Ewiglich die Sehnsucht - Ashton, B: Ewiglich die Sehnsucht
und dann löste sich mein Zimmer um mich herum auf. Ich stand auf einer weiten Wiese, umgeben von Licht. Eine sanfte Brise reiner Luft – nicht dumpf wie in der Höhle, sondern sauber und frisch – zerzauste mir das Haar. Ich sah auf meine Hände. Sie waren nicht mehr kreidebleich.
Ich sog die Luft ein und füllte meine Lungen, soweit es ging und dann noch weiter. Ich war wie berauscht und vergaß völlig, wo ich mich befand oder wie ich dahin gekommen war. Ich wusste nur noch, dass meine nackten Füße unbedingt laufen wollten. Ich rannte los, auf die Mitte der Wiese zu, mit immer größeren Sätzen, bis ich meinte, nur ein einziger Satz mehr, und ich könnte mich vom Boden abstoßen und würde nie wieder landen. Es war ein herrliches Gefühl, als könnte mich nie wieder irgendwas belasten. Nur noch ein Satz mehr, und ich würde fliegen.
Aber ich kam nicht dazu. Schon verschwand die Wiese, und ich war wieder in meinem Zimmer, wo ich unangenehm spürte, wie hart sich der Fußboden unter mir anfühlte und wie schwer die Luft hier war. Es war, als würde ich von einem Drogenrausch wieder runterkommen.
Cole neben mir rang nach Luft. Er legte sich auf den Rücken, schlug die Hände vor die Augen und versuchte, wieder gleichmäßig zu atmen. Er sah aus, als wäre er gerade nach einem Marathon ins Ziel eingelaufen.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich noch ganz benommen. Ich wollte nur eines: zurück in die Vision.
»Eine kleine Mund-zu-Mund-Beatmung, und ich bin wieder fit«, sagte er, brachte aber nicht mal die Energie auf, über seinen eigenen Witz zu lachen. »Du bist nicht gut für mich, Nik«, keuchte er.
»Wie meinst du das?«
Seine Atmung verlangsamte sich ein wenig, und er sah zu mir hoch. »Ich kann bei dir einfach nicht Nein sagen.«
Ich schnaubte ungläubig. »Wenn das wahr wäre«, sagte ich, »würdest du einen Weg finden, dass ich hierbleiben kann. Für immer.« Doch ich wusste, das war unmöglich; wer sich dafür entschied, ein Spender zu werden, gehörte dem Ewigseits, und dieser Pakt war so stark wie ein Naturgesetz. Ihn zu missachten war vergleichbar damit, der Schwerkraft zu trotzen, und über diese Macht verfügte Cole nicht. Vielleicht hatte ich das gesagt, um ihm zu zeigen, wie schwach er im Grunde war.
Er schloss die Augen. »Ich kann die Schatten nicht herausfordern, das weißt du.«
Er sagte die Wahrheit. Den Schatten ging es nur darum, Energie zu sammeln, und sich gegen sie aufzulehnen hatte keinen Sinn.
»Die Vision … hat sie geklappt?«, fragte Cole zögernd. Er atmete jetzt wieder leichter, setzte sich auf und sah mich gespannt an.
»Ich habe die Gefilde gesehen.«
Er wartete, rechnete wohl damit, dass ich ausführlicher werden würde. Als ich schwieg, sagte er: »Und waren sie so wunderbar, wie ich versprochen habe?«
»Besser«, sagte ich. Ich beließ es erneut bei der knappen Antwort, weil ich mir meiner eigenen Kraft nicht sicher war. Wenn ich mich jetzt hier in meinem Zimmer per Knopfdruck auf der Stelle zu den Gefilden katapultieren könnte, wäre ich in der Lage, zu widerstehen? Ich wusste es nicht.
»Dann kommst du jetzt mit mir?«
»Müsste ich dann andere ihrer Energie berauben?« Ich rief mir in Erinnerung, dass es immer auf diese Frage hinauslief.
»Wieso denkst du ständig über Sachen nach, die völlig unwichtig sind?« Er knurrte frustriert. »Nik, wenn du mitkommst, könnten wir gemeinsam versuchen, den Thron zu erobern, und dann müsstest du niemanden berauben.«
Ich runzelte skeptisch die Stirn.
»Wenn du Königin wärst, würden andere das für dich machen. Das ist die Macht des Obersten Hofes. Die verborgensten Phantasien der Königin werden Wirklichkeit. Sie muss sich nie selbst um Nahrung kümmern.«
»Das heißt also, Sklaven würden das für uns erledigen.«
Er nickte. Ich musste an den Abend denken, an dem ich Cole zu dem Minimarkt gefolgt war; Maxwell hatte von Opfergaben gesprochen, um die Königin und ihren Hof zu versorgen. Und davon, dass der alte Mann, der an dem Abend möglicherweise verschwunden war, nicht hatte gehen wollen.
»Musst du das für deine Königin tun? Bringst du … bringst du ihr Opfer dar?«
Er zögerte und kniff dann die Augen zusammen, sodass ich schon fürchtete, zu viel gesagt zu haben, doch dann grinste er verschmitzt. »Ich würde es dir sagen, wenn ich könnte, aber ich kann nicht. Ich meine, ich bin gebunden, es dir nicht zu sagen. Es sei denn, du sagst, du kommst mit. Dann kann ich dir alles
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