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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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war.«
    »Susan wusste, dass sie einer großen Sache auf der Spur war, etwas, wofür Menschen zu Mördern werden. Ich glaube, das Ausmaß der Geschichte hat ihr Angst gemacht.«
    »Arbeiten Sie beide für dieselbe Regierung?«
    »Ja«, sagte Auger vorsichtig. »Und es handelt sich um die Vereinigten Staaten.«
    Floyd kehrte mit einer Reisetasche in zweifelhaftem Zustand zurück. Sie war mit Kleidung voll gestopft, fast ausschließlich in Schwarz oder in so dunklen Rot- und Blautönen, dass sie sich praktisch kaum von Schwarz unterschieden.
    »Aber Sie sind keine Schwestern, nicht wahr?«
    »Nur Kolleginnen«, sagte Auger. »Jetzt treten Sie zurück und schieben die Tasche in meine Richtung.« Er tat es. »So ist es gut.« Sie hob die Tasche auf und nahm beide Griffe in eine Hand. »Danken Sie Ihrer Freundin in meinem Namen. Ich weiß, dass sie nicht gerade begeistert davon war, mir ihre Kleider zu borgen, aber am Ende wird es sich gelohnt haben.« Sie hielt die Waffe auf Floyd gerichtet. »Es tut mir Leid, dass es so kommen musste. Ich hoffe, dass für Sie und Ihre Freunde alles wieder gut wird.«
    »Warum können Sie mir nicht einfach alles sagen, was Sie wissen, damit ich mir selbst ein Urteil bilden kann?«, fragte Floyd.
    »Weil ich nicht so grausam zu Ihnen sein möchte.« Auger zog sich in Richtung Aufzug zurück. »Also gut, wir machen es folgendermaßen: Ich gehe jetzt, und ich möchte nicht, dass mir irgendjemand folgt. Können wir uns darauf einigen?«
    »Ja«, sagte Floyd.
    Auger trat in die Aufzugkabine, stellte die Tasche auf den Boden und zog das Gitter zu. »Und diesmal keine albernen Tricks, verstanden?«
    »Keine albernen Tricks.«
    »Gut.« Sie drückte den untersten der Messingknöpfe. »Ich habe es schon einmal gesagt, aber ich sage es noch einmal: Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.«
    Die Kabine glitt nach unten.
    »Warten Sie!«, rief Floyd. Seine Stimme wurde fast vom Lärm des Aufzugs übertönt. »Was meinten Sie damit, als Sie sagten, dass Sie nicht so grausam sein wollen?«
    »Genau das, was ich gesagt habe«, erwiderte Auger. »Leben Sie wohl, Wendell. Ich wünsche Ihnen ein langes und erfülltes Leben.«

 
Zwanzig
     
     
    Auger hielt auf dem Boulevard Saint-Germain ein Taxi an. In der Zwischenzeit hatte sie ihren zerrissenen und verschmierten Mantel gegen eine hüftlange schwarze Jacke ausgetauscht und einen dazu passenden Hut aufgesetzt und tief in die Stirn gezogen, um ihr verschmutztes Gesicht und Haar zu verhüllen. Einer genaueren Begutachtung würde sie nicht standhalten, aber im Dämmerlicht des Spätnachmittags war die Verkleidung ausreichend.
    »Gare du Nord«, sagte sie zum Fahrer, bevor sie ihm die Papiere zeigte, die nötig waren, um den Fluss zu überqueren. »So schnell wie möglich, bitte.«
    Der Fahrer brummte etwas, dass er kein Zauberer sei, doch schon bald hatten sie den Fluss hinter sich gelassen und kämpften sich durch die schmalen Nebenstraßen von Marais und wichen dem dichter werdenden Feierabendverkehr aus. Auger spürte die totale Erschöpfung, die wie eine bröckelnde Steilwand über ihr hing und sie jeden Moment unter sich begraben würde. Sie lehnte die Wange gegen das ratternde Fenster des Taxis und beobachtete mit getrübtem Blick die Lichter von Geschäften, Neonreklamen und Autos, die in roten, weißen, eisblauen und goldenen Streifen an ihr vorbeizogen. Die Stadt wirkte so unberührbar und irreal wie ein Hologramm, so zerbrechlich wie die Glasscheibe, gegen die sie sich lehnte. Sie war in großer Versuchung, es genauso zu sehen. Nichts von allem hier spielte wirklich eine Rolle, sagte sie sich, nichts, was hier geschah, konnte irgendwelche Konsequenzen für ihr eigenes Leben in Tanglewood haben. Es gab nicht den geringsten Grund, die Ermittlungen fortzusetzen, mit denen Susan White begonnen hatte, denn nichts, was sich aus diesen Ermittlungen ergab, konnte sich in irgendeiner Weise auf Augers wirkliche Existenz auswirken. Selbst wenn hier etwas Schreckliches geschah (und sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sich in der Tat etwas Schreckliches ereignen würde), wäre es nicht tragischer als die Verbrennung eines Buchs – oder im schlimmsten Fall einer kompletten Bibliothek. E2 mochte verloren sein, aber noch vor einem Monat hatte sie nicht einmal gewusst, dass es überhaupt existierte. Alles, was sie wirklich kannte, würde ohne Beeinträchtigung weiterbestehen, und nach ein paar Monaten hätte die gewohnte Routine

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