Ewige Versuchung - 5
Pferd hieven, ohne dass jemand es bemerkte. Und die Morgendämmerung war viel zu nahe, als dass sie weit mit ihm käme.
Also streichelte sie ihn, lehnte sich an ihn und streifte seine Lippen mit ihren, so dass sie die schwach kupfrige Note ihres eigenen Blutes schmeckte. Es sollte sie ekeln, was es jedoch nicht tat. Vielmehr empfand sie eine verstörende Erregung.
Er wich zurück, ehe sie seinen Mund erkunden oder sein Hemd vorn noch mehr durchnässen konnte, indem sie sich an ihn drückte. Mit einem Platschen fiel Vivian in die Wanne zurück, als Temple sich erhob.
»Du bist nun ein Teil von mir«, erklärte er ihr, während er sich dem Fenster näherte. »Du bist
mein
. Sollten unsere Wege sich erneut kreuzen, könnte ich beschließen, mein Eigentum einzufordern.«
Es war ein bisschen finster und seltsam zynisch zugleich, wenn ein Vampir von
kreuzen
sprach, aber Vivian lachte nicht. Sie war zu sehr mit dem verstörenden Drang beschäftigt, sich ihm zu Füßen zu werfen und ihn anzuflehen, sie noch einmal zu beißen. Sie zitterte.
Zitterte.
Und sie war allein. Nichts als das sanfte Flattern der Vorhänge vor dem offenen Fenster und das leichte Brennen an ihrer Schulter deuteten noch darauf hin, dass er hier gewesen war.
Nicht zu vergessen der Geschmack ihres eigenen Blutes in ihrem Mund. Sie hob eine Hand an ihre Lippen, fröstelnd in dem abgekühlten Wasser und zugleich von brennender Wut erfüllt.
Sollten unsere Wege sich erneut kreuzen, könnte ich beschließen, mein Eigentum einzufordern.
Ihr blieb gar keine andere Wahl. Ehrgefühl und Pflicht banden sie, und beiden musste sie gehorchen, gleich morgen, sagte sie sich. Aber das war es eigentlich nicht. Natürlich würde sie ihre Pflicht Rupert gegenüber erfüllen. Sollte sie dagegen ehrlich sein, musste sie zugeben, dass sie sich auf das freute, was geschähe, wenn ihre und Temples Wege sich aufs Neue kreuzten.
Sie würde ihm folgen. Und falls Temple sein Eigentum dann wie versprochen einforderte, musste sie ihr Bestes geben und ihrerseits Anspruch auf ihn erheben.
Kapitel 3
Wenige Nächte später …
D ie Frau zielte mit einem Gewehr auf seinen Kopf.
Wiewohl sie ein winziges Geschöpf und nur mit einem Morgenmantel bekleidet war, hielt sie die Waffe vollkommen ruhig in den Händen, die weder verschwitzt waren noch im mindesten zitterten. Nein, sie wusste, was sie tat, und sie wirkte kein bisschen zögerlich. Sollte sie ihn als Bedrohung in ihrem kleinen sicheren Hafen empfinden, würde sie ihn fraglos erschießen.
Langsam drehte Temple sich um und lächelte auf den blinkenden Gewehrlauf hinab, damit sie ihn im hellen Mondschein sehen konnte, der auf den Balkon fiel. »Willst du etwa einen alten Freund erschießen, Brownie?«
Kimberly Cooper-Brown, genannt Brownie, stieß einen verärgerten Laut aus und nahm die Waffe ein kleines Stück herunter. »Jesus, Maria und Josef! Ich hätte dich erschießen können, du verfluchter Narr!«
Lachend tippte Temple den Gewehrlauf mit einem Finger beiseite. »Hast du aber nicht. Und sofern du keine Silberkugeln geladen hast, bezweifle ich, dass du mir großen Schaden zugefügt hättest.«
Schnaubend wischte die kleine Frau sich eine rotblonde Locke aus dem Gesicht. »Bei deinem Dickschädel wohl nicht.« Sie senkte das Gewehr und stellte es mit dem Lauf nach unten neben sich. »Und jetzt begrüße mich richtig, du tumber Klotz!«
Er nahm die winzige, zarte Gestalt in seine Arme, wobei diese mühelos zweimal um sie herumgereicht hätten. Doch so klein Brownie auch sein mochte, konnte sie es an Kampflust mit sämtlichen Kriegern aufnehmen, die er kannte – und war ihnen in puncto Verschlagenheit allemal überlegen. Ihr vertraute er sein Leben an, seine Geheimnisse und seine Freunde. Deshalb war er hier.
»Hier« war die Insel Clare, ein bezauberndes Juwel vor der irischen Küste. Die Insel war karg und ebenso schwer zu erreichen wie zu verlassen, sofern man nicht fliegen konnte wie Temple oder ein Boot besaß. Es gab einen Fährdienst zwischen Insel und Festland, und Brownie kannte jeden auf der Insel. Niemand setzte einen Fuß auf den Strand, ohne dass Temple es erfuhr, nicht ohne Hilfe jedenfalls.
Brownie wohnte hier in der Schule. Die »Garden Academy for Young Ladies« wurde ausschließlich von Frauen geführt, der Lilith-Schwesternschaft. Sie verehrten das erste Weib Adams, die Mutter aller Vampire, dieselbe Frau, deren Blut in Temples Adern floss. Als er mit seinen Freunden und Brüdern vor
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