Ewigkeit
deinem Freund sprechen, nicht mit einem Bild, das wir gemacht haben. Er kann noch denken. Er hat eine angenehme Illusion inne, so wie du, ehe du darauf bestandest, in deinen Körper zurückzukehren.«
Der Begleiter wartete geduldig und sagte nichts mehr, als der Anfall abklang und sie wieder Selbstbeherrschung erlangte. Sie hatte keine Ahnung, wie lange das dauerte. Zeit war jetzt nicht ihre Stärke. »Oresias und die anderen… sind sie auch tot?« fragte sie zwischen ihren letzten Seufzern und Schluckbewegungen.
»Der Tod hat für uns eine andere Bedeutung«, sagte der Begleiter. »Manche Leute sind aktiv in Illusionen, andere sind inaktiv, wie im Tiefschlaf. Niemand von ihnen ist tot.«
Sie fragte: »Kann ich mit einem von ihnen reden, wenn ich es wünsche?«
»Ja. Alle sind verfügbar. Bei einigen könnte es länger dauern, sie herzubringen, als bei anderen.«
Sie entschloß sich, es am besten noch einmal zu versuchen, obwohl sie keineswegs sicher war, ob sie sich würde beherrschen können. »Kannst du machen, daß Demetrios realer aussieht? Er erschreckt mich… Er sieht aus wie tot. Er sieht wie ein Geist aus.«
Der Begleiter schien das Wort ›Geist‹ zu genießen. Er wiederholte es mehrmals und lächelte. »Man kann machen, daß er so kompakt aussieht wie du; aber das wäre immer noch eine Illusion. Wünschst du eine solche Illusion?«
»Ja, o ja!«
Demetrios erschien wieder, mehr körperlich, aber nicht weniger jämmerlich. Rhita stand auf und ging auf ihn zu, vorwärts geneigt, die Arme steif an der Seite und die Hände zu Fäusten geballt. »Wer bist du?« fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Ihr Körper bebte immer noch.
»Demetrios, Mechanikos und Didaskalos des Mouseions von Alexandreia«, antwortete die Gestalt. »Du bist Rhita Vaskayza? Sind wir tot?« Er sprach so, wie ein Schatten es vielleicht täte, mit langsamer, zitternder Stimme. Rhita konnte ein Zähneklappern nicht unterdrücken.
»Ich g-glaube nicht«, sagte sie. »Wir sind von Dämonen gefangen worden. Nein.« Sie schloß fest die Augen und versuchte zu denken, wie Patrikia sich in dieser Lage verhalten hätte. »Ich denke, wir – wir sind von Leuten gefangen worden, die nicht menschlich sind, aber mit sehr fortgeschrittenen… Maschinen.«
Demetrios versuchte, einen Schritt vorwärts zu tun, schien aber auf Eis zu gehen. Er sagte: »Ich kann dich nicht erreichen. Ich sollte erschrocken sein, bin es aber nicht… Bin ich ein Toter?«
Rhita schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Er sagt, daß du noch am Leben bist. Du träumst.«
»Er sagt? Was ist er?« Demetrios zeigte auf den Begleiter.
»Einer derer, die uns gefangen haben.«
»Er sieht wie ein Mensch aus.«
»Er ist es nicht.«
Der Begleiter schien es für nötig zu halten, dem Bild Aufmerksamkeit zu schenken. Er blickte starr auf Rhita. Das erschreckte sie noch mehr.
»Sind die anderen tot?«
»Er sagt, daß sie am Leben sind.«
»Was können wir tun?«
Der Begleiter, die Augen immer noch auf Rhita geheftet, sagte beiläufig: »Nichts. Flucht ist unmöglich. Ihr werdet alle mit Respekt behandelt und werdet kein Leid erfahren.«
»Hast du ihn gehört?« fragte Rhita und zeigte mit dem Daumen heftig auf den Begleiter. Sie wollte ihn eigentlich schlagen, wußte aber, daß das nichts ausrichten würde.
»Ja«, sagte Demetrios mit matter Stimme. »Wir haben den falschen Weg geöffnet, nicht wahr?«
»Er sagt, auf Gaia sind Jahre vergangen.«
Demetrios schaute hin und her und zwinkerte wie durch Rauch. »Es scheint erst einige Stunden her zu sein… Kann er uns zur realen Gaia zurückbringen?«
»Kannst du das?« fragte Rhita.
»Es ist möglich«, antwortete der Begleiter gleichgültig. »Warum würdest du zurückkehren wollen? Es ist nicht dieselbe Welt, die du kanntest.«
Demetrios reagierte nicht. Rhita fühlte Unwohlsein im Magen. Sie besaß genug von dem Wissen und den Instinkten ihrer Großmutter, um halbwegs zu verstehen, was das bedeutete. Die waren Jarts, und Jarts waren habsüchtig. So hatten Patrikia die Leute im Weg erzählt.
Vielleicht bin ich verantwortlich für die Zerstörung meiner Heimat. Ihre Hände erhoben sich gleichzeitig, wie symmetrische Krallen, bis unter das Kinn. »Demetrios, ich habe solche Angst. Diese… Leute scheinen sich nicht um uns zu kümmern. Sie wollen bloß Information.«
»Im Gegenteil«, sagte der Begleiter. »Wir sind wirklich sehr temperamentvoll. Wir sind sehr an deinem Wohlergehen interessiert. Nur ganz
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