EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
mit Warren Schritt zu halten. Er lief voraus und bahnte ihnen so eine Schneise durch das Dickicht. Die vier Millionen in Edelmetallen, gelagert in der Hütte, hatten sie zurücklassen müssen. Bis auf das Kilo Platin, das Warren eingesteckt hatte. Die Notreserve. Außer ihr und der Pistole hatte Warren nichts dabei. Nach zehn Minuten hörten sie nichts mehr von den Hunden. Sie hatten ihre Verfolger abgehängt. Fürs Erste. Keuchend machten sie eine Pause, um wieder zu Atem zu kommen.
»Es wird immer schlimmer!« Patricia schluchzte verzweifelt auf.
Warren sagte nichts. Seine Lunge schmerzte. Er spürte, dass er zu alt für solche Spielchen war. Trotzdem wollte er noch nicht aufgeben. »Los!« Ohne eine Antwort abzuwarten, kämpfte er sich weiter durch den Urwald, Palmer hinter sich. Irgendwann erreichten sie einen Fluss. Er trieb Richtung Süden.
»Können Sie schwimmen?«
Palmer nickte. Verzweiflung auf ihrem Gesicht. »Gibt es hier Krokodile?«
»Mit Sicherheit. Und Blutegel. Also los, kommen Sie!«
Sie liefen in den Fluss, bis ihnen das Wasser bis zur Brust reichte und begannen zu schwimmen.
Die Texas Times hatte in den letzten zwei Ausgaben die neuen Informationen aus Washington seziert. Der Playboy Doug Herring als Financier der Patrioten für Globale Demokratie. Ein großes Foto von Herring mit der Überschrift Der Sündenbock? setzte die Tonlage für die Berichterstattung. Die Unfähigkeit Washingtons, Fehler zuzugeben, habe pathologische Ausmaße erreicht, urteilte Chefredakteur Brencis in seinem Kommentar. Man schiebe eine völlig unpolitische Person vor, die angeblich der Mastermind der Sandrock-Apokalypse sein solle. Osama bin Herring. Da es für eine Anklage aber nicht reiche, habe man Herring auf seinen eigenen Wunsch nur in Schutzhaft genommen. Er sei außerdem ein wichtiger Zeuge, eine Verklausulierung, mit der man schuldhaftes Verhalten implizieren wolle, wenn man nicht genügend Beweise habe. Alles, was man Herring vorwerfen könne, sei, dass er ungefragt eine Milliarde an den Staat überwiesen habe. Nach heutigem Rechtsstand sei dies aber keine Straftat. Wahrscheinlich sei, so Brencis weiter, dass die Köpfe hinter der Sandrock-Apokalypse Herring nur vorgeschoben hätten, um ihn der Öffentlichkeit zu präsentieren. Herring sei die Art von Einzeltäter mit Tradition in der Geschichte der USA.
Sechs Wochen vor der Wahl lag Vince Osman in den Umfragen bei fünfzehn Prozent. Kein Wert, der Alarm auslöste. Die Unabhängigkeit von Texas schien Lichtjahre entfernt.
The Galleria im Westen von Houston, eines der größten Einkaufszentren der Stadt, sollte heute Teil der politischen Geschichte von Texas werden. Ebenso Geschichte werden sollte Vince Osman. Er hatte seine Auftritte als Kandidat für das höchste Amt des Staates so gut absolviert, wie er eben konnte. Osman war gut – geradezu ideal – um den Schock der Texaner in den ersten zwei Wochen nach der Sandrock-Apokalypse in parteipolitische Bahnen zu lenken. Aber er war nicht gut genug. Nie hatte man vorgehabt, Osman tatsächlich ins Amt des Gouverneurs zu hieven und später in das des Präsidenten. Er war immer nur als Vorwärmer vorgesehen, der durch seinen Abgang Platz machen sollte für einen wirklich wählbaren Kandidaten. Nach nur zwei Wochen im Einsatz war jetzt der Zeitpunkt für Osmans finalen Auftritt gekommen.
Gut gelaunt saß Vince Osman im Wahlkampfbus der TFP, der ihn vom Houston-Hobby-Flughafen zu seinem Auftritt in die Galleria brachte. In den letzten Tagen hatte er sich an die Wahlkampfsituation gewöhnt. Es hatte begonnen, ihm Spaß zu machen, auf einer Bühne vor hunderten von Zuschauern zu stehen, die Verschlagenheit der Washingtoner Zentralregierung anzuprangern und die Vorteile des texanischen Alleingangs anzupreisen. Immer seltener schaute er ins Manuskript. Immer öfter nahm er das Mikrofon in die Hand und begann auf der Bühne umherzuwandern. Immer öfter glaubte er, was er sagte.
Der Wahlkampfmanager der TFP erzählte Osman während der Fahrt von der Bedeutung des heutigen Auftritts. Die vor allem von Menschen mit überdurchschnittlichen Einkommen besuchte Galleria eignete sich dafür, der TFP neue Wählerschichten zu erschließen. Der texanischen Oberschicht, und damit der Wirtschaft, musste die Angst vor einem Alleingang genommen werden. Es ging darum, darzulegen, dass die Vorteile der Souveränität die Nachteile der Trennung weit überwogen. Neben der
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