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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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Voeckler schleicht hinter den Mädchen herum und fasst sie an die Schultern, fragt, wie es ihnen geht. Ein richtig schleimiges Ferkel. Ich warte nur darauf, dass er es bei mir versucht. Aber das wagt er nicht. Sorgfältig wählt er die Opfer, die keinen Widerstand leisten.
    Ich leihe mir von Gretchen ein Trägerhemdchen. Sie ist schmaler als ich, und ich ziehe keinen BH an, so dass der Stoff stramm über meinen Brüsten sitzt und die Warzen sich herausbohren. Damit habe ich ihn. Wir sollen eine Aufgabe lösen. Nach kurzer Zeit steht er hinter mir, legt mir die Hände auf die Schultern und streckt seinen Kopf vor, damit er ins Tal zwischen den Hügeln gucken kann. Ich zische: »Finger weg!« Alle hören es. Ruckartig richtet er sich auf. Alle starren ihn an. Die Inderinnen bekommen große Augen.
    »Äh, ich wollte nur nachsehen, ob du auch alles richtig machst, Samantha«, erklärt er zögernd.
    »Nur anschauen, nicht anfassen«, sage ich tonlos, wobei ich stur geradeaus schaue.
    »Man ist heute wohl etwas empfindlich«, erwidert er und geht zu seinem Pult.
    »Nicht nur heute«, bekommt er zur Antwort. Er stellt sich mit dem Rücken zum Pult und fummelt in seinen Papieren.
    »Ihr habt noch fünf Minuten, um die Aufgabe zu beenden«, sagt er, ohne sich umzudrehen. Die indischen Mädchen lächeln mir zu. Tazim zeigt mir den erhobenen Daumen. Voeckler drückt sich um sein Pult und setzt sich; sehr beschäftigt mit seinen Papieren. Gleich wird es klingeln. Voeckler erhebt sich.
    »Ihr könnt die Antworten in mein Fach legen«, erklärt er und verlässt den Klassenraum, die Schritte verhallen auf dem Flur. Es klingelt. Gretchen lächelt.
    »Ach deshalb«, sagt sie und zeigt auf ihr Hemdchen.
    »Was für ein Stück Scheiße«, sagt Panos.
    »So macht man das«, sagt Tazim. In diesem Moment sind die anderen Inderinnen mit ihr einer Meinung, sie erweisen mir Respekt.
    Rauchkanal
    Religion, ich schwänze mit Christian. Nehme ihn mit zum alten Swimmingpool hinter der Karibu Hall. Die Betonwände des kleinen Beckens sind rissig, der Boden ist mit Erde, Blättern und Unkraut bedeckt. Wir setzen uns und lassen die Beine über den Rand baumeln.
    »Wie sind deine Eltern?«, fragt er.
    »Wieso?«
    »Na ja, einfach so … also, dein Vater hat das Hotel, aber … Was ist mit deiner Mutter? Ist sie okay?«
    »Eltern«, sage ich. »Sie sind bloß Restaurant, Kasse, Hotel, Transportservice und eine Pest.« Ich habe keine Lust, darüber zu reden.
    »Aber was macht deine Mutter?«
    »Das ist doch vollkommen egal. Sie wohnt in Tanga, eine halbe Tagesreise von hier. Das passt mir ausgezeichnet. Wo ist die Zigarette?« Er holt die einzige Zigarette heraus, zündet sie an und reicht sie mir. Er wirkt angespannt, vielleicht hat er Angst, dass jemand kommt. Wir sitzen hier ganz allein, nur er und ich. Aber er unternimmt nichts.
    »Willst du einen Recyclingzug?«, frage ich ihn.
    »Einen was?«
    »Komm her«, sage ich und fasse ihn um den Nacken. »Mach den Mund auf.« Er öffnet den Mund. »Rauchkanal«, sage ich und blase ihm den Rauch in seinen Mund – fast wie ein Kuss. Er zieht den Rauch ein. Direkt von mir. Ich küsse ihn, stecke meine Zunge in seinen Mund. Die Zungen bewegen sich, warm und feucht. Dann ziehe ich mich zurück. »Du bist gar nicht so schlecht«, sage ich. Er tut nichts. Ich nehme noch einen Zug. Warum unternimmt er nichts? Jetzt habe ich doch angefangen. Ich weiß nicht, was er tun soll, aber ich kann doch nicht alles allein machen. Überrasch mich. Aber er tut nichts. »Noch mal«, sage ich und blase ihm Rauch in den Mund. Er versucht, mich zu küssen.
    »Hey, hör auf – ich rauche«, wehre ich ab. Doch dann küsse ich ihn noch einmal, fest, mit der Zunge in seinem Mund.
    »Fühl mal«, sage ich und lege seine Hand auf meine Brust. Er streichelt sie.
    »Hmmm«, er beugt sich vor und küsst meinen Hals. Ich lache. Warum sagt er mir nicht, dass er mich hübsch findet? Wie ich sehe, hüpft ihm der Schwanz fast aus der Hose. Ich lege seine Hand auf meinen nackten Schenkel, er schiebt sie sofort nach oben. Ich schiebe sie beiseite.
    »Wir sind doch Freunde«, sage ich und reiche ihm den Rest der Zigarette, stehe auf. »Ich gehe zurück.« Ich schaue ihn an. Er zieht fest an der Zigarette, sagt nichts.
    Ich zucke die Achseln und gehe.
    Ich bekomme Malaria und friere und schwitze eine Woche auf der Krankenstation. Jetzt hänge ich dem Unterrichtsstoff noch mehr hinterher. Angela spricht nicht mehr mit mir. Ich versuche, meine

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