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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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warten. Dann stand es in demütiger Haltung am Fußende ihres Bettes, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, als würde es auf einen Tadel warten, weil es seine Hausaufgaben zu spät abgegeben hatte.
    »Ich könnte mich transparent machen, wenn du meinst, dass es dir helfen würde«, sagte Cassandra.
    »Erspar dir die Mühe. Ich weiß, dass du nicht real bist.«
    »Ich hielt es für das Beste, persönlich zu erscheinen. Es stört dich doch nicht, oder? Im Vergleich zu dem, was ich dir bereits angetan habe, wäre eine Änderung deiner Wahrnehmung noch harmlos.«
    »Was soll dieser Auftritt, Cassandra?«
    »Es geht um dich und mich. Um das, was mit uns geschehen ist und was wir daraus machen.«
    »Ich gebe mich keinen Illusionen hin«, sagte Auger. »In Paris hast du meinen Körper gekapert, um uns beide zu retten.«
    »Dabei habe ich auch mich gerettet. Ich kann nicht abstreiten, dass es zu einem erheblichen Teil aus Eigennutz geschah.«
    »Warum? Deine Maschinen hätten sich doch sicherlich verstecken können, bis die Gefahr vorbei gewesen wäre.«
    »Das hätten sie, aber ohne einen Wirtsgeist hätte ich nicht lange überlebt. Eine Persönlichkeit ist eine ziemlich fragile Angelegenheit.«
    Auger bekam eine leichte Gänsehaut, als sie sich vorstellte, was Cassandra erlitten hatte. »Wie viel von dir …« Aber sie brachte es nicht übers Herz, die Frage zu vervollständigen.
    »Wie viel von mir überlebt hat? Mehr, als ich zu hoffen gewagt habe. Deutlich weniger, als ich es mir gewünscht hätte. Mir blieb sozusagen nur die Zeit, eine mentale Flaschenpost auf den Weg zu bringen. Jetzt sprichst du mit dieser Flaschenpost.«
    »Und deine Erinnerungen?«
    »Prinzipiell wären die Maschinen nur in der Lage gewesen, einen winzigen Teil zu codieren und zu transferieren. Mein Gedächtnis fühlt sich vollständig an – aber irgendwie dünn, wie eine flüchtige Skizze des Originals. Sie haben keine Textur, es fehlt das Gefühl, dass ich diese Ereignisse tatsächlich selbst erlebt habe. Es kommt mir vor, als hätte jemand anderes mein Leben gelebt, jemand, den ich nicht persönlich kenne.« Sie riss sich zusammen und blickte auf ihre Schuhe. »Aber vielleicht hat sich das Leben schon immer so angefühlt. Das Problem ist nur, dass ich mich nicht erinnere, ob es einen Unterschied zu der Zeit vor meinem Tod gibt.«
    »Das tut mir Leid, Cassandra.«
    »Oh, versteh mich nicht falsch – es ist viel besser, als tot zu sein. Aber wenn wir diese Sache hinter uns haben, besteht immer noch die Chance, dass ich gespeicherte Erinnerungen aus den mnemonischen Archiven der Kommunitäten reintegrieren kann. Falls sie überleben.«
    »Das hoffe ich für dich.«
    »Wir werden sehen. Die Hauptsache ist, dass ich es bis hierher geschafft habe. Dafür muss ich dir danken, Auger. Du hättest mich abweisen können.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass wir eine Diskussion geführt haben.«
    Cassandra lächelte matt. »Nun, ich gebe zu, dass sie nicht sehr lange gedauert hat. Und als ich dein Gehirn gestürmt habe, hast du dadurch möglicherweise die letzten paar Sekunden deines Kurzzeitgedächtnisses verloren. Aber ich versichere dir, dass ich die Erlaubnis hatte, das zu tun, was getan werden musste.«
    »Du hast uns gerettet«, sagte Auger. »Und als ich verletzt war, als Floyd zurückkam, um mich zu retten, bist du bei mir geblieben.«
    »Was hätte ich sonst tun sollen?«
    »Du hättest meinen Körper verlassen können … mich in Paris zurücklassen können. Ich bin mir sicher, deine Maschinen hätten es geschafft, einen anderen Wirt zu finden. Du hättest dich mit Floyd begnügen können.«
    »Du machst dir ein falsches Bild von uns«, sagte Cassandra. »Ich hätte dich niemals im Stich gelassen. Ich wäre eher gestorben, als damit leben zu müssen.«
    »Dann bin ich dir sehr dankbar.«
    »Du hast auch mich gerettet. Nach allem, was zwischen uns geschehen ist, hätte ich mich nicht mehr darauf verlassen wollen. Ich möchte auch dir meinen Dank aussprechen, Auger. Ich hoffe nur, dass wir beide etwas aus dieser Erfahrung gelernt haben.«
    »Ich war es, die eine Lektion nötig hatte«, sagte Auger. »Ich habe dich gehasst, weil du die Wahrheit über mich gesagt hast.«
    »Dann muss ich ein kleines Geständnis ablegen. Während ich mich darauf vorbereitete, gegen dich auszusagen, habe ich gleichzeitig deine Entschlossenheit bewundert. Du hattest das Feuer in dir.«
    »Es hätte mich beinahe verbrannt.«
    »Aber es war dir wenigstens nicht

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