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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Griff in den Flur. Sie waren erst wenige Stufen die Treppe hinuntergegangen, Aaro voran, der Mann hinter ihm, als unten die Haustür aufging und jemand die Treppe heraufkam. Aaro fragte sich, wer das sein mochte, denn die Leute aus dem Erdgeschoss hatten im ersten Stock nichts zu suchen, und die oberste Etage stand leer.
    Ein dunkelhaariger Mann kam ihnen entgegen. »Aaro? Ich bin Léon Picard, ein Kollege deines Vaters …«
    Im Nu erfasste Aaro die Situation – ebenso der Fremde hinter ihm.
    Aaro packte Picard am Arm und machte einen Satz hinter dessen Rücken. »Der Typ da ist gerade gekommen, um mich abzuholen, ich weiß nicht – kennen Sie den?«
    Im selben Moment versuchte der Fremde an Picard vorbei nach unten zu rennen, aber Picard brachte ihn zu Fall und zog eine Waffe unter der Jacke hervor.
     
    »Der Gedanke ist absurd«, flüsterte Doktor George Rauber schwitzend und blass am Konferenztisch in einem abhörsicheren Raum des Pentagons. Was war, wenn sie nicht Ebola einsetzen wollten, sondern das CGV-Virus?
    »Die Hitze und die Druckwelle der Atombombe würden das Virus zerstören …«
    »Das kommt auf den Zündmechanismus an«, sagte der moderierende Oberst. »Machen Sie sich über diesen Teil der Prognose keine Gedanken. Konzentrieren Sie sich auf unsere Fragen.«
    Um den ovalen Tisch saßen Aerobiologen, Virologen, Kernphysiker und Biochemiker aus verschiedenen Abteilungen der Armee sowie Beamte der CIA und anderer Regierungsbehörden. »Das CGV-Virus bleibt ohne Wirt oder geregelte Wachstums-Verhältnisse nicht lange am Leben. Das gilt für jedes andere Virus auch.«
    »Außer in granulierter Form«, ergänzte ein Virologe von USAMRIID.
    »Außer in granulierter Form«, bestätigte Rauber.
    »Verfügt Ralf Denk über die Fähigkeiten und Voraussetzungen zur Granulierung von CGV-Viren?«, fragte der Oberst.
    Rauber starrte niedergeschlagen vor sich hin. »Es würde ihm fachlich wohl kaum Probleme bereiten.«
    »Und die praktische Seite? Man brauchte eine riesige Anzahl von Viren …«
    »Starke Bioreaktoren kann man problemlos überall kaufen. Darin können Hunderte Trillionen von Viren gezüchtet werden. Man braucht nur ein paar größere Kunststofftanks und entsprechende Zellverbände.«
    »Wie sieht das Szenario aus, wenn das CGV-Virus als Bioaerosol in die Atmosphäre gelangt?«
    Rauber schwieg eine Weile, bevor er antwortete: »Eine Krankheit, vergleichbar mit Aids oder SARS, die man nicht von außen erkennt, die seinen Träger aber unfruchtbar macht, verbreitet sich zeitgleich auf der ganzen Welt.« Raubers Stimme wurde leiser. »Falls kein Mittel dagegen gefunden wird, wäre das das Ende der Menschheit.«
     
    Mit seinen zitternden, schmutzigen Fingern löste Ralf die letzte Mutter an dem Metallgehäuse. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Nortamos Kollegen über exakte Informationen verfügten. Denn sonst wäre Nortamo nicht allein gekommen. Früher oder später würden sie allerdings nach ihm suchen.
    »Warum ausgerechnet hier?«, fragte der gefesselte Finne. »Wegen des Gesteins und der geologischen Formation?«
    »Ruhe!«, zischte Ralf. Er legte die Mutter auf die Steinplatte, neben einen kleinen weißen Finger inmitten eines dunklen Flecks.
    Ilgar beugte sich neben Ralf zu der Ladung hinab.
    »Geh aus dem Licht!«, schnauzte Ralf ihn an.
    Ilgar ging auf die andere Seite des Metallkastens. Ralf schraubte den schweren Deckel auf und öffnete das Gehäuse.
    Für einen Moment stand die Zeit still. Ralf und Ilgar schauten einander schockiert und ungläubig an.
    Ralf nahm eine Bleiplatte aus dem Gehäuse, dann eine zweite. Mit Hilfe von braunem Packpapier war dafür gesorgt worden, dass sie nicht ins Rutschen gerieten.
    Gewichte. Nichts als Gewichte. Von der Kernladung keine Spur.
    »Scheiße«, stieß Ralf mit erstickter Stimme hervor.
     
    Timo begriff sofort, dass etwas Unvorhergesehenes passiert war.
    »Sakombi«, zischte Ralf und fixierte einen Moment lang einen Punkt vor sich. Dann schnappte er sich die Lampe und die Machete und ging zielstrebig auf Timo zu.
    »Was ist los?«, fragte der.
    Ralf schnitt die Nylonschnüre durch, mit denen Timos Hände und Füße gefesselt waren. »Steh auf!«
    Timo versuchte sich aufzurichten. Im Stumpf des kleinen Fingers pulsierte der Schmerz, seine Fußsohlen waren gefühllos. Die halbdunkle Höhle bot dem Blick keinen Fixpunkt, ihm wurde schwindlig, und er sackte zusammen.
    Ralf griff ihm unter die Arme. »Steh auf! Setz dich auf den Karren, wenn du

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