Ewige Nacht
eingelassen, hinter der sich der Überwachungsraum befand. Das dunkle Glas spiegelte die Kontrolllampen der Apparate.
Plötzlich ertönte der Summer. Über der Tür, die an die Durchgangsschleuse eines U-Boots erinnerte, blinkte eine orangefarbene Lampe, an der Decke sprangen die Leuchtröhren an.
Der Papst reagierte nicht. Eine Frau im Bio-Schutzanzug trat ein. Hinter dem Plexiglas des astronautenähnlichen Helmes war das Gesicht von Doktor Campbell zu erkennen. Sie näherte sich vorsichtig dem Patienten.
»Wie geht es Ihnen?« Der Helm dämpfte ihre Stimme. Sie ließ bewusst alle üblichen Zusätze wie »Heiliger Vater« weg. Hier begegneten sich Arzt und Patient, da war jeder hierarchische Rang irrelevant.
Ohne zu antworten, drehte der Papst langsam den Kopf.
Campbell schaute den Patienten eine Weile an. »Wir haben beschlossen, in einer Stunde eine weitere Bluttransfusion vorzunehmen.«
»Wird das helfen?«
»Gewiss. Mit Ihrer Zustimmung möchten wir Ihnen außerdem ein neues Breitband-Anti-Virus-Medikament geben, das sich in einem britischen Forschungszentrum gerade in der Testphase befindet. Was sagen Sie?«
Der Patient nickte mühsam.
Campbell beugte sich über ihn, nahm seine Hand und prüfte die Armbeuge, wo die Kanüle in die Vene ging. Allein die Berührung seiner Hand verursachte eine kleine Blutung, die sich kaum stillen ließ. Campbell nahm sterilisierte Watte und drückte sie auf die Haut.
Die Karte des südöstlichen Kongo war auf der Stahlplatte des Tisches mit herzförmigen rosa Magneten fixiert. Wie wenig die zum nüchternen Stil des NATO-Hauptquartiers passen, dachte Timo, aber vielleicht waren die seriöseren Magneten einfach ausgegangen.
William D. Fitzroy räusperte sich. Der Amerikaner mit der eckigen Brille war zu einer kurzen Dienstreise in Europa. Eigentlich arbeitete er als Wissenschaftler in einer Abteilung namens ANWEP im Pentagon. Timo verstand nicht, wie die Amerikaner es schafften, sich nicht im Dschungel ihrer Abkürzungen zu verirren. ANWEP, das Atmospheric Nuclear Weapon Effects Program , erforschte die Auswirkungen von Atomexplosionen in der Atmosphäre.
Die Karte wurde von einer starken Lampe angestrahlt. Um den Punkt auf dem Mwanga-Berg waren mit Filzstift konzentrische Kreise gezeichnet worden, wie auf einer Wetterkarte.
»Würde man eine SADM von vier Kilotonnen in diesem Gebiet explodieren lassen, wären die Probleme minimal«, sagte Fitzroy, wobei er den Teleskopstock über die Karte schwenkte. »Die Bevölkerungsdichte dort liegt praktisch bei null.«
»Aber breitete sich der Fallout nicht über ein größeres Gebiet aus?«
»Im Prinzip über den ganzen Erdball. Der Niederschlag setzt sich aus unterschiedlichen radioaktiven Isotopen zusammen, die sich mit der Zeit verändern.«
»Und wie gefährlich sind diese Isotopen?«
»Ein Teil ist problematisch. Jod-131, Strontium-90 und -89, Cäsium-137. Befindet sich der Explosionsort in einer Höhle, ist der Fallout geringer als bei einem Atomversuch in der Atmosphäre. Aber die Höhle ist nicht tief, weshalb der Fallout beträchtlicher ist als bei einem unterirdischen Versuch. Trotzdem wird die Explosion der Ladung keine globale Strahlung verursachen. Der afrikanische Kontinent und ein Teil der südlichen Erdhalbkugel bekommen eine kleine Dosis zusätzlicher Strahlung ab, aber die geht in der normalen Hintergrundstrahlung unter. Weltweit sind bislang über 2000 Atomversuche durchgeführt worden, davon 500 in der Atmosphäre. Und ein Teil davon mit großen Ladungen. Darf ich meine persönliche Meinung äußern?«
»Genau die will ich hören.«
Fitzroy blickte auf die Infrarotaufnahme neben der Karte, auf der kein Pflanzenbewuchs die Landschaftsformationen überzog. Deutlich sah man die uterushafte, ovale Form. »Die Höhlen des Mwanga befinden sich in porösem, vulkanischem Gestein, unter einem uralten Krater. In diesem Krater gibt es heute eine reiche Vegetation, Wald und Feuchtgebiete. Stellenweise sogar zwei bis drei Meter tiefes sumpfiges Gelände, was selten in dieser Gegend ist.«
Timo wartete, dass Fitzroy weitersprach, aber dieser starrte nur auf das Bild.
»Und?«
»Würde man die Explosion dort stattfinden lassen, würde ihre Energie eine riesige Menge Erde, Wasser und Vegetation in die Luft schleudern.«
Wieder machte Fitzroy eine lange Pause.
»Das heißt?«
»Nichts. Ich frage mich bloß, warum sich jemand genau diesen Ort ausgesucht hat.«
»In den Mythen jener Gegend gilt der Mwanga als
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