Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
Vom Netzwerk:
Rätsel der Menschheit? Das fiel mir noch immer schwer, trotz meiner Geheimdienstarbeit und der jahrelangen Erfahrung. Also versuchte ich hier einige Wissenschaftler zu befragen, Experten zur Mitarbeit zu gewinnen. Darunter waren auch Kenner des Talmud, der Thora und natürlich der Kabbala.« Er schaute Goldmann von der Seite an, um zu sehen, ob sie lächelte. Aber Valerie blickte noch immer ernst über das Häusermeer der Stadt. Die Dimension und die Ungeheuerlichkeit der Situation dämmerte ihr erst langsam. Wie sollte man auch das Unglaubliche von einer Sekunde auf die andere als gegeben hinnehmen?
    Shapiro schwieg. Als er weitersprach, war seine Stimme noch leiser und Valerie musste sich anstrengen, um ihn zu verstehen. »Das ist kein Spaziergang nach Wien, Major Goldmann. Wenn auch nur ein Funken an den Meldungen und den Schlussfolgerungen wahr ist, dann ist uns jemand bereits um mehr als ein paar Nasenlängen voraus. Und diesen Vorsprung wird er mit Klauen und Zähnen verteidigen. Sie wissen ganz genauso wie ich, was es bedeuten würde, wenn irgendeine Nation auf dieser Welt die Kenntnisse hätte, die zwei Kaiser bereits vor hunderten von Jahren hatten. Auch wenn es uns noch so unwahrscheinlich vorkommt.«
    Valerie nickte. Je länger sie darüber nachdachte, umso beklemmender wurde ihr bewusst, wie groß die Verantwortung war, die Shapiro auf ihren Schultern ablud. Das war nicht mehr das Gerede einiger Verschwörungstheoretiker, die in allem und jeden einen Komplott und eine Gefahr für die Menschheit sahen. Wenn auch nur ein Körnchen Wahrheit in dem war, was Shapiro vermutete, was die Experten nach einer langen Nachtkonferenz auch nur ansatzweise für möglich gehalten hatten, dann …
    »… dann gnade uns Gott«, sagte Valerie laut und lehnte die Stirn gegen das kühle Glas der Fensterscheibe.
    »Ja, zu dem Schluss bin ich auch gekommen«, seufzte Shapiro, »ich weiß nur nicht, ob er uns gerade zuhört …«
    Als Valerie die Mossad-Zentrale verließ, hatte es begonnen zu regnen. Sie nahm sich ein Taxi zur Wohnung ihrer Eltern und lehnte sich in die Polster zurück, nachdem sie dem Fahrer die Adresse genannt hatte. Sie freute sich darauf, ihre Eltern wiederzusehen und eine Nacht in ihrem alten Zimmer zu verbringen, voller Erinnerungen, alten Plakaten von AC/DC und Fotos von Freunden und Mitschülern. Ihr Platz auf dem Flug nach Wien war reserviert und sie würde morgen um 04:30 Uhr am Flughafen sein.
    Valerie sah die Straßenzüge nicht, die an den Fenstern des Taxis vorbeihuschten. Sie war noch immer beeindruckt von dem Gespräch mit Shapiro, mehr als sie es wahrhaben wollte. Sie würde in Österreich mehr brauchen als ihre jahrelange Kampferfahrung und ihren Teamgeist, mehr als Menschenführung und den traumwandlerischen Umgang mit Waffen. Ihre Gedanken kehrten zu dem Truppenübungsplatz im Jordantal und zu der Gruppe ihrer Männer zurück. Wäre es nicht besser gewesen, ins Wadi al-Maleh zurückzukehren und einfach das restliche Trainingsprogramm durchzuziehen? Fast war Valerie versucht, ihr Telefon herauszuholen und den Geheimdienstchef anzurufen, abzusagen, alles zu vergessen. Der »Ausflug nach Österreich«, wie Shapiro den Einsatz genannt hatte, war keine Übung, im Gegenteil. Die Verantwortung, die Valerie übernommen hatte, war ungeheuer groß und nicht einmal Oded Shapiro konnte die volle Tragweite abschätzen.
    Das Taxi ließ sie vor dem Haus ihrer Eltern aussteigen und auf dem Weg in den dritten Stock beschäftigte sie nur ein einziger Gedanke: Hatte Shapiro ihr alles gesagt, was er wusste, oder war da noch etwas, das er ihr verschwiegen hatte? Sie kam sich vor wie in einem dunklen Raum, eingesperrt mit vielen Menschen, die sie alle sehen konnten. Nur sie selbst war blind wie ein Maulwurf.
Donaustadt, Wien/Österreich
    D ie Häuser wurden immer kleiner, niedriger, schienen sich zu ducken und in Deckung zu gehen, um dem Abriss zu entkommen. Die freien Wiesenflächen wurden größer, die Baulücken häufiger. Autohändler, Gärtnereien und Holzhandlungen existierten einträchtig nebeneinander. Die östliche Wiener Vorstadt, das Tor zur pannonischen Tiefebene oder zum Balkan, je nachdem wie man es sah, unterschied sich von jeher von den noblen Vororten im Westen oder Norden. Jenseits der Donau, auf der anderen, der billigen Seite des Stromes, hatten sich nach dem Krieg kleine Handwerksbetriebe angesiedelt, am Wirtschaftswunder mitverdient und waren trotzdem in Familienhand geblieben. Als manche in

Weitere Kostenlose Bücher