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Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Exil im Kosmos: Roman (German Edition)

Titel: Exil im Kosmos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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großes, elektrisches Forschungsmodell gebaut, eine Art Simulator. Ich bin überzeugt, dass man Sie mit offenen Armen aufnehmen wird, in Ihrem gegenwärtigen Zustand, weil Sie ihnen die Möglichkeit geben, ihre Theorie zu beweisen. Durch die operative Umkehrung Ihrer Ausstrahlung können sie demonstrieren, dass sie recht haben. Sie brauchen nur mit uns zurückzukehren.«
    Müller betrachtete seine Fingernägel. »Warum haben Sie das nicht eher erwähnt?«
    »Ich wusste nichts darüber.«
    »Natürlich.«
    »Wirklich nicht. Wir hatten nicht erwartet, Sie hier zu finden, müssen Sie wissen. Zuerst wusste niemand genau, wer Sie waren und warum Sie hier waren. Ich erzählte es bereits. Aber gestern sprach ich mit unserem Expeditionsarzt – meine Beine waren der eigentliche Anlass –, und er erzählte mir, dass es diese Behandlungsmöglichkeit gebe. Was ist – glauben Sie mir nicht?«
    »Sie sehen so offen und aufrichtig aus«, sagte Müller. »Diese unschuldigen blauen Augen, dieses goldene Haar. Was für ein Spiel spielen Sie, Ned? Zu welchem Zweck spulen Sie all diesen Unsinn ab?«
    Rawlins errötete. »Es ist kein Unsinn!«
    »Ich glaube Ihnen kein Wort. Und Sie glauben selbst nicht an Ihre schöne Geschichte.«
    »Sie haben das Recht, mir nicht zu glauben. Aber Sie werden der Verlierer sein, wenn …«
    »Drohen Sie mir nicht!«
    »Verzeihung.« Eine lange, unangenehme Pause folgte.
    Müllers Gedanken drehten sich im Kreis. Lemnos verlassen? Befreit sein vom Fluch? Wieder eine Frau in den Armen halten? Sich zum Dienst zurückmelden? Neue Reisen unternehmen? Neun Jahre aus dem Leben streichen? Wieder glauben?
    »Nein«, sagte er zuletzt. »Es gibt keine Heilung für das, was ich habe.«
    »Das sagen Sie ständig. Aber Sie können es nicht wissen.«
    »Es passt nicht ins Modell. Ich glaube an ein Schicksal. An die ausgleichende Gerechtigkeit. An die Niederlage der Stolzen. Die Götter vergeben keine Tragödien auf Widerruf. Sie nehmen ihre Strafe nicht nach ein paar Jahren zurück. Ödipus bekam seine Augen nicht zurück. Oder seine Mutter. Prometheus blieb an seinen Felsen geschmiedet. Sie …«
    »Sie leben kein griechisches Schauspiel«, sagte Rawlins. »Dies ist die reale Welt. Vielleicht haben die Götter entschieden, dass Sie genug gelitten haben. Und weil wir schon über griechische Tragödien diskutieren – die Götter verziehen Orest, nicht wahr? Warum also sollten neun Jahre in diesem Labyrinth nicht genug für Sie sein?«
    »Gibt es eine Heilung?«
    »Der Arzt sagt es.«
    »Ich glaube, Sie belügen mich, Ned.«
    Rawlins blickte weg. »Was hätte ich von solchen Lügen?«
    »Das kann ich nicht wissen.«
    »Also gut, ich lüge«, sagte Rawlins ärgerlich. »Man kann Ihnen nicht helfen. Reden wir über etwas anderes. Warum zeigen Sie mir nicht den Springbrunnen, der Schnaps spendet?«
    »Er ist in Zone C«, sagte Müller. »Ich habe jetzt keine Lust, hinzugehen. Warum erzählen Sie mir diese Geschichte?«
    »Ich sagte, wir wollen das Thema wechseln.«
    »Nehmen wir einmal an, sie sei wahr«, fuhr Müller unbeirrt fort. »Dass ich geheilt werden kann, wenn ich zur Erde zurückkehre. Ich möchte Ihnen klarmachen, dass ich nicht interessiert bin, nicht einmal, wenn Sie mir eine Erfolgsgarantie geben. Ich habe die wahre Natur des Menschen begriffen. Sie treten einen, wenn er schon am Boden liegt. Sie lügen und stinken. Nicht wenige werden aus dem, was mir widerfahren ist, ihre Befriedigung gezogen haben.«
    »Das ist nicht so!«
    »Was wissen Sie? Sie sind ein junger Mann, der noch keine Niederlagen erlebt hat. Ich habe meine Erfahrungen hinter mir. Sie behandelten mich wie Dreck, weil ich ihnen zeigte, was in ihnen selbst war. Weil ihre schmutzigen Seelen sich in mir spiegelten. Warum sollte ich jetzt zu ihnen zurückkehren? Wozu sollte ich sie brauchen? Würmer. Schweine. Ich sah sie, wie sie wirklich sind, in diesen wenigen Monaten, die ich nach Beta Hydri Vier auf Erden verbrachte. Der entsetzte Blick in ihren Augen, das nervöse Lächeln, wenn sie sich vor mir zurückzogen. Ja, Mister Müller. Natürlich, Mister Müller, aber kommen Sie bitte nicht zu nahe. Sie sollten mal bei Nacht hereinkommen, damit ich Ihnen die Sternbilder von Lemnos zeigen kann. Ich habe ihnen selbst Namen gegeben. Da ist der Dolch. Er ist im Begriff, sich in den Rücken zu bohren. Und Sie können den Affen und die Kröte sehen. In der Stirn des Affen ist die Sonne. Ein hässlicher kleiner gelber Stern von der Farbe dünner Kotze,

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