Ewig
dunkelblauen Pullover hatte sie über die Schultern gelegt. Ihre Haare waren zu einem Zopf geflochten und es war nicht nur ihre Haarpracht, die ihr bewundernde Blicke auf den Korridoren des »Instituts« eingetragen hatte.
»Major Goldmann«, begann Shapiro und blickte sie über den Rand seiner Kaffeetasse an, »ich brauche nicht die abgenutzte Formulierung von der Geheimhaltung und den damit verbundenen Konsequenzen an Sie zu verschwenden. Obwohl sie diesmal perfekt zutreffen würde. Da Sie an meine Abteilung überstellt wurden, ohne eine Möglichkeit des Einspruchs zu haben, frage ich Sie zuerst eines: Sind Sie bereit, für uns nach Österreich zu fliegen und eine Aufgabe zu erledigen, die aus ganz bestimmten Gründen nur Sie übernehmen können? Ich habe die Wahl, entweder einen Beobachter zu schicken, der sich zurückhält und von außen zusieht oder Sie ins Herz des Geschehens zu entsenden. Ich würde liebend gerne Zweiteres machen«. Er nahm einen Schluck Kaffee und fuhr fort: »Die Informationen, die ich derzeit vorliegen habe, sind rätselhaft und kommen aus den verschiedensten Quellen aus Ländern wie China, der Tschechischen Republik, Portugal, Südafrika und Österreich. Bevor ich aber ins Detail gehe, möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie lieber zu Ihrer Einsatzgruppe in den Wadi al-Maleh zurückkehren oder für mich einen Ausflug nach Wien machen wollen.«
»Wenn es ein Ausflug ist, warum soll ich ihn dann machen und nicht einer Ihrer Leute? Ich bin Major der israelischen Armee und kein Spion.« Valerie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und lehnte sich zurück. Der Sessel ächzte.
»Major Goldmann, ich kann Sie nur neugierig machen und nicht zwingen. Ich kann Ihnen nur eines versichern. Es könnte das größte Abenteuer Ihres Lebens werden.« Shapiro schaute sie ernst an. »Hier geht es nicht um Sabotage oder um einen paramilitärischen Einsatz. Wenn meine Informationen stimmen, dann geht es um die Zukunft dieser Welt, wie wir sie kennen. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Klingt das nicht ein wenig übertrieben und nach dem üblichen Spionagefilm-Klischee?« Valerie war sich nicht sicher, ob Shapiro sie auf den Arm nahm, sie mit einer verrückten Geschichte einfach anzumachen versuchte oder ob an der Sache doch etwas dran war.
»Ich fürchte nein, es ist kein bisschen übertrieben. Es ist ein Wettlauf, der schon begonnen hat und wir haben den Start verpasst. Das Problem ist, wir kennen weder die Strecke, das Ziel noch die Siegertrophäe.« Shapiro sah nicht gerade glücklich aus, fand Valerie und langsam begann sie ihm zu glauben.
»Aus wie vielen Mann besteht mein Team?«, fragte sie schließlich.
Shapiro lächelte vorsichtig und holte eine Akte aus seinem Schreibtisch.
»Aus gar keinem Mann. Aus einer Frau«, und er zeigte auf Valerie. »Valerie Goldmann, Alter 36, ledig, keine Kinder, Größe 179 cm, Gewicht 59 Kilo, Haarfarbe braun, Augen braun, keine Muttermale, keine Tattoos. Sprachen Deutsch, Französisch, Englisch und Iwrit, Major der israelischen Armee, Auslandsaufenthalte in den USA, zahlreichen europäischen Ländern, sowie Taiwan, Thailand und Kambodscha.« Shapiro blickte auf. »Sie sind viel herumgekommen, Major. Waren Sie schon einmal längere Zeit in Wien?«
»Wie Sie wissen, stammt meine Familie von dort und wir haben einmal eine dreiwöchige Reise nach Österreich gemacht, um alte Freunde meiner Eltern zu besuchen. Ich erinnere mich an eine wunderschöne Stadt und endlos viel Kuchen.« Valerie erlebte in Gedanken nochmals die kalorienreichen Nachmittage und lächelte genießerisch.
Shapiro las weiter in ihrer Akte und Valerie fragte sich, was noch in dem dicken Dossier aus ihrem Leben zusammengetragen worden war. Der Geheimdienstchef schien ihre Gedanken zu erraten.
»Karriere, Freundschaften, Affären, Beziehungen. In den letzten drei Jahren keine sexuellen Kontakte. Wollen Sie Namen, Orte oder Details oder soll ich Sie fragen, warum nicht?«
Valerie verzog das Gesicht. »Warum nicht was?«
»Warum keine sexuellen Kontakte?« Shapiros Stimme war ohne jede Emotion.
»Muss ich darauf antworten?«, fragte Valerie. Shapiro zuckte mit den Schultern.
»Ich kann es Ihnen auch sagen«, meinte er und las vor: »Ehrgeizig, draufgängerisch, nicht übermäßig anpassungsfähig, selbstsicher, zuverlässig, selbständig, unabhängig und manchmal rechthaberisch.« Er grinste über beide Ohren. » Den Masochisten müssen Sie mir erst einmal zeigen.« Shapiro schlug die Mappe zu und
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