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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gleichgültig. Zumindest warst du bereit, etwas zu tun.«
    »Diese ganzen Unannehmlichkeiten haben wir nur Leuten zu verdanken, die bereit waren, etwas zu tun. Menschen wie ich, die immer wissen, wenn sie Recht haben und sich alle anderen im Irrtum befinden. Vielleicht brauchen wir dringend mehr Menschen, die so sind.«
    »Oder nur solche vom richtigen Schlag«, sagte Cassandra mit einem Achselzucken. Sie scharrte unbehaglich mit den Füßen. »Ich werde jetzt mal langsam auf den Punkt kommen. Alles, was ich dir gerade gesagt habe, meine ich wirklich so, aber der eigentliche Grund, warum ich mit dir reden wollte, ist ein ganz einfacher: Du hast jetzt die Wahl.«
    »Welche Wahl?«
    »Was aus mir werden soll. Du bist wieder gesund. Du brauchst mich nicht mehr in deinem Kopf, um dich am Leben zu erhalten.«
    »Also hast du einen neuen Wirt ausfindig gemacht?«
    »Nicht ganz. Tunguska würde mich übernehmen, wenn er noch Kapazitäten frei hätte … die er aber nicht hat, weil er all die taktischen Kalkulationen anstellen muss. Dasselbe gilt für den Rest der Besatzung. Aber es gibt noch technische Möglichkeiten. Man kann meine Maschinen in Stasis versetzen, bis wir in die Kommunitäten zurückkehren und einen Wirt gefunden haben.«
    »Gib mir eine ehrliche Antwort: Wie stabil wäre diese Stasis, verglichen mit der Möglichkeit, dass du dort bleibst, wo du bist?«
    »Die Stasis-Prozedur ist durchaus in der Lage …«
    »Eine ehrliche Antwort«, sagte Auger.
    »Es gäbe weitere geringfügige Verluste. Sie lassen sich nicht genau beziffern, aber sie sind praktisch unvermeidlich.«
    »Dann bleibst du, wo du bist. Ohne Wenn und Aber.«
    Cassandra strich eine Haarlocke zurück. »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Mit so viel Güte hätte ich nie gerechnet.«
    »Von mir?«
    »Von irgendeinem Stoker.«
    »Dann scheinen wir alle uns ein falsches Bild gemacht zu haben. Wollen wir hoffen, dass wir nicht die Einzigen sind, die einen gemeinsamen Nenner finden.«
    »Es wird auch anderen gelingen«, sagte Cassandra. »Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht unsere Rolle spielen können. Wenn wir mit Niagara fertig sind, wenn wir nach Sedna zurückgekehrt sind, wird es viele schmerzhafte Wunden geben, die verheilen müssen.«
    »Falls jemand am Leben bleibt.«
    »Wir können nur hoffen, dass es nicht so weit kommt. Wenn es nicht geschieht… wenn die progressiven Stoker und die moderaten Slasher ihre Differenzen beilegen können … dann gibt es vielleicht Hoffnung für uns alle. Wie immer es ausgeht, ein Beispiel der Kooperation könnte das Zünglein an der Waage spielen.«
    »Ein Beispiel wie wir, meinst du?«
    Das kleine Mädchen mit dem dunklen Haar nickte. »Ich sage ja nicht, dass ich auf ewig in deinem Kopf bleiben sollte. Aber wenn es zu Friedensverhandlungen kommt, könnte jemand, der das Vertrauen beider Seiten genießt, zu einem sehr wichtigen Faktor werden.«
    »Oder es kommt dazu, dass uns niemand mehr vertraut.«
    »Das Risiko besteht«, räumte Cassandra ein. »Aber ich bin bereit, es einzugehen.« Dann schien sie an etwas zu denken, das sie amüsierte. »Und schließlich weiß man nie, Auger.«
    »Was weiß man nie?«
    »Dies könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.«
     
    Nachdem sie ihn lange bearbeitet hatte, kapitulierte Tunguska schließlich und gestattete Auger, sich frei im Schiff zu bewegen. Sie war gesund und hellwach, und die Stimmen in ihrem Kopf drängten sich nicht mehr so sehr in den Vordergrund. Ein intelligentes Bettlaken umhüllte ihren Körper, wahrte ihr Schamgefühl und – wie sie jedes Mal feststellte, wenn sie sich in einer polierten Fläche oder einem tatsächlichen Spiegel sah – schmeichelte sogar ihrer Figur. Noch vor kurzer Zeit hätte sie mit Entrüstung auf die Vorstellung reagiert, sich auf so intime Weise von Slasher-Technik berühren zu lassen. Doch wenn sie nun versuchte, den angemessenen Reflex der Abscheu aufzurufen, bemerkte sie, dass er nicht mehr da war. Trotz ihres kleinen Tête-à-tête mit Cassandra fragte sie sich, ob es daran lag, dass die Maschinen heimlich ihre Gedanken beeinflussten oder ob die Ereignisse der letzten Tage sie schließlich zur Erkenntnis gedrängt hatten, das nicht automatisch alles an den Slashern verabscheuungswürdig war. Gleichzeitig fragte sie sich, ob sie wirklich eine Antwort auf diese Frage haben musste. Die einfache Tatsache lautete, dass sie sie nicht mehr aus Prinzip hasste. Daraus erwuchs wiederum das beschämte

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