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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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bereits leer geschossen.
    »Wir stecken in großen Schwierigkeiten«, sagte Aveling. Er stand auf, hielt sich aber geduckt und bewegte sich langsam von der Leiche fort.
    »Diesmal habe ich definitiv etwas gesehen«, sagte Auger, die Pistole immer noch erhoben. »Es sah wie ein Kind aus … aber als ich das Gesicht gesehen habe …«
    »Es war kein Kind«, beteuerte Aveling.
    »Sie haben mit so etwas gerechnet, nicht wahr?«
    »Sie dürfen sich als Klassenbeste betrachten.«
    So nutzlos es auch war, sie presste ihm dennoch die Mündung der leeren Waffe in die Seite. »Reden Sie endlich, Sie Schwein!« Das war nicht das Wort, das sie hatte sagen wollen, aber »Schwein« war das Unanständigste, was sie herausbekam, selbst angesichts der angespannten Lage. »Das Kind kommt von E1, nicht wahr?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil es ganz bestimmt nicht hierher gehört. Also sagen Sie mir, was Sie wissen.«
    »Es ist eine N1-Infiltrationseinheit«, antwortete Aveling mit Grabesstimme. Er ließ den Lichtkegel über die Wände streichen, aber das Kind war nirgends zu sehen.
    »Eine was?«
    »Ich bitte Sie, Auger! Sie werden sich doch wohl an diesen hässlichen kleinen Krieg erinnern, über den man heutzutage nur noch ungern redet. Der gegen unsere Freunde von der Föderation der Kommunitäten.«
    »Was ist damit?«
    »Sie haben ihre Kinder gegen uns eingesetzt. Die neotenische Infanterie, gentechnisch erzeugte, geklonte, psychisch programmierte Killermaschinen, so verpackt, dass sie wie Kinder aussehen.«
    Gegen Augers Willen berührte der Schrecken in seiner Stimme etwas in ihr. Etwas, das bei einem Mann wie Aveling eine solche Narbe hinterließ, musste verdammt übel sein.
    »Haben Sie gegen sie gekämpft?«
    »Ich war in Gefechte mit ihnen verwickelt. Das ist nicht immer das Gleiche. Diese bösartigen kleinen Kreaturen konnten sich an Stellen verkriechen, die wir für sicher hielten, und sich dort wochenlang verstecken. Irgendwie können sie ohne Nahrung überleben … reglos, wie zusammengerollte Schlangen, fast in einer Art Koma … bis sie wieder hervorkommen.« Seine Atemzüge wurden unregelmäßiger, als er tiefer in seine Erinnerungswelt abtauchte. »Sie waren schwer zu töten. Schnell, stark, widerstandsfähig … eine unglaublich hohe Schmerzschwelle. Höchst anpassungsfähiger Selbsterhaltungstrieb … und trotzdem bereit zu sterben, um ein Missionsziel zu erreichen. Und selbst als wir wussten, was sie sind, selbst wenn wir sie direkt vor der Mündung hatten … war es beinahe unmöglich, eine Waffe auf sie zu richten. Sie sahen aus wie Kinder. Wir mussten gegen vier Milliarden Jahre Evolution ankämpfen, die uns sagte, dass wir nicht den Abzug drücken sollten.«
    »Kriegsbabys«, sagte Auger. »So haben wir sie genannt, nicht wahr?«
    »Also erinnern Sie sich doch an Ihren Geschichtsunterricht.« Der spöttische Tonfall konnte Avelings Angst nicht verbergen.
    Auger dachte an Cassandra zurück, die Slasher-Vertreterin, die bei der Mission, die sie erst in diesen ganzen Schlamassel gebracht hatte, erfolgreich als Jugendliche durchgegangen war. Die neotenische Infanterie war ein erster Schritt zur Entwicklung ganzer Slasher-Fraktionen in Kindergröße gewesen. Aber es war auch ein Schritt gewesen, über den man heute nicht mehr gerne redete – vor allem die Slasher selbst.
    »Wenn ich mich richtig erinnere, waren sie eine genetische Sackgasse. Sie haben nicht besonders gut funktioniert – sie waren mental instabil und verbrauchten sich schnell.«
    »Es waren Waffen«, erwiderte Aveling, »die mit einer programmierten Lebensdauer vom Band kamen.«
    »Aber in den letzten zwanzig oder dreißig Jahren hat niemand mehr ein Kriegsbaby gesehen, Aveling. Bitte sagen Sie mir, was sie in einem Tunnel unter Paris auf E2 zu suchen haben.«
    »Überlegen Sie selber, Auger. Die Slasher sind hier. Sie sind bereits auf E2.«
    Plötzlich wurde Auger kalt. Sie hatte große Angst und fühlte sich sehr weit weg von zu Hause. »Wir müssen an die Oberfläche zurück.«
    »Nein«, widersprach Aveling, der zumindest teilweise die Fassung zurückgewonnen hatte. »Wir müssen zum Portal. Sie dürfen auf keinen Fall Zugriff auf das Portal erhalten.«
    »Wenn sie hier sind, haben sie bereits Zugriff auf das Portal. Wie sollten sie sonst hierher gekommen sein?«
    Aveling setzte zu einer Antwort an, aber er schien plötzlich Schwierigkeiten mit dem Sprechen zu haben. Stattdessen gab er einen kläglichen Würgelaut von sich und fiel schwer

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