Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)
sich jetzt völlig dem Schlaf hinzugeben.
Sie verschwand noch einmal im Bad, um sich die Zähne zu putzen und löschte dann das Licht in ihrer kleinen Wohnung. Sie war seltsam nervös. Die plötzliche Dunkelheit machte ihr Angst, auch wenn sie sich das nicht eingestehen wollte. Daher zwang sie sich zur Ruhe, verzichtete darauf, noch einmal sämtliche Räume abzusuchen und machte sich fertig für die Nacht. Die Tür ihres Schlafzimmers ließ sie einen Spalt offen, damit Asrael und Kleopatra hereinkonnten, aber durch den Türspalt kroch auch beunruhigende Dunkelheit herein.
Virginia schlüpfte unter die Bettdecke und atmete tief durch. Sie hatte beschlossen, das kleine Lämpchen auf ihrem Nachtschrank brennen zu lassen – was für ein kindliches Verhalten – und versuchte, sich zu entspannen. Aber sobald sie die Augen schloß, sah sie wieder das Gesicht. Das Gesicht aus ihrem Traum. Lebendig. Als hätte sie dieses Gesicht schon einmal irgendwo gesehen. Es hatte nichts Böses an sich, daher war Virginia über ihre irrationale Nervosität verärgert. Wahrscheinlich war sie dem jungen Mann in irgendeinem Club begegnet oder sogar in der Stadt und konnte sich nur nicht mehr an ihn erinnern. Ja, so war es wahrscheinlich gewesen. Virginia verbannte die Gedanken an ihren Traum aus ihrem Kopf und schlief auch bald darauf ein.
Alex sah in ihre angstvollen Augen. Sie wußte, daß sie sterben würde. Es war kein besonders schmerzvoller Tod, aber der Gedanke an das Ende trieb ihr immer wieder die Tränen in die Augen. Sie war wie hypnotisiert, starrte in seine Augen und versuchte, vielleicht noch einen Hoffnungsschimmer zu erkennen.
Er war erstaunt über ihre Fassungslosigkeit. Hatte sie wirklich gedacht, er wollte nur Sex? Er schüttelte müde den Kopf. Sie hätte sich ihm hingegeben, aber das bedeutete Alex nichts. Jetzt war sie still. Starrte ihn nur an. Alex war es gleichgültig.
Sie widerte ihn an. Ihr Leben bedeutete ihm absolut nichts. Sie war gleichgültig. So war das halt. Er war der Jäger und sie nur seine Beute. Hatte ihr Lebensrecht dadurch verwirkt, daß sie zur falschen Zeit am falschen Ort war. Natürliche Bestandskontrolle . Alex grinste.
Er erinnerte sich an seinen Vater – er hatte ihn gehaßt. Sein Vater war Jäger gewesen, und wenn er mit einer fetten Beute nach Hause gekommen war und in das entsetzte Gesicht seines Sohnes geschaut hatte, war sein Spruch » natürliche Bestandskontrolle « gewesen.
Er hatte längst dafür bezahlt. Dafür und für die schrecklichen Mißhandlungen, die er seinem Sohn zugefügt hatte, damit aus Alex ein richtiger Mann werden konnte.
Alex wandte sich wieder seinem Opfer zu und sah, daß sie ihre Augen geschlossen hatte. Sie sah den Tod, wahrscheinlich winkte er ihr bereits zu.
Fast zärtlich nahm er sie in die Arme. Sie hatte jede Gegenwehr aufgegeben. Dann nahm er sie mit in sein dunkles Reich, bis die Farbkreise in ihrem Kopf aufhörten zu rotieren, bis ihr Herz aufhörte zu schlagen.
Er sah sie an. Tote hatten für ihn immer eine ganz eigene Schönheit. Faszinierend, daß das Herz, was ständig geschlagen hatte, ohne Pause, so lange Zeit, ohne sich zu beschweren, auf einmal ruhig war. Völlige Stille im Körper. Kein monotones Pochen mehr.
Befriedigt und gesättigt verließ Alex die Wohnung und streifte bis zum Sonnenaufgang durch die Stadt. Er liebte die Sonne, aber die Nacht war sein Reich. Er war gezwungen, ausschließlich nach Sonnenuntergang unterwegs zu sein. Die Dunkelheit war sein Lebensraum geworden, was er oftmals bedauerte. Andererseits bot die Dunkelheit auch viele interessante Aspekte an: Gewalt, Brutalität, vielleicht ein kleiner Mord... Alles, was die Dunkelheit eigentlich verbergen sollte, war für ihn sichtbar. Spannender, als im Fernsehen. Brutaler, als im Fernsehen. Obwohl, wenn er ehrlich zu sich selbst war, neigte er nicht zu Brutalität. Aber gegen die Spannung hatte er nichts einzuwenden.
Als er nach Hause zurückkehrte, war Alex angenehm müde. Er ließ sich erschöpft auf sein Sofa fallen, und fast augenblicklich fielen ihm die Augen zu. Sein Schlafbedürfnis war sehr ausgeprägt, da in der Zeit, in der er unterwegs war, sein Stoffwechsel auf Hochtouren lief. Traumlos versank er in seine eigene Welt ...
Virginia erwachte mit dem Gesicht des jungen Mannes vor ihren Augen und war im ersten Augenblick desorientiert. Diese eigenartigen Augen...
Nachdem sie gefrühstückt hatte, rief sie bei Monica Stillwine an. Monica wußte
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