Ewige Treue
einen hohen Preis. Um befreundet zu sein, musste man geben und auch annehmen. Griff fand beides gleich schwer. Coach und Ellie hatten das irgendwann begriffen und ihn nicht länger gedrängt, Freunde zu finden, sondern sich damit abgefunden, dass er lieber mit sich allein als mit jemand anderem zusammen war.
Dennoch war er in seinem früheren Leben ständig von Menschen umgeben gewesen, auch wenn er sich nicht mit ihnen befreundet hatte. In der Schule, bei den Cowboys, in Big Spring. Jetzt war er wirklich allein. Und so hatte er vor ein paar Tagen aus schierer Verzweiflung einen seiner ehemaligen Teamkameraden angerufen, mit dem er vergleichsweise vertraut gewesen war.
Der ehemalige Tight End, dem inzwischen eine erfolgreiche Softwarefirma gehörte, gratulierte ihm zu seiner Entlassung und log ihn an, dass er sich freute, von ihm zu hören. Doch als Griff vorschlug, gemeinsam auf ein Bier zu gehen, spulte der Mann innerhalb von dreißig Sekunden ein Dutzend Ausreden ab und erwähnte dabei auch, dass er verheiratet sei.
»Sie ist ein tolles Mädchen, versteh mich da nicht falsch. Aber sie hält mich an der kurzen Leine. Du weißt, wie das ist.«
Ehrlich gesagt nein. Aber er wusste sehr gut, dass dieser große, zähe Exfootballspieler sich lieber als rückgratlosen Pantoffelhelden darstellte, als mit Griff ein Bier zu trinken.
Heute Abend hatte Griff sich schick gemacht, weil er es keinen weiteren Abend in der Einzelhaft seines Apartments ausgehalten hätte, und sich auf die Suche nach einem Laden gemacht, in dem etwas los war. Schließlich war er in einem In-Viertel auf diese teure Sportbar gestoßen. Der Laden war schnittig und cool und schenkte mehr Martinis mit Fruchtsaft aus als Bier. Hier verkehrten die Jungen, die Schönen und Fitten. Griff war wahrscheinlich der Blasseste hier.
Er wurde von den Mittzwanzigern in ihren winzigen Sommertops und Miniröcken beäugt. Er äugte zurück, allerdings ohne echten Ehrgeiz. Was ihn überraschte, weil er seit Marcia keinen Sex mehr gehabt hatte.
Na gut, außer mit Laura Speakman.
Denk nicht dran.
Das sagte er sich jedes Mal, wenn seine Gedanken dorthin abschweifen wollten.
Die Gäste standen dicht gedrängt um die runde Bar. Er musste fast eine halbe Stunde warten, bis endlich ein Barhocker frei wurde. Er setzte sich und bestellte ein Bier und einen Burger. Während er aß, verfolgte er ein Baseballmatch auf dem über der Mitte der Bar aufgehängten Großbildfernseher.
Irgendwann fiel ihm eine Brünette auf, die ihm zugewandt auf der anderen Seite der Bar saß. Jedes Mal, wenn ihr Freund – oder Mann oder was auch immer – nicht hinsah, ließ sie ein Lächeln und ein bisschen nackten Busen aufblitzen. Abgesehen davon zeigte Griff kein Interesse an den Bardramen, die sich um ihn herum abspielten.
Er dehnte sein Mahl über fünf Innings des Spieles aus. Um seinen Barhocker nicht aufgeben und um nicht in die Leere seines Apartments zurückkehren zu müssen, bestellte er ein zweites Bier, obwohl er eigentlich keine Lust darauf hatte.
Die Rangers lagen drei Punkte vorn. Sie hatten eine gute Saison. Falls sie es in die Play-Offs schafften, wurde die Sache interessant. Ansonsten hatte er nicht viel für Baseball übrig. Was war das für ein Sport, bei dem sich das perfekte Spiel dadurch auszeichnete, dass rein gar nichts passierte? Baseballfans würden ihm garantiert widersprechen und behaupten, dass bei einem No-Hitter, bei dem der Werfer keinen gültigen Schlag seiner Gegner zuließ, eine Menge passierte, aber er konnte das nicht finden.
Natürlich wurde jedes Baseballspiel gleich viel interessanter, wenn man auf das Ergebnis gewettet hatte.
So unschuldig hatte seine Wettleidenschaft angefangen. Er hatte zum Spaß gewettet. Noch während seiner Zeit als Universitätsspieler hatte er regelmäßig bei den Buchmachern angerufen und Wetten auf die Spiele der NCAA abgegeben, obwohl er nie auf ein Longhorn-Spiel gewettet hatte. Allerdings hätte er das nur zu gern gewollt. Der Versuchung, auf sein eigenes Team zu setzen, hatte er erst nachgegeben, als er zu den Cowboys geholt wurde.
Der Psychologe, der ihn in Big Spring betreut hatte, hatte dazu seine eigene Theorie. Er meinte, dass Griffs unverhofftes Glück ihm Schuldgefühle bereitete. In seinem Seniorjahr waren die Longhorns Landesmeister geworden. Mit zwei Stimmen mehr hätte er die Heisman-Trophäe bekommen. Er war der Spieler, der von den Proficlubs am heftigsten umworben wurde, und ein echter Gewinn für die
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