Ewigkeit
in Zivil. »Ich bin Inspektor Belliard vom Kriminaldezernat.« Er trat an Floyds Schreibtisch und nahm einen schwarzen Porzellan-Briefbeschwerer in Pferdeform zur Hand, der auf einem Stapel getippter Dokumente und Durchschläge Wache hielt. »Nette Antiquität«, bemerkte Belliard. »Gäbe einen wunderbaren stumpfen Gegenstand ab.« Er warf das Pferd einem seiner Kollegen zu, der danebengriff und es zu Boden fallen ließ, wo es in ein gutes Dutzend Einzelteile zersplitterte.
Floyd kämpfte um seine Beherrschung – ganz offensichtlich wollten sie, dass er sie verlor. »Das sah beinahe nach Absicht aus«, stellte er fest. »Natürlich wissen wir beide, dass es ein Versehen war.«
»Ich stelle Ihnen eine Quittung dafür aus. Sie können am Quai eine Entschädigung verlangen.«
»Erhält man dort auch Quittungen für Verbrennungen durch Stromschläge? So etwas könnte ich vielleicht auch gebrauchen.«
»Was für eine sonderbare Frage«, sagte Belliard mit einem dünnen Lächeln. Er ging zum Fenster und zog die Jalousie auf, um die Aussicht zu begutachten. Floyd bemerkte, dass einen Moment lang weder Belliard noch seine Männer den Schreibtisch im Blickfeld hatten. Er nutzte den Moment, um Custines Brief unters Telefon zurückzuschieben, in der Hoffnung, dass keiner der Männer die plötzliche Bewegung oder das leise Klingeln bemerken würde, als der Hörer auf der Gabel verrutschte.
»Ich nehme an, dass Sie hier sind, um meinen Partner zu schikanieren«, vermutete Floyd.
Belliard wandte sich vom Fenster ab und blies etwas Staub von seiner Fingerkuppe. »Ihren Partner schikanieren, Monsieur Floyd? Wieso um alles in der Welt sollten wir das tun wollen?«
»Weil Sie das schon immer getan haben?«
Der junge Mann kratzte sich den Nasenrücken. Er hatte ein sehr schmales, beinahe haarloses Gesicht, wie eine der Schaufensterpuppen, die man oft bei Herrenausstattern sah. Sogar seine Augenbrauen wirkten wie aufgemalt. »Komisch, dass Sie Ihren Partner erwähnen«, sagte der Inspektor. »Wir würden uns nämlich gerne mit Custine unterhalten.«
»Ich weiß alles über Ihre ›Unterhaltungen‹«, erwiderte Floyd. »Darin kommt meistens eine schnelle Reise zum Fußende der Treppe vor.«
»Sie sind viel zu zynisch«, rügte Belliard ihn. »Das steht Ihnen nicht, Monsieur Floyd.«
»Ich habe mich daran gewöhnt. Es passt mir wie ein alter Schuh.«
»Es sind neue Zeiten, ein neues Paris.«
Floyd nahm einen Bleistift und rollte ihn zwischen den Fingern hin und her. »Ich glaube, mir waren die alten lieber. Sie haben besser gerochen.«
»Dann sollten Sie hier vielleicht ein wenig lüften«, sagte Belliard und öffnete das Fenster. Eine plötzliche steife Brise wehte durchs Zimmer, verteilte Floyds Papiere über den Teppich und knallte die Wohnungs- und Bürotür zu. Belliard wandte sich vom Fenster ab und ging auf Floyd zu, wobei er achtlos auf die Ermittlungsnotizen und den restlichen Papierkram am Boden trat. »So. Schon besser. Es ist gar nicht die Stadt, die komisch riecht, sondern Ihr Büro.«
»Wenn Sie es sagen.«
»Hören wir auf mit den Spielchen, ja?« Belliard stellte sich Floyd gegenüber vor den Schreibtisch und stütze sich mit den Handballen auf. Er sah ihm direkt in die Augen. »Im Haus von Blanchard gab es einen Mord.«
»Ich weiß«, sagte Floyd. »Ich bin der arme Trottel, der ihn untersucht.«
»Nicht der. Ich meine den, der sich vor drei Stunden ereignet hat.«
»Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
»Blanchard ist tot. Man hat ihn auf dem Bürgersteig vor seinem Balkon gefunden, genau wie die bedauernswerte Mademoiselle White.« Belliard warf einem seiner Männer einen Blick zu. »Wissen Sie, vielleicht war doch etwas an der Sache dran.«
Trotz der Vorwarnung in Custines Nachricht war Floyd ehrlich schockiert und hatte Schwierigkeiten, seine Zunge unter Kontrolle zu bringen. »Blanchard ist tot? Blanchard ist tatsächlich ermordet worden?«
Belliard musterte ihn kritisch aus hellen Augen, als wollte er genau prüfen, wie überrascht Floyd war. »Ja«, antwortete er. Seine dünnen, blutleeren Lippen bewegten sich, aber der Ton kam verspätet bei Floyd an, als würde er über einen weiten Abgrund zu ihm herübertreiben. »Und unglücklicherweise wurde Ihr Partner Custine als Letzter in seiner Nähe gesehen. Genau genommen wurde sogar beobachtet, wie er das Gebäude recht eilig verließ.«
»Custine hat es nicht getan«, erklärte Floyd energisch.
»Sie scheinen sich da erstaunlich sicher zu
Weitere Kostenlose Bücher