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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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genoss, Meinungen und Erfahrungen mit ihm austauschte, philosophierte. Im weiteren Verlauf verbreitete Müller sich über seine Diplomatenlaufbahn, seine Reisen und die komplizierten Verhandlungen, die er als Beauftragter der Erde mit den oft schwierigen Siedlerwelten zu führen hatte. Er erwähnte Boardmans Namen ziemlich häufig, und Rawlins bemühte sich, ein nichtssagendes Gesicht dazu zu machen. Müllers Haltung zu Boardman schien zwischen widerwilliger Bewunderung und tiefem Abscheu zu schwanken, und es war deutlich, dass er Boardman nicht verzeihen konnte, wie er ihn durch geschickte Ausnutzung seiner Schwächen verleitet hatte, die Mission zu den Hydranern zu übernehmen. Kein rationales Verhalten, dachte Rawlins. Sein Ehrgeiz und seine Neugier hätten Müller auch so in dieses Abenteuer getrieben, Boardman oder nicht.
    »Und was erhoffen Sie sich, Ned?«, fragte Müller endlich. »Sie sind klüger als Sie sich geben. Ein wenig behindert von Schüchternheit, aber bei aller Zurückhaltung von klarem Verstand. Was gibt Ihnen die Archäologie?«
    Rawlins blickte ihm gerade in die Augen. »Eine Gelegenheit, die Vergangenheit wieder einzufangen. Ich finde die Gegenwart unbefriedigend, solange ich nicht weiß, auf welchen Wegen sie erreicht wurde. Die Kenntnis der alten Kulturen erlaubt mir, die Gegenwart in einem illusionslosen Licht zu sehen; die Relativität alles Bestehenden zu erkennen; den langen Atem der Zeit zu fühlen. Nicht bloß auf der Erde oder im System. Überall.«
    »Gut gesprochen!«
    Rawlins fand das auch, und er hoffte, dass Boardman von dieser abgewogenen Beredsamkeit beeindruckt sei.
    »Vielleicht hätte ich in den diplomatischen Dienst gehen können, wie Sie es taten«, sagte er. »Statt dessen entschied ich mich für dieses Gebiet, und ich finde es sehr lohnend und befriedigend. Es gibt soviel zu entdecken, hier und anderswo. Wir stehen erst am Anfang.«
    »Sie lieben Ihren Beruf?«
    »Das glaube ich sagen zu dürfen.«
    »Es gefällt mir, Sie so sprechen zu hören. Es erinnert mich an den Enthusiasmus meiner eigenen Jugend.«
    Rawlins sagte: »Damit Sie nicht denken, ich sei ein reiner Idealist, sollte ich hinzufügen, dass ein guter Teil persönliche Neugier und Abenteuerlust mit im Spiel ist, vielleicht noch mehr als abstrakte Liebe zur Wissenschaft.«
    »Verständlich. Verzeihlich. Es scheint, dass wir nicht allzu verschieden sind, bedenkt man, dass annähernd dreißig Jahre zwischen uns liegen. Machen Sie sich nicht so viele Gedanken über Ihre Motive, Ned. Sehen Sie, arbeiten Sie, suchen Sie Ihre Erfüllung. Später einmal wird das Leben auch Sie niederdrücken oder gar zerschmettern, wie es mich zerschmettert hat, aber das ist weit entfernt. Eines Tages oder niemals, wer weiß? Vergessen Sie das.«
    »Ich werde es versuchen«, sagte Rawlins.
    Er fühlte die Wärme, die aufrichtige Sympathie des anderen, die seinen inneren Zwiespalt neuerdings verschärfte. Zugleich aber gab es noch immer diese albtraumhafte Ausstrahlung aus den finsteren Tiefen der Seele, gemildert durch die räumliche Distanz, doch unverkennbar. Gefangen in seinem Mitleid, zögerte Rawlins zu sagen, was nun zu sagen war. Boardmans Stimme drängte gereizt: »Vorwärts, Ned! Stecken Sie es ihm!«
    »Sie sind geistesabwesend«, sagte Müller.
    »Ich denke nur, wie – wie traurig es ist, dass Sie uns nicht vertrauen wollen, dass Sie eine so negative Einstellung zur Menschheit haben.«
    »Ich bin auf ehrliche Weise zu meiner Überzeugung gekommen.«
    »Aber Sie brauchen nicht den Rest Ihres Lebens in diesem Labyrinth zu verbringen. Es gibt einen Ausweg.«
    »Unsinn.«
    »Hören Sie«, sagte Rawlins und holte tief Atem. »Ich habe mit unserem Expeditionsarzt über Ihren Fall gesprochen. Er hat Neurochirurgie studiert und wusste alles über Sie. Er sagt, es gebe jetzt eine Möglichkeit zur Heilung dessen, was Sie haben. Eine Methode, die erst in den letzten Jahren entwickelt wurde. Sie unterbricht diese Aussendung. Er sagte, ich solle es Ihnen erzählen. Wir werden Sie zur Erde zurückbringen, Mister Müller. Für die Operation. Zur Heilung.«

Kapitel 36
     
    Heilung! Müller starrte. Heilung. Er fühlte die giftige Versuchung tief in seinem Innern. »Nein«, sagte er. »Das ist Unsinn. Eine Heilung ist unmöglich.«
    »Wie können Sie dessen so sicher sein?«
    »Ich weiß es.«
    »In neun Jahren macht die Wissenschaft Fortschritte. Man kennt jetzt die Zusammenhänge der Gehirnfunktionen. Vor ein paar Jahren wurde ein

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