Ewigkeit
Theoretischen Physik beginnen zu können.
Demetrios wurde ihr Didaskalos. Der kleine Teil von ihr, der noch in Skepsis verharrte, fragte sich, ob es die reale Psyche von Demetrios wäre. Er hatte etwas Überzeugenderes an sich.
Ihre ganze Umgebung war so real, daß sie begann, sich zu entspannen. Ihr skeptisch gebliebenes Ich verblaßte, bis sie solche Erinnerungen nur als vorübergehende Täuschungen ansah. Die letzte Wahrnehmung dieser entschwindenden skeptischen Rhita war: Endlich sind sie mit meinem Wächter fertig geworden.
Danach wurde Alexandreia real, wenn auch zeitweilig etwas schief.
Sie erinnerte sich überhaupt nicht an die Reise durch die Steppen.
Rhita gewann die meisten ihrer akademischen Kämpfe. Demetrios schien an ihr ein Interesse zu nehmen, das über die normale Beziehung zwischen Didaskalos und Student hinausging. Sie hatten etwas gemeinsam, das keiner von beiden definieren konnte.
Die Tage vergingen, und der aigyptische Winter kam; trocken wie gewöhnlich, aber kühler. Sie machten eine Bootsfahrt auf Mareotis. Er bekannte, daß er ihr fast ebenso viel beigebracht hatte, wie er selbst wußte, außer politischer Weisheit. Er sagte ihr: »Die scheinst du nur langsam aufzunehmen.« Sie bestritt das nicht und erklärte, daß sie Ehrenhaftigkeit für eine bessere Politik hielte als sich bloß anzupassen.
»In Alexandreia ist es nicht so«, sagte er. »Nicht einmal für die Enkelin von Patrikia. Für sie ganz besonders nicht.«
Weiße Ibisse stolzierten durch flache Schilfgewässer nahe den Schutzmauern aus Sandstein und Granit, die tausend Jahre lang die alten Grenzen von Mareotis gesichert hatten. Rhita saß im Boot und suchte sich verzweifelt an etwas zu erinnern. Ihr Kopf schmerzte. Vielleicht empfand sie den Druck der Aufmerksamkeit ihres Didaskalos. Diese war nicht unwillkommen, aber es hatte etwas gegeben, das noch dringlicher war… Eine Zusammenkunft mit der Königin? Wann würde es dazu kommen?
»Ich warte immer noch auf meinen Termin mit Kleopatra«, sagte sie ohne besonderen Anlaß.
Demetrios lächelte. »Eine Aktion deines Vaters?«
»Ich nehme das an«, sagte sie. Ihr Kopf schmerzte noch mehr.
»Er will den Bibliophylax hinausjagen.«
»Ich glaube nicht, daß das der Grund ist… Man braucht immer viel Zeit, um die Königin zu sehen.«
»Das ist durchaus verständlich. Sie ist sehr beschäftigt.«
Rhita drückte die Hände an ihre Wangen. Sie fühlten sich an wie… nichts Festes.
»Ich muß an das Ufer zurück«, sagte sie ruhig. »Mir ist schlecht.« Vielleicht war es damals, daß sich die lange, beständige Täuschung zu enthüllen begann, und nicht wegen derer, die sie gefangen hatten. Irgend etwas in Rhitas Psyche ging schief. Alles, was sie gesehen und in ihren geheimen Gedanken ausgebrochen empfunden hatte, suchte Befreiung.
Die Tage schienen nur langsam zu vergehen. Sie studierte, bemühte sich, nachts ruhig zu schlafen. Aber Schlaf war eine merkwürdige Sache, eine Leere innerhalb einer Leere.
Sie träumte in diesen wirren Schlafperioden von einem jungen Mädchen, das an die Tür ihrer Großmutter klopfte und hinein wollte. Wer war dieses junge Mädchen, das Patrikia sehen wollte, wenn sie sehr beschäftigt war und sich um niemanden kümmern konnte? Das junge Mädchen weinte und wurde dünner, es verhungerte. Eines Nachts war sie in den Träumen nur noch eine Hülse, eingehüllt in ein enges Leinentuch und nach Kräutern riechend. Sie plumpste gegen die Tür wie eine Rolle aus steifem Tuch mit herunterhängenden Kiefern. In der nächsten Nacht war sie nicht dort, aber das Klopfen ging immer weiter, leer und verzweifelt.
Patrikia gewährte dem Mädchen niemals eine Audienz.
Schließlich bekam Rhita aber eine Audienz bei der Königin. Sie ging durch die Privatgemächer und bemerkte, daß Oresias in einer Ecke saß und in einer sehr dicken und sehr langen Buchrolle las, wie ein altertümlicher Gelehrter. An der Wand sah sie ein Begräbnisbild von Jamal Atta.
Und dann führte sie ein rothaariger Kelte in das innerste Gemach der Königin, ihr Schlafzimmer, tief im Palast, umgeben von vielen dunklen und stillen Stützen aus Stein. Der Raum roch nach Weihrauch und Krankheit. Rhita musterte den Kelten, der sie mit Augen ansah, die äußerlich feierlich, innerlich aber verschreckt wirkten. Sie sagte: »Ich möchte deinen Namen wissen.«
»Geh hinein!« sagte der Kelte. »Kümmere dich nicht um meinen Namen, geh hinein zur Königin!«
Die Königin war krank, soviel
Weitere Kostenlose Bücher