Ewige Treue
Erdnüssen. War eine zu wenig darin, wurde der Kunde betrogen. Eine zu viel kostete die Fluggesellschaft teures Geld.
Flugpersonal und Piloten durften ihre Uniformen nicht verändern, nicht einmal mit nicht vorschriftsmäßigen Manschettenknöpfen oder Strumpfhosen in einer nicht genehmigten Farbschattierung.
Fosters Besessenheit hätte seine Angestellten bestimmt meutern lassen, wenn er nicht ein solches Charisma besessen hätte. Aber im persönlichen Gespräch wirkte er so entwaffnend, dass sich jeder seinen Launen beugte. Die meisten reagierten eher amüsiert als ungeduldig. Man zog ihn sogar deswegen auf. Man betrachtete das als Schrulle, genauer gesagt als liebenswerte Schrulle. Und niemand, nicht einmal seine strengsten Kritiker, konnten ihm den Erfolg absprechen.
Nur Laura betrachtete Fosters Zwangsneurosen aus einem anderen Blickwinkel, denn sie musste damit leben. Sie deckte ihn, damit ihre Angestellten nichts davon mitbekamen. Sie allein wusste, wie sehr sein Leben davon beherrscht wurde. Immer mehr, konnte man meinen. Seine Neurosen waren ein Teil seines Wesens. Weil Laura ihn liebte, akzeptierte und tolerierte sie das. Dennoch war das früher leichter gewesen. Davor.
Laura stand auf, trat ans Fenster und massierte ihre Oberarme, um die kalte Luft der Aircondition abzuwehren. Sie drehte die Kurbel für die Jalousien und spähte durch die Schlitze auf den Verkehr, der über die Stadtautobahn jagte. Ein Jet der SunSouth hatte gerade abgehoben und drehte in Richtung Westen ab. Der 3:45er nach Denver, dachte sie automatisch.
Sie sah dem Jet beim Aufstieg nach, bis sich die Sonne auf dem silbernen Rumpf spiegelte und der gleißende Lichtstrahl ihr ins Auge stach. Aber dann erkannte sie, dass das, was ihr in den Augen brannte, Tränen waren. Sie ließ den Kopf gegen den Fensterrahmen sinken, kniff die Augen zusammen und presste die Tränen heraus. »Ich will mein Leben zurück«, flüsterte sie.
Nach Elaines Tod hatte Foster ein Jahr gewartet, bevor er mit Laura ausgegangen war. Im ersten Moment hatte Laura seine Einladung falsch interpretiert und geglaubt, er hätte sie eingeladen, ihn zu geschäftlichen Zwecken auf den Galaempfang einer Wohltätigkeitsorganisation zu begleiten. Doch als mehrere Dutzend weiße Rosen in ihrem Apartment abgegeben wurden, bevor er sie abholen kam, begann ihr aufzugehen, dass vielleicht mehr im Spiel sein könnte. Sie konnte nicht verhehlen, dass ihr Herz bei diesem Gedanken zu flattern begann.
Am Ende des Abends gab es keinen Zweifel mehr, dass die Verabredung de facto ein Date gewesen war. Falls Foster einen anderen Bereichsleiter – etwa den Finanzvorstand – gebeten hätte, ihn zu begleiten, hätte er wohl kaum seine beiden Hände ergriffen und ihn zum Abschied auf die Wange geküsst.
Immer öfter gingen sie abends miteinander aus. Es gab Abendessen nach der Arbeit, samstägliche Segelnachmittage auf den Seen in der Umgegend, sonntägliche Nachtessen, die sie bei sich zubereitete. Sie begleitete ihn zu seinen Polospielen, und er hatte keine Hemmungen, sie nach einem Sieg vor seinen versammelten Mitspielern zu küssen. Sie begann ihn regelmäßig zu Dinnerpartys und öffentlichen Anlässen zu begleiten. Sie hörte auf, sich mit anderen Männern zu treffen, und ließ sich nicht einmal mehr von ihrem Tennispartner einladen, der sie mit ihrem neuen Lover aufzuziehen begann.
Ein so frivoler Begriff passte ganz und gar nicht auf Foster Speakman, dennoch benahm er sich außerhalb des Büros genau so. Je mehr Zeit sie miteinander verbrachten, desto weniger keusch waren ihre Umarmungen. Immer öfter tauchte er mit seinem Lächeln, seinen Augen, seinen Marotten in ihren Gedanken auf. Sie merkte, dass sie sich in schwülstigen Tagträumen mit ihm in der Hauptrolle verlor, was ihr noch nie bei einem Mann widerfahren war, nicht einmal in der Pubertät. Sie hatte immer ein aktives Sozialleben geführt. Sie hatte eine nicht geringe Zahl an ständigen Freunden gehabt und genug Liebhaber, um sich ihrer Reize sicher zu sein, aber nicht so viele, dass ihr die Anzahl peinlich gewesen wäre.
Doch hatte es darunter keine wirklich ernsthafte Beziehung gegeben, hatte sie nie einen herzzerreißenden Liebeskummer ausgestanden, nie eine Verlobung platzen lassen. Weil sie an jede Romanze, auf die sie sich je eingelassen hatte, vom ersten Teenie-Date bis zu dem letzten Mann, mit dem sie geschlafen hatte, von Anfang an eine Bedingung gestellt hatte. Sie durfte ihrem beruflichen Aufstieg
Weitere Kostenlose Bücher