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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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gut einem Dutzend Ländern zu hören. Aber mich erreichen die Stimmen irgendwie nur gedämpft, denn Philippe hat sich mit dieser überaus wichtig aussehenden Arbeitsmappe zum Tag der offenen Tür zu mir gestellt. Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, werden die Türen allerdings fest verschlossen bleiben, denn die Planung ist ja bisher wichtigeren Dingen zum Opfer gefallen.
    Doch auch jetzt erklärt mir Philippe, der Kulturcrack, schwärmerisch, welch modernes und unheimlich angesagtes Stück wir am Samstag im »Sabotage« hören werden. Die eigene Bildung dürfe ja auch nicht zu kurz kommen, und die Organisation unseres Projekts bekämen wir schon noch hin, erklärt er. Während der ganzen Zeit fällt eine besonders forsche Strähne seiner entweder nicht zu bändigenden oder besonders gut auf lässig gestylten Haare ziemlich dekorativ auf seine dezent gebräunte Stirn.
    »Ier, sieh mall«, sagt Philippe jetzt, zückt sein Handy und stellt sich so dicht neben mich, dass sich unsere Schultern zwangsläufig berühren. »Das ist eine Viddeo-Clip von das Aufführrung vor zwei Wochen in Parie. Die Kriitiker und der Püblik warren be-geii-stertö.«
    Viel erkennen kann ich auf dem Handy-Bildschirm nicht. Und hören eigentlich rein gar nichts. Fragend blicke ich Philippe an, der mit seinem Handy nun noch dichter an mich heranrückt.
    Mmmmh …
    »Dies ist ein Stüüück der Musik seeehr modern«, erklärt Philippe mit sanfter Stimme. Ich hänge wortwörtlich an seinen Lippen und verfolge genau, wie er dieses überaus charmante Deutsch zustande bekommt. Doch plötzlich werde ich jäh aus meinen Beobachtungen gerissen.
    »Da sind Sie ja!«, ruft Schuldirektorin Madame Guillotin. »Und auch Madame Kirsch ist da. Wie läuft denn die Arbeit Ihres, nun sagen wir mal, kleinen Komitees?«
    »Oh, wir machen große Fortschritte«, erklärt Philippe, ohne eine Sekunde zu zögern. »Der Zeitplan steht, die Einladungen sind praktisch fertig, alles läuft perfekt.«
    Äh …
    »Sehr gut, Monsieur Foulie. Ich habe auch nichts anderes von Ihnen erwartet.«
    »Madame Kirsch trägt ebenfalls sehr engagiert zum Gelingen unserer Arbeitstreffen bei«, sagt Philippe.
    Nein, nicht rot werden, Anja. Nicht …
    »Ah, bon. Na, wenn Sie das sagen. Dann: weiter so!«, ruft sie, ziemlich laut. Im Lehrerzimmer wird es still.
    Könnte es sein, dass uns jetzt alle anstarren?
    Mein Kopf glüht. Wenigstens Madame Guillotin dürfte das aber glücklicherweise entgehen, denn sie blickt die ganze Zeit nur Philippe an. Mich ignoriert sie konsequent. Schließlich dreht sie sich um und verlässt schnellen Schrittes das Lehrerzimmer.
    »Bon, isch muss auch in das Unterrischt«, sagt Philippe, haucht mir einen Kuss auf die Wange und lässt mich im Strom der nun ebenfalls aus dem Lehrerzimmer eilenden Kollegen stehen.
    Alison, meine Kollegin aus England, macht kurz bei mir Halt. »Dann weiter so«, imitiert sie lachend Madame Guillotin. »Wenn Sie Tipps für Ihr kleines Komitee wollen, fragen Sie mich ruhig. Ich war vergangenes Jahr in der Planungsgruppe für das Sommerfest – mit Monsieur Foulie.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Genau so, wie Sie es sich jetzt denken. Good luck.«
    Können Sie bitte sofort dieses süffisante Lächeln einstellen?
    »Thanks.«
    #
    Am Nachmittag
    Zuhause vor dem Computer
    Der Café crème dampft auf meinem Schreibtisch in seinem Schüsselchen, ein leckeres Croissant wartet daneben – auf mich, nicht aufs Wochenende. Man soll es mit den guten Vorsätzen ja nicht übertreiben.
    Ich habe noch ein bisschen Zeit, bis ich Jule abholen muss, und werde endlich mal eine Mail an Heike, Susanne und Annette schreiben. Bei meinen Kolleginnen und Freundinnen aus Berlin habe ich mich seit Wochen nicht gemeldet. Das schlechte Gewissen nagt, aber Auswandern und Französin werden ist eben wirklich ein Vollzeitjob. Na ja, jetzt kann ich ihnen ja endlich berichten, wie es läuft, und mich erkundigen, was in Berlin so …
    Hallo? Was ist das?

    To: [email protected]
    From: [email protected]
    Date: 12. Oktober; 13:01
    Re: Pflichten
    Anja,
    Jule hat sich bei mir beklagt, dass du deiner Pflicht als Erziehungsberechtigter nicht nachkommst. Wie kannst du ihr eine Verabredung mit ihrer besten Freundin dauerhaft verwehren?! Und warum bekommt sie um Himmels willen nicht genug zu essen? Jule ist auch meine Tochter, deshalb fordere ich dich hiermit auf, diese Missstände umgehend zu beheben. Andernfalls muss ich persönlich

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