Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
Oberflächen – und machten sich zu Herren irgendwelcher Pseudoprimaten. Was sie suchen, sind Finger. Manuelle Geschicklichkeit ist ihnen wichtig. Augenblicklich erstreckt sich ihre Einflusssphäre über ungefähr achthundert Lichtjahre und scheint sich rasch auszubreiten.«
Müller schüttelte seinen Kopf. »Das ist ärgerer Unsinn als das Zeug mit der Heilung, das Sie mir aufgebunden haben. Sehen Sie, Radiosignale können sich nur mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, nicht schneller. Wenn sie ihre Sklaven aus achthundert Lichtjahren Entfernung steuern wollten, würde jedes Kommando achthundert Jahre unterwegs sein, bis es sein Ziel erreichen würde. Jede Kleinigkeit …«
»Sie können ihre Heimatwelt verlassen«, sagte Rawlins.
»Aber wenn sie so groß sind …«
»Sie haben von ihren Sklaven große Schiffe bauen lassen die zugleich als Raumstationen dienen. Sie haben auch einen überlichtschnellen Antrieb. Alle ihre Kolonien werden von Raumstationen geleitet, die ein paar tausend Kilometer hoch in Umlaufbahnen kreisen und in denen je ein Aufseher ist, vermutlich in einer Umgebung, die der Heimatwelt entspricht. Ein Aufseher genügt, um einen ganzen Planeten zu beaufsichtigen. Wahrscheinlich werden sie nach einer gewissen Dienstzeit abgelöst. Die meisten Kenntnisse, die wir über sie haben, entstammen den Beobachtungen, die unsere Sonden in der Nähe solcher Stationen gemacht haben.«
Müller schloss einen Moment seine Augen. Er versuchte sich diese phantastischen Intelligenzkolosse vorzustellen, die sich anschickten, die Galaxis zu durchdringen, die Tiere aller Art in ihren Dienst zwangen und eine technologische Sklavengesellschaft schmiedeten, die sie gleich raumgeborenen Walen überwachten, koordinierten und leiteten, während sie selbst zu keiner körperlichen Arbeit fähig waren. In seiner Vorstellung sah er monströse Massen von glänzendem rosa Protoplasma, frisch aus der See, besetzt mit Wahrnehmungsorganen wie ein Seeigel mit Stacheln, auf allen Wellenlängen des Spektrums sehend, lauschend, sendend, einander mit den Impulsen von Röntgenstrahlen Botschaften zuflüsternd … Nein, dachte er. Nein.
»Nun«, sagte er endlich, »warum die Aufregung? Sie sind in einem entfernten Sektor der Galaxis, Tausende von Lichtjahren außerhalb unseres Bereichs.«
»Nicht mehr. In den vergangenen Jahren sind die ersten von ihnen auf ein paar unserer entlegensten Kolonien gestoßen. Wissen Sie, was sie machen, wenn sie eine von Menschen bewohnte Welt finden? Sie bringen eine Raumstation mit einem Aufseher in eine Umlaufbahn und übernehmen die Kontrolle über die Kolonisten. Offenbar haben sie gleich gemerkt, dass Menschen hervorragende Sklaven abgeben – was an sich nicht überraschend ist. Im Moment beherrschen sie zwei von unseren Welten. Sie hatten eine dritte, aber wir schossen ihre Station mit dem Aufseher zusammen. Das ist jetzt schon nicht mehr möglich. Sie bringen unsere anfliegenden Geschosse unter ihre Kontrolle und lenken sie einfach zurück.«
»Wenn das eine neue Lügengeschichte ist«, sagte Müller, »dann bringe ich Sie um!«
»Es ist die Wahrheit. Ich schwöre es.«
»Wann hat diese Unterwerfungsaktion begonnen?«
»Der erste Aufseher etablierte sich vor knapp einem Jahr.«
»Und was geschieht weiter? Marschieren sie einfach durch unseren Teil der Galaxis, um uns alle in ferngesteuerte Gliederpuppen zu verwandeln?«
»Boardman glaubt, wir hätten eine Möglichkeit, das zu verhindern.«
»Und die wäre?«
»Die Fremden scheinen nicht zu erkennen, dass wir intelligente Lebewesen sind. Wir können mit ihnen nicht in Kommunikation treten, verstehen Sie. Diese Eindringlinge funktionieren auf einer nichtverbalen Ebene; sie bedienen sich eines telepathischen Systems. Wir haben alle Methoden, sie anzusprechen, ohne Erfolg ausprobiert. Wir haben sie mit Botschaften auf allen Wellenlängen bombardiert, ohne das geringste Zeichen, dass sie uns empfangen. Boardman glaubt, dass sie uns in Ruhe lassen könnten, wenn es uns gelingen würde, ihnen klarzumachen, dass wir – nun, Seelen haben. Der Himmel weiß, warum er es glaubt; vielleicht ist es nur eine verzweifelte Hypothese, aufgestellt, um nicht offen resignieren zu müssen. Er ist der Meinung, dass diese Fremden ein konsequentes moralisches Weltbild hätten, dass sie zwar bereit seien, jedes ihnen nützlich erscheinende Lebewesen niedrigerer Intelligenz in ihre Gewalt zu bringen und auszubeuten, aber keine Spezies antasten würden, die auf
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