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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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selbstgebrannt, und morgen sind wir alle blind.
    Ich rieche an meinem Glas und stelle erleichtert fest, dass es sich zumindest um Birnen-und nicht um Kirschschnaps handelt. Ein Witz auf meine Kosten weniger, das kann um diese Uhrzeit entscheidend sein.
    »Prost«, sagt die Lehrerin auf Deutsch und hält mir ihr Schnapsglas entgegen. Dann fährt sie auf Französisch fort: »Keine Angst, das war es dann auch schon mit meinen Deutschkenntnissen. Wir Franzosen sind ja nicht so begabt, was Fremdsprachen angeht. Oder was meinen Sie?« Mademoiselle Pointcarré blickt ihre anwesenden Mitfranzosen an.
    Bauer, Bäuerin und Eric brummen gedämpft.
    In der Tat, sprachlich nicht so begabt.
    Die Lehrerin aber lässt sich nicht beirren. »Vielleicht liegt es an der Art, wie wir Fremdsprachenunterricht an den Schulen erteilen. Vielleicht etwas zu theoretisch. Madame Quiche …«
    … Kirsrrrsch!
    »… Sie kennen sich da doch aus. Sie sind Deutsch-Lehrerin, richtig?«
    Der Bauer schenkt Schnaps nach.
    »Ja, aber an einer Sprachenschule eher für Erwachsene. Und bei uns unterrichten auch nur Muttersprachler …«
    … die wie ich die relative Unfähigkeit der Franzosen in diesem Bereich durchaus bestätigen können. Aber: Pssst.
    »Ah, wie interessant. Dann schlagen Sie sich also auch mit dem Akzent meiner Mitbürger herum.«
    »Na ja, also …«
    Immer schön höflich bleiben!
    »Sie können es ruhig sagen«, fällt mir die Lehrerin ins Wort. »Wir haben große Probleme vor allem mit der Aussprache des Englischen.«
    In der Tat, eine einzige Katastrophe.
    Ich schweige diplomatisch.
    »Tja«, setzt Maîtresse zum Philosophieren an, »liegt es an der nicht immer erfreulichen gemeinsamen Geschichte Englands und Frankreichs? Oder eventuell an der unterschiedlichen …«
    »Äh, ich fürchte, jetzt konnte ich Ihnen gerade nicht ganz folgen. Das Französische ist ja auch nicht immer einfach. Was meinten Sie genau, Mademoiselle Pointcarré?«
    »Also, ich erläuterte die Korrelation zwischen …«
    Jetzt schaltet sich Eric ein: »Se Frentsch kannott spiek Iiinglisch verriie vell.«
    O Gott, ich muss kurz vor der Alkoholvergiftung stehen.
    »Pardon, ich habe nicht verstanden«, sage ich zu Eric.
    »Ei ßädd, se titscherrr ßädd, se Frentsch noo Iiinglisch noo guuud. Ei hont tu elp ju, soo ei tokk Iiinglisch.«
*

    Englisch? Ich dachte, das war Finnisch rückwärts.
    »Ah, natürlich. Vielen Dank. Aber so schlimm ist es doch gar nicht.«
    »Das ist nett von Ihnen«, sagt Maîtresse, »wenn auch leider nicht wahr.«
    Du sollst nicht lügen gehört meines Wissens nicht zu den Geboten erfolgreicher Französinnen.
    Die Lehrerin hält jetzt etwas unvermittelt ihr Glas feierlich in die Höhe. »Ihnen allen vielen Dank für Ihre Unterstützung heute. Es war ein sehr erfolgreicher Tag für mich und ein Tag voller Abenteuer für die Kinder. Auf morgen! Und lassen Sie uns das Förmliche doch vergessen, oder?« Sie hält uns ihr Glas zum Anstoßen entgegen. »Ich heiße bekanntlich Elodie.«
    Ich stoße mit ihr an. »Ich heiße Anja.«
    »Ach ja?«, grinst Eric. »Ich dachte, Anna!«
    * »I said, the teacher said, the French no English no good. I want to help you, so I talk English.«

23. Kapitel
    Samstag, 13. November
    Beim Frühstück
    Es ist schon eine Weile her, dass ich auf einem Etagenbett mit Jugendherbergsmatratze geschlafen habe. Ich darf mir ein Zimmer mit Elodie teilen. Sie hat mir, der betagteren Madame, sogar höflich den Vortritt für das auf den ersten Blick orthopädisch korrektere Bett gelassen, aber trotzdem habe ich furchtbar schlecht geschlafen. Mein Rücken schmerzt wie nach drei Wochen Campingurlaub, und mein Kopf dröhnt von diesem Schnaps.
    Aber immerhin bin ich nicht blind, wie ich beim Anblick des grandiosen Chaos im Mädchenschlafzimmer feststellen kann. Jede einzelne Schmuddelsocke zwischen Bergen von Stofftieren, Schlafanzügen und Decken erkenne ich gut. Ich sehe sogar Napoleon und Jean Tout Court, die Jule bis zur Froschmaulspitze zugedeckt hat.
    Zusammen mit Elodie helfe ich den Mädchen beim Anziehen und versuche, ein bisschen Ordnung zu schaffen. Dann gehen wir alle in den »Speisesaal« zum Frühstück.
    Natürlich sitzen dort längst die Jungs und Eric, der am Erwachsenentisch gerade ein Stück Baguette genüsslich in einer Schüssel mit tiefschwarzem Kaffee versenkt.
    Iiiieh.
    Jule, wie immer Arm in Arm mit Chloé, blickt mich triumphierend an.
    »Siehst du, Mama, ich habe dir doch gesagt, dass auch die

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