EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Veröffentlichung des gefälschten Dokuments, das angeblich von Oberst Warren verfasst worden war und Präsidentin und Generalstab als Urheber der Gasattacke darstellte, hatte TFP-Kandidat Andrew Clark in den Umfragen wieder an die erste Stelle geschwemmt. Und Texas endgültig in zwei Lager gespalten. Die Texaner, die die Texas Times und die Sezession schon vorher abgelehnt hatten, waren jetzt endgültig überzeugt, dass die größte Zeitung des Bundesstaates eine üble Kampagne fuhr. Die anderen glaubten die smoking gun gefunden zu haben. Sie verehrten Brencis wie einen Helden.
Tim Lewis und Josephina Saprissa waren sich nicht sicher. Tim begann an der ganzen Sache zu zweifeln. Er konnte sich auf all die Informationen, die täglich verbreitet wurden, keinen Reim machen. Wie hingen das Kampfgas und die gefälschten Nachrichten zusammen? Und vor allem: Warum stand davon nichts im von der Texas Times veröffentlichten Dokument? Wegen Tims Zweifel und den zunehmenden tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Sezessionisten und Unionisten, die in einigen Gebieten bürgerkriegsähnliche Ausmaße erreichten und nur mit massiver Polizeigewalt eingedämmt werden konnten, hatte Josephina ihre freiwillige Arbeit für die TFP beendet. Sie wollte wegen ihrer Schwangerschaft kein Risiko eingehen.
Doch mit dem jetzt startenden Teil 2 der letzten großen Offensive der Sezessionisten wurden Tims Zweifel beiseite gewischt. Der Plan war teuflisch gut und würde in den folgenden Tagen Clark eine Zustimmung von sechzig Prozent bescheren.
Zehn Tage vor der Wahl stürmte auf Befehl des FBI-Chefs Dan Stiglitz ein Team von mehr als fünfzig Beamten die Redaktion der Texas Times in Houston, begleitet von mehreren Kamerateams. Es kam zu wüsten Handgreiflichkeiten zwischen den Polizisten und Redakteuren der Texas Times. Die Bilder, die Minuten später über die Fernsehschirme flimmerten, verfehlten ihre Wirkung nicht. Schwarz gekleidete Polizisten, ausgerüstet mit Protektoren und Helmen. Umstürzende Schreibtische. Schreie von am Boden liegenden Journalisten mit einem Polizistenknie im Rücken. Knüppel, die durch die Luft sausten. Und als Höhepunkt: Luce Brencis, der vor den Augen der Welt vom FBI verhaftet und abgeführt wurde.
FBI-Direktor Dan Stiglitz trat zeitgleich in Washington mit finsterer Miene vor die Journalisten. »Guten Abend. Zur in diesen Minuten in Houston stattfindenden Aktion des FBI möchte ich folgendes Statement abgeben. Es ist möglicherweise zu einer schweren Verletzung des Informationszugangsgesetzes durch die Texas Times gekommen. Aus diesem Grund haben wir den Chefredakteur Luce Brencis arretiert, um ihn eingehend zu befragen. Außerdem werden Dokumente und Computer in der Redaktion beschlagnahmt. Danke.« Er beantwortete keine Fragen, sondern verschwand sofort wieder aus dem Presseraum des J.-Edgar-Hoover-Gebäudes.
Damit hatte der FBI-Chef, auf den fünf Millionen Dollar aus dem Topf der globalen Patrioten auf einer britischen Karibikinsel warteten, seinen letzten Dienst für das Projekt erfüllt.
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Samstag, 29. Oktober 2016
Der Aufschrei über die Verletzung der Pressefreiheit in Texas ging rund um die Welt. Der britische Premier Millner sprach von einem politischen Abgrund und forderte Washington auf, angesichts der historischen Entwicklung Augenmaß zu bewahren. Noch in der Nacht zitierte Präsidentin Adams den Direktor des FBI ins Oval Office, um ihm seine Entlassungsurkunde ins Gesicht zu knallen. Selten hatte man sie so wütend gesehen. Sie schickte ihren Pressesprecher vor die Kameras, der erklärte, es handle sich um eine Aktion, von der die Präsidentin nichts gewusst habe und die von ihr zutiefst verurteilt werde. Doch der politische Schaden ließ sich nicht wieder rückgängig machen. Als Luce Brencis Stunden später wieder auf freien Fuß gesetzt wurde und in die Redaktion zurückkehrte, war er von Kamerateams umringt wie ein Oscarpreisträger. Nichts machte einen Chefredakteur und seine Zeitung so glaubwürdig wie ein kurzer Aufenthalt im Gefängnis. Ab jetzt war Brencis ein lebender Mythos und die Texas Times die Speerspitze im Kampf um Wahrheit und Gerechtigkeit.
Die Vermutung der Präsidentin, dass Stiglitz Teil der Verschwörung war, wurde durch den Bericht der Geheimdienste bestätigt, den Emmanuel Rubinstein ihr in den frühen Morgenstunden vorlegte. Adams war schockiert über die Ausmaße der Verschwörung und weihte Rubinstein unverzüglich in
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