EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Weltregierung unterwerfen. Egal, wie der Präsident gerade hieß, Clinton, Bush oder Adams. Vor allem Menschen aus ländlichen Gebieten und den Südstaaten würden eine Revolution anzetteln und mit ihren Waffen den Kongress und das Weiße Haus stürmen.
So ging es hin und her, bis dem Soziologen Paul O’Brien zwei Stunden vor der Landung in JFK ein Gedanke durch den Kopf schoss. »Was hast du getan, als wir vorhin durch die Turbulenzen geflogen sind?«
»Ich habe keine Veranlassung, jetzt über meine Flugangst zu sprechen«, erwiderte Eugene barsch.
»Ich auch nicht. Aber was war das Erste, das du getan hast?«
»Das ist eine deiner Soziologie-Übungen. Lass den Scheiß jetzt.«
»Also gut«, fuhr Paul ungerührt fort, »ich sage es dir: Du hast mit Höchstgeschwindigkeit den Sitzgurt geschlossen und stramm gezogen, so fest es geht.«
Eugene sah Paul mit ernster Miene an. Er war verunsichert, weil er nicht wusste, wohin diese Überlegung führen würde.
»Und?«, fragte Eugene.
»Jetzt kommt der Soziologie-Scheiß: Die Turbulenzen, die den ruhigen und auch beruhigenden Flug ohne Vorwarnung unterbrochen haben, waren die Ursache für eine blitzartige Veränderung deines subjektiven Sicherheitsgefühls. Eben noch mit normalem Ruhepuls im Sitz gesessen und eine, zwei Sekunden später Herzklopfen, Schweißausbruch und der instinktive Griff zum Gurt; Festkrallen an den Armlehnen. Du hast den Gurt nicht nur normal geschlossen und leicht angezogen, was objektiv völlig genügt hätte, sondern so festgezurrt, wie du nur konntest, um emotionale Sicherheit herzustellen. Das hat natürlich nur beschränkt funktioniert, weil du immer noch die Turbulenzen gespürt hast. Aber du hättest in dem Moment für kein Geld der Welt den Gurt abgenommen.«
»Schön – aber was soll das?«
»Der Weg zum Weltstaat, der einzig denkbare Weg zum Weltstaat führt durch ein tiefes Tal der Angst!« , verkündete Paul. Er blickte Eugene triumphierend an. Dieser starrte erstaunt zurück.
»In der Soziologie spricht man von turbulenten und hyper-turbulenten Umwelten, wenn man untersucht, wie Menschen und Gruppen von Menschen auf rasche, unkalkulierbare, Angst einflößende Veränderungen ihrer Umwelt reagieren. Wenn also der langsame Prozess zum Weltstaat, wie du sagst, schon lange schleichend vor sich geht, muss dann nicht die eigentliche Schaffung in einer politischen Stimmung der Unausweichlichkeit geschehen? Nur so wäre vorstellbar, die eingefleischten Gegner so zu dezimieren und die Wirksamkeit ihrer Argumente zu reduzieren, dass sie schlicht keine Rolle mehr spielen und als politische Akteure im Off stehen. Unter normalen Umständen, also ohne Turbulenzen, lässt sich die Schwelle vom Zeitalter der Staatenwelt hin zum Weltstaat, oder wie auch immer du es nun nennst, nicht überschreiten, richtig? Schließlich gibt es in der Geschichte genügend Beispiele für schnelle politische Veränderungen in kürzester Zeit, und sie alle folgten auf unerwartete, erschreckende Ereignisse.« Paul hielt einige Sekunden inne, dann sprach er weiter. »Zuerst muss die alltägliche Routine zerstört werden, um dann eine Lösung anzubieten, wie sie wiederhergestellt werden kann. Diese Wiederherstellung des Alltags ist dann das globale Motiv, das gesellschaftliche Thema, um die politischen Ereignisse und Entscheidungen in die gewünschte Richtung zu kanalisieren.«
»Man müsste es ausprobieren«, entgegnete Eugene nach kurzem Nachdenken, ohne sich der Wucht seiner Worte bewusst zu sein. »So in der Art der Invasion vom Mars von Orson Welles. Damals sind viele Menschen in Panik geraten, als sie die Geschichte im Radio hörten.« Nachdenklich blickte er aus dem Fenster. In der Ferne zischte ein Jet vorbei Richtung Europa, erkennbar nur am Kondensstreifen. »Man müsste ein vollständiges Medienszenario vorbereiten und es auf ein abgelegenes Kaff irgendwo im Süden loslassen.«
Ein langes Schweigen war die Antwort. Dann hatten sie sich ausgemalt, wie man es anstellen könnte.
Eugene leerte die glasierten Frühlingszwiebeln mit dem Öl über das inzwischen knusprig angebratene Hühnchen. Er fügte Bouillon und Kräuter hinzu und schloss den Deckel.
»Also, unterschreiben!« Eugene hielt Paul einen Kugelschreiber hin und der unterschrieb die Erklärung.
»Einige Wochen nach unserem Gespräch habe ich eine einflussreiche Persönlichkeit des Ostküstenestablishments
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