Ewigkeit
unmöglich.« Er befand sich im Stützpunkt, einem gemieteten Zimmer eine Minute von Cardinal Lemoine entfernt. Zwischen dem oberirdischen Paris und den verborgenen Gewölben im Untergrund gab es keinen direkten Telefonkontakt. »Wir haben technische Probleme mit der Verbindung.«
»Sagen Sie mir bitte, dass es nichts Ernstes ist.«
»Wir arbeiten daran. Es ist nicht das erste Mal, dass die Verbindung instabil wird. Wahrscheinlich regelt sich die Sache in ein paar Stunden von selbst. Hat wahrscheinlich nichts damit zu tun.«
»Womit hat es nichts zu tun?«
»Mit nichts, worüber Sie sich Gedanken machen müssen.«
»Sagen Sie es mir, Sie überheblicher …« Sie versuchte ihn zu beleidigen und durchsuchte ihr Repertoire nach einer angemessenen Gemeinheit, aber es war, als hätte man eine geistige Straßensperre zwischen ihrem Gehirn und ihrem Mund errichtet.
»Zu Hause gibt es politische Probleme«, unterbrach Aveling sie, bevor sie fortfahren konnte. »Die Slasher-Offensive, mit der alle gerechnet haben, hat begonnen. Aber drehen Sie jetzt nicht durch. Bringen Sie uns einfach die Dose. Über die großen Fragen zerbrechen wir uns den Kopf. Wir sind hier sehr glücklich darüber, wie Sie die Sache bislang gehandhabt haben. Es wäre eine Schande, jetzt alles zu verderben, finden Sie nicht auch?«
»Ich könnte die Papiere einfach verbrennen«, schlug Auger vor. »Oder sie wegwerfen, wo niemand sie finden wird. Was wäre das Problem damit?«
»Uns wäre es lieber, wenn Sie sie uns zurückbringen. Auf diese Art können wir sicherstellen, dass nichts verloren gegangen ist.«
»Ich schaffe es zum Portal«, sagte sie. »Aber ich weiß nicht genau, ob das derzeit eine so gute Idee ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mir jemand vom Detektivbüro hierher gefolgt ist.«
»Was für ein Jemand?«
»Jemand, der für den Detektiv arbeitet, glaube ich. Er selbst machte den Eindruck, dass er keine Schwierigkeiten damit hatte, mir die Dose auszuhändigen. Aber nun sieht es für mich so aus, als hatte er von Anfang an geplant, jemanden auf meine Spur anzusetzen.«
»Er ist nur irgendein Detektiv aus der Stadt?«
»Ja, der von dem ich Ihnen erzählt habe, nachdem ich mit Blanchard geredet hatte.«
»Wahrscheinlich ist er nur neugierig. Tun Sie Ihr Möglichstes, um ihn abzuschütteln, aber zerbrechen Sie sich nicht den Kopf über ihn.«
»Hier geht mehr vor, als Sie mir gesagt haben«, stellte Auger fest.
»Hören Sie gut zu«, sagte Aveling. »Es ist jetzt genau zwanzig vor elf. Überprüfen Sie Ihre Uhr und synchronisieren Sie sie.«
»Fertig.«
»Genau zu Mittag sorgen wir für einen zweiminütigen Stromausfall auf der Métro-Strecke durch Cardinal Lemoine. Ich warte im Tunnel auf Sie, an der Tür, und aus offensichtlichen Gründen wäre es gar nicht gut, wenn Sie zu spät kommen. Keine Entschuldigungen, Auger. Wir alle zählen auf Sie. Ich sehe Sie in achtzig Minuten, zusammen mit dem Papierkram.«
Auger antwortete nicht.
»Werden Sie da sein?«, bohrte Aveling nach.
»Ja«, sagte sie. »Natürlich werde ich da sein.«
Der Zimmerservice meldete sich mit einem Klopfen an der Tür. Sie legte auf und öffnete die Tür, so weit es die Sicherheitskette erlaubte. Nach einem kurzen Blick ließ sie den Pagen ein, der das Kaffeeservice auf dem Nachttisch abstellte. Sie gab ihm ein großzügiges Trinkgeld, verschloss die Tür hinter ihm und legte die Kette vor. Der Kaffee war eher lauwarm als heiß, aber immer noch sehr viel besser als gar nichts. Sie löffelte Sahne und Zucker hinein und musste eine halbe Tasse trinken, bis sie sich wieder halbwegs ruhig fühlte.
Man hatte ihr definitiv nicht alles gesagt. Der Verdacht hatte schon die ganze Zeit in Augers Hinterkopf gelauert, aber jetzt war sie sich ganz sicher. Und da war noch mehr, etwas noch Beunruhigenderes, das leise an ihr nagte, seit sie zum ersten Mal von Susan Whites Verwicklung in die ganze Angelegenheit erfahren hatte.
Warum war White so sehr darauf bedacht gewesen, Auger in die Sache hineinzuziehen, wo sie beide doch bestenfalls eine Berufsbekanntschaft verbunden hatte? Auger konnte nachvollziehen, dass White sich Sorgen um ihre Sicherheit gemacht hatte und verhindern wollte, dass die Papiere in die falschen Hände fielen. Sie sah ein, dass jemand von der anderen Seite des Portals hatte kommen müssen, um sie abzuholen. Aber warum ausgerechnet Auger? Gut, sie besaß das nötige Hintergrundwissen über Paris, sie kannte sich bestens mit der Stadt aus,
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