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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Auger bissig.
    »Wir haben uns verstanden«, antwortete Ringsted. »Wir möchten auf Folgendes hinaus: An diesem Punkt ist es Ihnen vielleicht lieber, mit den Leuten von der Sicherheit zu tun zu haben als mit denen von Übertretungen.«
    »Sollten Sie nicht alle für dieselbe Regierung arbeiten?«
    »Theoretisch ja«, räumte Ringsted ein, als handelte es sich um einen Gedanken, über den sie noch nie zuvor nachgedacht hatte.
    »Das ist einfach zu absurd. Was erwarten Sie jetzt von mir?«
    »Wir erwarten, dass Sie uns begleiten«, erklärte Ringsted. »Ein Schiff steht bereit.«
    »Noch etwas«, sagte Molinella. »Nehmen Sie die Stadtpläne mit.«
     
    Das Schiff war ein schlichtes Shuttle ohne irgendwelche Abzeichen und in geschäftlichem Design. Es entfernte sich schnell vom Landedock nahe Augers Wohnung und schnitt den örtlichen Verkehr auf einer Expressroute, für die man eine Regierungsgenehmigung von höchster Stelle benötigte. Bald flogen sie durch abgelegenere Wohngegenden und kamen der Sperrzone um die Erde gefährlich nahe. Offensichtlich nahmen sie eine Abkürzung zur gegenüberliegenden Seite von Tanglewood, statt dem längeren, treibstoffsparenderen Weg entlang der Kreisbahn zu folgen.
    Sobald Auger für sich war – die Agenten saßen vorn bei der Besatzung und hatten sie im Passagierabteil allein gelassen –, holte sie den einen Stadtplan hervor, den sie mitgenommen hatte. Sie hatte ihn in die Jackentasche gesteckt, immer noch in der Röhre verwahrt, in die sie ihn zurückgetan hatte. Aus einem widerspenstigen Impuls heraus hatte sie sich geweigert, die restlichen Stadtpläne mitzunehmen, als man ihr die entsprechende Anweisung erteilt hatte. Aber dieser eine Plan – der letzte, der eingetroffen war, und der einzige, den sie genauer in Augenschein genommen hatte – erregte beharrlich ihre Neugier. Zuerst hatte sie gedacht, dass man sie damit nur ärgern wollte, aber jetzt fragte sie sich, ob er nicht eine ganz andere Funktion erfüllen sollte. Erneut untersuchte sie den Stadtplan, um sich zu vergewissern, dass sie sich beim ersten Mal nicht geirrt hatte. Aber nichts hatte sich geändert – dieselben gedämpften Farben, dasselbe Fehlen der Périphérique, derselbe Copyrightvermerk von 1959 und dasselbe verwirrende Gefühl, dass es noch etwas an diesem Plan gab, das nicht stimmte. Sie starrte konzentriert auf die Karte und drehte sie in verschiedene Richtungen, in der Hoffnung, das, was sie störte, würde auf diese Weise sichtbar werden. In der Ruhe ihres Arbeitszimmers hätte sie das betreffende Detail vielleicht nach ein paar Minuten sorgfältiger Begutachtung entdeckt. Aber das Schlingern und die Beschleunigung des Shuttles warf ihre Gedanken immer wieder aus der Bahn. Sie wollte mindestens genauso dringend wissen, wohin man sie brachte, wie sie das Rätsel des Stadtplans lösen wollte.
    Bald erzitterte das Shuttle, und Auger wusste, dass ein Brems- und Landeanflugmanöver einsetzte. Durch die schmalen Bullaugen konnte sie riesige Teilstrukturen von Tanglewood bedrohlich näher rücken sehen. Sie erkannte Räder mit Speichen, unvollständige Räder, Kugeln und Zylinder, die alle wie die Zeichen einer sonderbaren, fremdartigen Sprache zusammenhingen. Zwar war die grundlegende Bauweise nichts Ungewöhnliches für Tanglewood, aber diesen Bezirk hatte sie noch nie gesehen. Die Habitate sahen dunkel und alt aus, bedeckt vom Narbengewebe vieler An- und Umbauten. Nur das blassgoldene Sprenkelwerk winziger Fenster ließ auf menschliche Bewohner schließen. Augers Anspannung verstärkte sich. Dieser Bereich machte auf sie eher den Eindruck eines Hochsicherheitsgefängnisses oder einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt.
    In einem besonders dunklen Bereich an einer der Kugeln öffnete sich ein kleines Tor, eingerahmt von roten und weißen Positionslichtern, und das Shuttle richtete sich auf die winzige Öffnung aus. Augers schweißnasse Hände lagen auf dem Stadtplan und verschmierten Druckerschwärze, die an ihren Fingerkuppen haften blieb. Sie faltete den Plan zusammen und steckte ihn zurück in die Jackentasche, während sie versuchte, das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken.
    Das Shuttle legte an, und die Agenten führten sie durch die Luftschleuse in ein Labyrinth aus sterilen schwarzen Gängen, die auf verschlungenen Wegen tiefer ins Innere der Kugel führten.
    »Wo sind wir?«, fragte sie. »Was ist das hier?«
    »Das Sicherheitsministerium kennen Sie ja schon«, antwortete Molinella.

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