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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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und Laden zu schauen, klappte die Spiegelschränke auf und durchsuchte selbst den kleinen Abfallkübel. Dann schaute er in den Spülkasten der Toilette, zwischen die sauberen Handtücher, die fein säuberlich aufgestapelt an einer Ecke der Badewanne lagen, und tastete die Oberseite der Schränke ab.
    Wagner konzentrierte sich auf das Schlafzimmer, in dem ein Biedermeierbett mit den dazugehörenden Kästen und Schränken stand. Ein kleines Sofa und ein einzelner Lehnsessel waren mit einem typischen Streifenmuster der Zeit tapeziert und sahen unbenutzt aus. Er drehte sie trotzdem um, aber vergebens. Er tastete zwischen der Polsterung nach einem Notizblock oder einem kleinen Buch, durchsuchte gründlich die Kleiderschränke und nahm das Bett auseinander.
    Die beiden Bilder an der Wand passten eigentlich gar nicht zusammen. Beide zeigten Frauen, wohl Allegorien. Auf dem einen, einer mythologischen Szene, hielt ein junges Mädchen einen goldenen Pokal, aus dem ein Adler trank. Das andere Bild, dessen vorherrschende Farbe rot war, stellte eine Frau dar, deren stechend blaue Augen in die Ferne am Betrachter vorbei blickten und die ein Kästchen in beiden Händen festhielt.
    Sina, der mit der Durchsuchung der kleinen Küche schnell fertig gewesen war, trat neben Wagner.
    »Guter Geschmack, aber eine seltsame Mischung von Frauen, die unser Freund Mertens da vereint hat«, meinte er. »Das ist Hebe, die griechische Göttin der Jugend, mit Zeus, der als Adler dargestellt ist. Sie reicht ihm Nektar in ihrem Pokal. Und das«, fuhr er fort und wies auf das zweite, rote Bild, »ist Pandora mit ihrer Büchse, bereit, sie zu öffnen. Ihr möchte ich beim Einschlafen auch nicht jeden Abend in ihre Augen schauen …«
    »Hast du etwas in der Küche gefunden?«, fragte Wagner.
    Sina schüttelte den Kopf.
    »Dann lass uns noch mal ganz genau alle Fächer hier durchsuchen.«
    Keine dreißig Minuten später trafen sich alle wieder im Vorraum der kleinen Wohnung. Berner schüttelte den Kopf, Wagner hielt die Hände mit den Handflächen nach oben und Sina lehnte sich an die Wand gegenüber den zahllosen kleinen Bildern. Alle waren enttäuscht.
    »Es sieht ganz so aus, als habe der Mörder gefunden, wonach er gesucht hat«, zog Berner leise Bilanz. Stimmen aus dem Treppenhaus waren zu hören, wurden langsam lauter.
    Sina stieß sich von der Wand ab, hob die Hand und tippte mit seinem Finger auf eine gerahmte Postkarte weit oben in der Ansammlung von kleinen Bildern. Es war die Reproduktion eines Porträts einer zierlichen Frau im hochgeschlossenen, goldenen Kleid, eine reich verzierte Krone auf dem Kopf und eine Lilie in der rechten Hand. Die linke lag auf einem kleinen roten Buch.
    »Die Dame kennen wir doch«, meinte er leise.
    »Du meinst, du kennst sie. Mir wurde die Dame noch nicht vorgestellt«, knurrte Wagner. Berner wiederum nickte zustimmend und ergänzte: »Das ist eher Ihr Typ, Professor, wir stehen nicht so auf ältere Frauen, vor allem nicht, wenn sie so mittelalterlich aussehen.«
    »Ignoranten. Das ist Eleonore von Portugal, die Frau Friedrichs. Der Kaiser warf ihr immer vor, zu scharf gewürzt zu kochen und die Kinder zu nachsichtig zu erziehen. Es hat sich nicht viel geändert in den letzten fünfhundert Jahren …« Sina lächelte geistesabwesend.
    »Na toll, willst du jetzt eine Eheberatung für unglücklich vermählte Kaiser eröffnen? Was bitte hilft uns das weiter, hier und jetzt?« Wagner war genervt, die Stimmen und der Lärm im Treppenhaus kamen immer näher. Berner erkannte eine der Stimmen und fluchte. Sein junger Kollege war auf dem Weg zum Tatort. Dann fiel ihm plötzlich etwas ein und er griff nach dem Bild der Kaiserin, hängte es ab und drehte es um. Auf den ersten Blick war nichts zu sehen, nur eine gewöhnliche schmutzig-weiße Rückseite ohne Buchstaben oder Zahlen.
    Die Stimmen waren nun vor der Tür angelangt und ratloses Suchen nach einem Schlüssel hatte begonnen. Wagner schaute Berner fragend an. Der Kommissar legte den Finger auf seine Lippen und fuhr vorsichtig tastend über die Rückseite des kleinen Bildes. Er spürte eine ganz flache Erhebung an der linken unteren Ecke, löste behutsam das Klebeband, das den Karton festhielt, und zog es ab. Ein kleiner, flacher Schlüssel mit runden Einkerbungen fiel in seine Hand. Wagner pfiff lautlos durch die Zähne.
    »Glücksgriff«, flüsterte Berner. »Ohne Professor Sina hätte ich die Kaiserin nie erkannt.«
    Er hängte grinsend das Bild wieder an seinen

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