Ewigkeit

überraschend schnell auf. Es war völlig anders als die sanften Anflüge, die sie erlebt hatte, wenn sie zur Erde zurückgekehrt war. Zeitweise wurde sie nur durch die behutsame und stetige Fliehkraft der unkontrollierten Rotation in ihren Sitz gepresst, dann wurde sie in die unterschiedlichsten Richtungen gezerrt und schürfte sich die Haut an den Sicherheitsgurten auf. Sie drückte den Kopf in die geformte Stütze am oberen Ende der Rückenlehne und versuchte sich davor zu bewahren, dass ihr Hals von der hin und her gerissenen Masse ihres Kopfes in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dann wurde der Flug noch wilder und der Lärm ohrenbetäubend. Das Atmen fiel ihr zunehmend schwer, als sich die G-Kräfte auf ihre Lungen legten. Ihr wurde schwindlig, und ihr Bewusstsein zerfiel in stockende, immer wieder unterbrochene Episoden.
    »Floyd«, stieß sie mit Mühe hervor. »Kannst du mich hören, Floyd?«
    Als er antwortete, war er im Gebrüll des gequälten Schiffs kaum zu verstehen.
    »Du hast es gut gemacht, Auger.«
    Wie es ihm gelang, war ihr ein Rätsel, aber irgendwie fand Floyd die Kraft, den Arm auszustrecken und ihre Hand zu nehmen. Sie spürte, wie sich seine Finger um ihre schlossen und sie an diesem Punkt in Raum und Zeit verankerten, während sich alles andere in ihrem Universum in Licht und Chaos auflöste.

 
Zweiunddreißig
     
     
    Als sie erwachte, nahm sie ein kühl schimmerndes Weiß wahr. Genauso hatte sie sich schon immer den Himmel vorgestellt. Sie wäre glücklich und zufrieden für den Rest der Ewigkeit in diesem weißen Zwischenreich verblieben, in dem es keine Sorgen oder Ängste gab. Aber dann machten sich im Weiß Andeutungen von Strukturen bemerkbar, blasse Schatten und hellere Stellen, die immer deutlicher wurden und sich in ein Zimmer mit weiß gekleideten Menschen auflösten.
    Einer dieser Menschen nahm die Gestalt eines sehr hübschen Mädchens an, das von einem Heiligenschein aus funkelnden Lichtern umgeben war.
    »Verdammt nochmal, Auger, das war eine Rettung in letzter Sekunde«, sagte Cassandra.
    Auger kämpfte sich durch mehrere Schichten aus nebligen Erinnerungen an die Oberfläche. »Du«, war alles, was sie hervorbrachte.
    Cassandra nickte ruhig. »Ja. Ich. Schön, dass du dich erinnerst. Die Sache hätte sich wesentlich schwieriger gestaltet, wenn du das Gedächtnis verloren hättest.«
    Auger wurde sich bewusst, dass sie auf einem leicht geneigten Bett lag. Über ihr schwebten verschiedene glitzernde Maschinen. Manche waren so winzig, dass man sie auf den ersten Blick für Staubteilchen in der Luft hätte halten können. Andere waren groß wie Libellen oder Kolibris und schimmerten in den Moireemustern komplexer mikroskopischer Details. Ganz langsam wurde ihr klar, dass dies – trotz der Abwesenheit großer Überwachungsapparaturen – so etwas wie eine Krankenstation sein musste.
    »Wir sind abgestürzt …«
    »Wir waren ganz in eurer Nähe. Wir haben versucht, eure Bahn zu berechnen und euren Transporter abzufangen, bevor er in die Atmosphäre eintreten konnte. Wie du dir vielleicht denken kannst, haben wir es nur mit Mühe und Not geschafft. Unsere Wissenschaft kann Großes, aber keine Wunder vollbringen.«
    Sie verspürte eine köstliche Erleichterung, dass sie überlebt hatte. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie nicht allein gewesen war.
    »Wie geht es Floyd?«
    »Der zweite Insasse des Schiffs hat es gut überstanden. Er wird in einem anderen Zimmer beobachtet, aber er wurde nicht so intensiv betreut wie du.«
    »Und der Transporter?«
    »Der ist hinüber. Wir haben das, was von ihm noch übrig war, zur Irreführung abstürzen lassen. Aber keine Sorge, vorher haben wir die Fracht geborgen.«
    »Welche Fracht?«
    »Das Dokumentationsmaterial. Eine höchst interessante Sammlung, muss ich sagen.«
    »Ich habe keine Fracht an Bord gebracht. Ich hatte ganz andere Sorgen, als wir von E2 aufgebrochen sind.« Dann erinnerte sie sich an den Schlangenroboter. Während er damit beschäftigt gewesen war, die Verbindung zu sabotieren, hätte er gleichzeitig das von Susan White gesammelte Material in den Transporter schaffen können.
    Nur eine Maschine konnte so stupide vorgehen, dachte Auger. »Gut. Jetzt beantworte mir eine andere Frage: Was, zum Teufel, treibt ihr hier?«
    »Abgesehen davon, dass wir dir das Leben gerettet haben? Oh, ich dachte, zumindest das wäre klar. Ich bin ein Spion, Auger. Seit uns die ersten Gerüchte und Hinweise zu Ohren gekommen sind, dass ihr Stoker das