Ewiger Schlaf: Thriller
seinem Hirn versuchte Waters, klar zu denken, doch Cole sprach bereits weiter. Sein Gesicht war nass vor Tränen und Rotz; sein rechter Arm lag quer über Waters’ Brust und hielt ihn an der Wand fest. »Hör mir zu, Johnny. Ich versuche zu tun, was du mir gesagt hast! Aber das ist dir ganz egal!«
Waters erstarrte.
»Du hast gelogen!«, rief Cole. »Du sagtest, du würdest Lily aufgeben und zu mir kommen, wenn ich in eine andere Frau überginge. Aber das war gelogen!«
Waters’ Herz stockte; dann fing es wieder zu schlagen an, jedoch so unregelmäßig, dass er befürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Er schloss die Augen; seine Verwirrung ging so tief, dass sie sich anfühlte wie ein psychischer Peitschenschlag.
»Sag was!«, verlangte Cole. »Sieh mich an!«
Waters schlug die Augen auf. Das Gesicht seines Partners, vor einem Augenblick noch bleigrau, war jetzt leichenblass, und sein Mund bewegte sich unablässig in einem lautlosen Kampf zwischen Wut und Verzweiflung. Waters versuchte sich an den Gedanken zu klammern, dass Cole nur eine weitere Szene in einem Drama spielte, das geschrieben worden war, um ihn seines Verstands zu berauben, doch die kühle Vernunft zwang ihn, die schreckliche Wahrheit zu sehen. Cole war kein so guter Schauspieler. Er konnte den Ehemännern, denen er Hörner aufgesetzt hatte, etwas vormachen, doch der Schmerz und die Verwirrung, die jetzt in seinem Gesicht standen, waren dem Mann, den Waters schon sein Leben lang kannte, fremd. Cole Smith verfiel nicht in Panik – und sie auf diese Weise vorzutäuschen, überstieg seine Fähigkeiten.
»O Gott«, stieß Waters hervor. »Nein ...«
Plötzlich trat ein seltsames Glühen in Coles Augen, und seine Lippen verzogen sich zu einem verzerrten Lächeln. Schreckliche Angst, wie Waters sie noch nie erlebt hatte, schien seine Eingeweide zu verflüssigen. Heute Morgen, als er mit Penn gesprochen oder sich bei der Polizei hatte Blut abnehmen lassen, war Mallory seiner Anweisung von letzter Nacht gefolgt – auf eine Weise, die ihr ein irres Vergnügen bereitet haben musste. Als Lily hatte sie Cole verführt und so auf einen Schlag die Frau, die Waters liebte, vergewaltigt und seinen besten Freund seines Bewusstseins beraubt. Die Vorstellung, wie Cole mit Lily schlief, trieb Waters zu so ohnmächtiger Wut, dass sie an Wahnsinn grenzte. Er rammte Cole das Knie zwischen die Beine und hämmerte ihm eine Faust unters Kinn. Der große Mann fiel nach hinten und schnappte nach Luft. Waters flüchtete sich hinter den Schreibtisch. Zwei Schläge würden einen Mann von Coles Größe nicht lange aufhalten, also griff er in Coles Schublade und holte die Magnum .357 heraus.
»Sag mir, was du getan hast!«, brüllte er und richtete die Waffe auf Cole. »Du hast Lily mit Cole schlafen lassen, nicht wahr?«
Cole versuchte sich aufzurichten, schaffte es aber nicht. Der Tritt in die Weichteile hatte ihn gelähmt. Doch er hob das Gesicht, sodass Waters das triumphierende Leuchten in seinen Augen sehen konnte.
»Es war nicht ...«, Cole keuchte, »war nicht wie beim ersten Mal, als sie es getan hatten. Es erforderte nicht viel Überzeugungskraft, deinen Partner dazu zu bringen, in dein Haus zu kommen, Johnny. Und es war sogar noch einfacher, seine Dienste im Schlafzimmer einzufordern. Lily kaufte eine Flasche Johnnie Walker, um ihn aufzuwärmen, dann klapperte sie mit den Wimpern und vergoss ein paar Tränen, und schon hing er auf ihr wie ein Jagdhund.«
»Lily hat mich niemals mit Cole betrogen!«
»Nicht, seit ihr verheiratet seid. Aber Cole hat sehr angenehme Erinnerungen an Lily als Erstsemester. Vor allem, weil sie deine Frau ist. Lily war nichts Besonderes im Bett, aber sie war jung und knackig. Eine nette Ablenkung für einen Freitagabend.«
Waters flehte stumm, dass es eine von Mallorys Lügen war, doch die Übelkeit im Magen ließ ihn erkennen, dass sie wahrscheinlich die Wahrheit sagte. Er schluckte seine Antwort herunter und spannte den Abzug der Waffe.
»Und keiner von beiden hat dir je davon erzählt«, sagte Cole. »Die ganze Zeit, während du dich in sie verliebt hast, mit ihr geprahlt hast, Cole erzählt hast, wie toll sie sei, hat er sich daran erinnert, wie er sie gehabt hatte. Das ist Freundschaft, nicht wahr?«
Waters verspürte eine seltsame Erleichterung. Bei all ihren Bemühungen, Lily und Cole schlecht dastehen zu lassen, hatte Mallory ihm nur klar gemacht, dass die beiden sich keines anderen Vergehens schuldig gemacht hatten als einer
Weitere Kostenlose Bücher