fort. »Das erinnert mich wieder an früher, Herr Draufgänger. Manche Dinge ändern sich nicht mit den Jahren, nur deine Nerven sind durch die Festungshaft noch dünner geworden«, hörte Peer van Gavint Wagners Stimme hinter sich verklingen. Das waren sie also, seine beiden Zielobjekte: Paul Wagner, ein »spleeniger, egozentrischer und etwas verweichlichter Reporter« und Professor Georg Sina, ein »einzelgängerischer, kauziger Intellektueller mit dickem Kopf und dünnen Ärmchen«. Nun, zumindest letzteres stimmte nicht. Die Muskelpakete von Sina waren nicht in seinen Unterlagen vermerkt. Gavint fragte sich etwas beunruhigt, was sonst noch alles unerwähnt geblieben war.
    Es ärgerte ihn, dass er so unvorsichtig in die beiden hineingelaufen war. Das war ein Fehler gewesen. Unverzeihlich, aber nicht mehr zu ändern. Gavint schaute den beiden nach, wie sie die Kirche verließen. Jeder für sich würde kein Problem sein, aber zu zweit würde es selbst für einen Profi wie ihn eine Herausforderung werden. Er freute sich darauf. In seinen Augen waren sie schon so gut wie tot.
    Ein kleiner brauner Karton mit persönlichen Gegenständen war alles, was Kommissar Berner aus seinem Schreibtisch räumte. Die Akten waren schon verteilt worden, seine Fälle hatte ein junger Kollege übernommen, der sich mit Feuereifer an die Arbeit machte. Der Leiter der Spurensicherung und er würden ein Traumpaar abgeben, dachte Berner.
    Also nahm er das Foto seiner Tochter und die drei Montblanc-Kugelschreiber, die ihm die Kollegen im Laufe der Jahre geschenkt hatten, den alten Pullover und die vollgekritzelten Notizblöcke, die er nicht weggeworfen hatte. Aus Sentimentalität? Berner zuckte die Schultern und steckte sie in den Karton. Das Reservehandy und die Akkus kamen ebenfalls hinein, gefolgt von ein paar alten Stadtplänen und Einladungen zu Polizeibällen, auf denen er sowieso nie getanzt hatte. Ein zerknittertes Theaterprogramm des »Simpl«, des berühmtesten Wiener Kabaretts, erinnerte ihn an das letzte Jahr mit seiner Frau, bevor sie nach Deutschland gezogen war, in ein neues Leben. Eine halbvolle Kekspackung, ein paar Stück Würfelzucker und eine fast leere Schachtel Kopfschmerztabletten, ein abgelaufener Kalender und ein kleines Telefonbuch mit Eselsohren, das fast schon auseinanderfiel, war alles, was noch in den Karton

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