Ewigkeit für deine Liebe
wieder in das heiße Öl. »Oh, aber natürlich! Jeder hier kennt die Geschichte vom Schrecken der Sarazenen.«
Emma blinzelte. Das klang interessant. »Der Schrecken der Sarazenen?«
Der Mann nickte, wischte sich die Hände an seiner weißen Schürze ab und beugte sich über die Theke. Seine Augen glänzten. »Vor langer Zeit schlug ein Kreuzritter aus dem zwölften Jahrhundert einen Pfad der Zerstörung durch das Heilige Land. So wild und grimmig war er, dass selbst die Krieger, die auf seiner Seite kämpften, seinen Zorn fürchteten.«
»Wow!«
Der Mann drehte sich um, gab den gebackenen Fisch auf einen mit Küchenpapier ausgelegten Rost und ließ dann einen Korb mit Fritten in das laut zischende Öl hinunter. Dann wandte er sich wieder Emma zu.
»Ja, genau. Es hieß, er sei ein mächtiger Krieger, über einen Meter neunzig groß, und könnte einem Mann mit einem einzigen Hieb seines Schwerts den Kopf abschlagen.«
»Hm«, sagte Emma und versuchte, sich die Szene nicht allzu realistisch vorzustellen. »Wie unappetitlich.«
Der Mann lachte. »Es heißt, der Krieger habe ein tödliches Paar Schwerter auf dem Rücken getragen – eins über jeder Schulter -, und konnte mit dem rechten ebenso gut umgehen wie mit dem linken. Aber mit beiden zugleich? Das war tödlich, kann ich da nur sagen. So kam er zum Beinamen ›Schrecken der Sarazenen‹, denn selbst die wilden sarazenischen Krieger fürchteten ihn.« Er deutete mit seinem Kopf nach rechts. »Ein Stück weiter die Straße hinauf finden Sie einen Pub, der sich nach ihm nennt: Der Schrecken der Sarazenen.«
Emma beobachtete ihn, ohne eine Miene zu verziehen. »Und warum sollte ich die Geschichte bei den Ballasters gehört haben?« Natürlich kannte sie die Antwort schon.
Der Mann hob den Korb mit den Pommes frites aus dem Öl und schüttete sie zum Abtropfen in ein Sieb. Dann wandte er sich lächelnd wieder um. »Weil es heißt, sein ruheloser Geist ginge in den Ruinen um und suchte nach Köpfen, um sie abzuschlagen.«
Emma warf einen Blick aus der Tür, wo Christian wartete, und glaubte, ein schwaches Lächeln um seine Mundwinkel zu sehen.
»Bitte schön.« Der Imbissinhaber stellte eine große Tüte auf die Theke. »Es gibt auch noch eine andere Geschichte ... Frauen mögen sie für gewöhnlich lieber.«
Emma zahlte und nahm die Tüte. »Und worum geht es da?«
Als der Mann sich abwandte, um das Geld in die Kasse zu legen, begann er: »Man sagt, dass derselbe Krieger seine große Liebe verloren hat, als er ins Heilige Land aufbrach. Er soll hier noch immer umgehen ... nicht wegen der Kriege, die ihn das Leben kosteten, sondern weil er ohne seine Liebste nicht in die Ewigkeit eingehen will.«
»Das ist wirklich interessant.« Emma erwiderte den Blick des Mannes mit unbewegter Miene.
Er lächelte zufrieden. »Ich wusste, dass Ihnen dieser Teil besser gefallen würde!« Er nickte ihr zu. »Und nun guten Appetit! Genießen Sie Ihren Fisch, und vergessen Sie nicht, genügend Soße und Essig draufzugeben.«
Emma lächelte. »Danke.«
Gott, sie war so beschäftigt damit gewesen, zu akzeptieren, dass sie mit einem Geist befreundet war, dass sie die Geschichte des Kriegers und seiner Liebsten ganz vergessen hatte. Dieser Mann war Christian!
Dann, bevor sie Zeit hatte, darüber nachzudenken, geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.
Zuerst blickte sie aus der Tür. Als ihr Blick sich auf Christian heftete, der immer noch, die Hände in den Hosentaschen, an dem Laternenpfahl lehnte, wurde sie wieder von diesem verrückten, äußerst seltsamen Gefühl ergriffen. Und wieder war es so heftig, dass sie fast die Tüte fallen ließ.
Als Nächstes hörte sie die schrille Stimme eines Mädchens vor dem Imbiss. Hörte, wie sie einen Namen schrie, den Namen eines Mannes.
Dann drehte Christian sich um, vermutlich in die Richtung des noch immer laut schreienden Mädchens.
Dann sah Emma, wie ebendieses Mädchen sich in heller Aufregung auf Christian warf. Und natürlich geradewegs durch ihn hindurch fiel.
Der darauf folgende, markerschütternde Schrei hallte von jeder Oberfläche in dem Imbiss wider.
Emma konnte Christian gar nicht schnell genug erreichen.
16. Kapitel
U m Gottes willen – die junge Frau hatte sich schneller auf ihn gestürzt, als Christian erwartet hatte. Sie musste überaus sensibel sein. Und er war so hingerissen von Emma gewesen, dass er nicht achtgegeben und nicht daran gedacht hatte, dass er in aller Öffentlichkeit erschienen war.
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