Ewigkeit
würde dir nie erlauben, mich wiederzusehen. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, ob mit dir wirklich alles in Ordnung ist.«
»Mir geht es gut«, sagte er und setzte sich auf einen pilzförmigen Sockel neben dem Bett. Er nahm ihre Hand und strich über die Finger. Er rechnete damit, dass sie sie zurückzog, aber stattdessen erwiderte sie den Griff, als würde sie diesen menschlichen Kontakt dringend brauchen. »Tunguska wollte, das du deinen Kopf in Ruhe und Frieden wieder zusammensortieren kannst.«
»Es kommt mir vor, als wäre ich schon hundert Jahre hier, während in meinem Kopf das Chaos tobte.«
»Ist es jetzt besser geworden?«
»Ein bisschen. Aber es fühlt sich immer noch so an, als würde ein Debattierclub seine Jahresversammlung in meinem Schädel abhalten.«
»Das dürften Cassandras Maschinen sein. Du erinnerst dich, was geschehen ist?«
»Nicht an alles.« Sie schob sich eine schweißfeuchte Haarsträhne aus den Augen. »Ich weiß noch, wie Cassandra starb … aber danach ist fast nichts mehr hängen geblieben.«
»Erinnerst du dich, dass ihre Maschinen dich um Erlaubnis gefragt haben, in deinem Kopf Zuflucht zu suchen?«
»Ich weiß nur, dass ich vor etwas große Angst hatte, aber dass ich nur mit ›Ja‹ antworten konnte, weil nicht genug Zeit war, sich die Sache gründlich zu überlegen.«
»Du hast sehr tapfer gehandelt«, sagte Floyd. »Ich bin stolz auf dich.«
»Ich hoffe, es hat sich gelohnt.«
»Es hat. Zumindest vorläufig. Weißt du, wo du bist?«
»Ja«, sagte sie. »Wenn ich merke, dass ich etwas nicht weiß, habe ich im nächsten Moment die Information im Kopf. Wenigstens etwas. Wir sind wieder in Cassandras Schiff, nur dass Tunguska jetzt den Laden am Laufen hält.«
»Können wir ihm vertrauen?«
»Absolut«, sagte sie entschieden, als wäre es völlig offensichtlich. Doch dann runzelte sie die Stirn und war sich plötzlich unsicher. »Nein. Warte. So gut kann ich ihn doch gar nicht kennen! Das muss eine von Cassandras Erinnerungen sein …« Auger schüttelte sich, als hätte sie soeben in eine Zitrone gebissen. »Das ist merkwürdig. Ich weiß nicht, ob mir das gefällt.«
»Tunguska sagte, dass Cassandras Maschinen offenbar sehr von dir angetan sind.«
»Erzähl mir nicht, dass ich jetzt für immer damit leben muss.« Sie sagte es in beiläufigem Tonfall, aber trotzdem klang sie nicht sehr überzeugend.
»Wahrscheinlich nur so lange, bis die Krise vorbei ist.« Floyd gab sich alle Mühe, zuversichtlich zu klingen. »Erinnerst du dich an das Rettungsschiff, von dem Cassandra überzeugt war, dass man es abschießen würde?«
»Ja«, sagte Auger nach einer Weile.
»Es ist entkommen. Dann wurde es von einem größeren, schnelleren Schiff eingeschleust. Laut Tunguska deuten die Indizien darauf hin, dass es Niagara war.«
Das schien Auger vollends wach zu machen. Sie setzte sich kerzengerade im Bett auf und strich sich das Haar zurück. »Wir müssen dieses Schiff aufhalten, bevor es das Portal erreichen kann. Alles andere ist unwichtig.«
»Wir haben es versucht«, sagte Floyd.
»Und?«
»Niemand konnte Niagara einholen. Und er hatte das Portal bereits unter seine Kontrolle gebracht.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, wir würden ihn noch verfolgen.«
»Das tun wir auch. Tunguska hat Hilfe geschickt, um das Portal zurückzuerobern. Seine Jungs haben es für uns offen gehalten. In diesem Moment befinden wir uns im Hypernetz.«
Sie blickte sich um und schien an Floyds Worten zu zweifeln. Auch für Floyd war es nur schwer zu glauben gewesen, dass ein Portaltransit so reibungslos, so unspektakulär verlaufen konnte. Es war wie eine Fahrt auf einem frisch geölten Leichenwagen.
»Und wo ist Niagara jetzt?«, fragte sie.
»Irgendwo vor uns in der Röhre.«
»Ich glaube nicht, dann man schon einmal gleichzeitig zwei Schiffe hineingeschossen hat«, sagte Auger stirnrunzelnd.
»Ich glaube auch nicht, dass es die übliche Routine ist.«
»Denkt Tunguska, dass wir Niagaras Schiff einholen werden – oder ihm nahe genug kommen, um es abschießen zu können?«
»Ich weiß es nicht. Ich glaube, er macht sich mehr Sorgen um das, was geschieht, wenn Niagara am anderen Ende herauskommt. Es besteht die Gefahr, dass wir seine Spur verlieren.«
»Das darf nicht geschehen. Wenn wir seine Spur verlieren, haben wir alles verloren. Deine ganze Welt, Floyd – jeden, den du kennst, jeden, den du jemals geliebt hast. Alle werden innerhalb eines einzigen Augenblicks
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